Strompreise an der Börse: Strom kostet weniger als nichts
Am zweiten Weihnachtstag rutschten die Strompreise an der Börse in den negativen Bereich. Denn viel Wind und unflexible Großkraftwerke sorgten für ein Überangebot.
Nie zuvor in Deutschland war Strom im Großhandel so billig wie am zweiten Weihnachtstag: Wer sich für diesen Tag über die Leipziger Strombörse EEX Energie beschaffte, bekam sogar noch Geld oben drauf. Denn im Tagesmittel lag der Preis am Spotmarkt bei minus 3,6 Cent je Kilowattstunde.
Ursachen waren einerseits die Windkraft, die in der Nacht zum 26. Dezember zeitweise bis zu 20.100 Megawatt ins Netz drückte, andererseits die Großkraftwerke, deren Leistung aufgrund ihrer mangelnden Flexibilität nicht entsprechend gedrosselt werden konnten. In den Morgenstunden zwischen 6 und 8 Uhr lag der Strompreis am Spotmarkt sogar bei minus 20 Cent je Kilowattstunde.
Für Betreiber von Großkraftwerken ist das bitter: Bei einer Anlage mit 1.000 Megawatt Leistung legen sie rechnerisch pro Stunde 200.000 Euro drauf, um den Strom vermarkten zu können. Dennoch kann es für sie billiger sein, als die Kraftwerke zu drosseln. Denn dies führt zu hohen Kosten durch überproportionale Belastung der Anlagen.
Der zweite Weihnachtstag war bereits der zweite Tag in der deutschen Stromgeschichte, der im Tagesmittel einen negativen Strompreis hervorbrachte. Diese kann das Handelssystem der Leipziger Börse seit April 2008 darstellen. Erstmals hatte es sich am 4. Oktober ergeben, dass der Strompreis im Tagesmittel negativ war, er lag damals bei minus 1,2 Cent je Kilowattstunde. Für einzelne Stunden hatte es schon früher negative Preise gegeben. Damals warnte die Deutsche Umwelthilfe bereits, man habe das Wetterleuchten eines Systemkonflikts erlebt, der sehr bald alltäglich wird, wenn nicht parallel zum Ausbau der erneuerbaren Energien nacheinander Atomkraftwerke und später Kohlekraftwerke vom Netz genommen werden.
In der Tat könnte der zweite Weihnachtstag einen Vorgeschmack auf die Zukunft der deutschen Stromwirtschaft geben, die zunehmend einen technischen und ökonomischen Konflikt erlebt: Die bestehende Kraftwerksstruktur, die im fossil-atomaren Zeitalter aufgebaut wurde, ist mit den stark schwankenden erneuerbaren Energien immer weniger in Einklang zu bringen. Besser können dies dezentrale Erzeuger, wie kleine Blockheizkraftwerke, deren Betrieb sich flexibel an das Angebot der Windkraft anpassen kann. Ein solches Projekt hat der Hamburger Ökostromanbieter Lichtblick im Herbst unter dem Namen "Schwarmstrom" gestartet.
Dass gerade in den letzten Wochen in Deutschland der Bau mehrerer Kohlekraftwerke abgeblasen wurde, dürfte unter anderem genau damit zu tun haben: Die Windkraft beeinträchtigt die ökonomische Basis unflexibler Großkraftwerke immer mehr, weil der Strom der Meiler stunden- oder gar tagelang nicht benötigt wird und dann - wie jetzt geschehen - keine oder sogar negative Erträge bringt.
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