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Streit um UKW-Antennen eskaliertIch bau dann mal ab

Weil die Preise für die Vermietung der Antennen reguliert werden sollen, kündigt nun ein Käufer an, seine 208 UKW-Antennen abzubauen.

Noch läuft der analoge Hörfunk über UKW in Deutschland Foto: dpa

„Drohen“, sagt Axel Sartingen, „tue ich gar nicht.“ Im Gegenteil: „Mir wird gedroht.“ Sartingen ist Chef und Inhaber der Milaco GmbH. Er ist einer der Käufer von UKW-Rundfunkantennen, die die Media Broadcast vor wenigen Monaten veräußert hat.

Und jetzt: Will er sie abbauen. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch verschickte er eine Mail an Rundfunkbetreiber: „Bitte notieren sie das [sic] wir unseren von Regulierung bedrohten Geschäftsbetrieb einstellen und unsere Antennen abbauen und anderweitig verwerten.“

Der Grund für die Mail: Die Ankündigung – oder: Drohung – der Bundesnetzagentur, dass die Käufer der Antennenanlagen einer Marktregulierung unterworfen werden könnten. Und unter regulierten Preisen „kann ich das wirtschaftlich nicht leisten“, sagt Sartingen der taz.

Und dass mit dieser Ankündigung der Netzagentur auch Milaco gemeint ist, liegt auf der Hand, hat die Firma doch 208 der rund 700 Antennen von Media Broadcast übernommen. „Ich kann in die Regulierung gehen“, sagt Sartingen, „oder die Antennen abbauen – was soll ich sonst machen?“

Kein Monopol, keine Regulierung – oder?

Droht also Millionen HörerInnen – vor allem in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern – bald die UKW-Abschaltung? Vermutlich nicht. Aber: So richtig weiß das niemand. Sartingen sagt, dass er es nicht dazu kommen lassen will.

Es ist erst einmal nur die nächste Eskalationsstufe im Streit zwischen den neuen Antennenbesitzern auf der einen sowie den Sendernetzbetreibern und Rundfunkanbietern auf der anderen Seite. Sendernetzbetreiber wie Divicon und Uplink übernehmen das Signal von privaten wie öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbietern, wandeln es um und übergeben es dann an die Antennenbetreiber, die es aussenden. Dafür zahlen Divicon und Uplink Miete an die Antennenbetreiber. Diese Mietpreise waren bislang reguliert, also festgesetzt, weil die frühere Telekom-und heutige Freenet-Tochter Media Broadcast bis vor kurzem ein Quasi-Monopolist war.

Doch dieses Monopol ist mit dem Verkauf der Antennen an 29 KäuferInnen – zumindest auf dem Papier – hinfällig geworden. Einige neue Besitzer wie Milaco wollten höhere Preise für die Nutzung ihrer Antennen durchsetzen. Die Sendernetzbetreiber wehrten und wehren sich auf allen Ebenen. Aus gutem, nicht uneigennützigem Grund: Sie kommen durch die Erhöhungen in die Bredouille, haben sie doch den Programmveranstaltern die Aussendung ihrer Programme zu einem festen Preis garantiert. Die Sendernetzbetreiber könnten diese vertraglich vereinbarten Preise allerdings nicht mehr halten, wenn sie die neuen, höheren Preise an die Antennenbetreiber zahlen müssten.

Eine Einigung gibt es bislang nicht. Zuletzt gipfelte der Streit um die UKW-Antennen in der Androhung der Media Broadcast zum 1. April einige Sender abzuschalten. Schließlich gab es damals keine Einigung zwischen den Sendernetzbetreibern und den neuen Antenneneignern. Diese Abschaltung ist erst einmal vom Tisch. Bis 30. Juni wird Media Broadcast den Betrieb, den die Sendernetzbetreiber aufgrund des Preisstreits nicht übernehmen konnten und können, aufrecht erhalten. Bis dahin will auch Milaco weiter mitspielen. Dann wird abgebaut.

Es ist ein Kampf ums Überleben geworden: Wird der Mietpreis bei den Antennen nicht reguliert, gingen Anbieter wie Uplink kaputt. Wird der Preis allerdings reguliert, sagt der Investor Sartingen, kann er sich das Geschäft nicht mehr leisten. Deswegen will er das Feld nun räumen – und damit laut eigenen Angaben einen siebenstelligen Verlust in Kauf nehmen. „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“, sagt er. Und: In eine „Schlangengrube“ sei er mit dem Kauf der Antennen geraten. „Uplink und Divicon können dann beweisen, dass sie es billiger können.“

„Vorgehen zeigt, wie wichtig Regulierung ist“

Sartingen sagt, er sei gespannt, ob sie das könnten. Er müsse von dem Geld, dass er von den Sendernetzbetreibern gefordert habe, Miete, Versicherung, eine Servicepauschale und eine Reparaturpauschale direkt an Dritte weiterleiten. Hinzu käme die Abschreibung des Antennenkaufpreises. Für sich selbst würde er nur 6,2 Prozent Rendite draufschlagen. „Transparent“, nennt er das, und „fair“. Ergo: Billiger geht es nicht.

„Hanebüchen“, nennt Michael Radomsky, Geschäftsführer von Uplink, das Ganze. Erstens wisse man ja noch gar nicht, ob und wie der Preis reguliert würde. Zweitens dauere der Abbau von mehr als 200 Antennen Monate, wenn nicht gar Jahre. Außerdem geht er drittens eh davon aus, dass ein Abbau von Telekommunikationsinfrastruktur gar nicht ohne Weiteres erlaubt und möglich sei. „Aber“, sagt er mit Blick auf die Abbauankündigung von Sartingen, „das Vorgehen zeigt ja, wie wichtig eine Regulierung ist.“

Ob die kommt, ist allerdings tatsächlich noch unklar. Es läuft gerade ein so genanntes Marktanalyseverfahren, „an dessen Ende wir feststellen, ob ein Unternehmen im Sinne des Telekommunikationsgesetzes marktmächtig ist und einer Preisregulierung unterliegt – oder eben nicht“, wie ein Sprecher der Bundesnetzagentur sagt.

Dass Sartingen allerdings seine Antennen einfach so abbauen dürfe, kann sich Martin Deitenbeck, Geschäftsführer der Sächsischen Landesmedienanstalt, nicht vorstellen. „Gerade der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat ja einen Grundversorgungsauftrag“, sagt er. In Sachsen sind alle von Media Broadcast verkauften Antennen an Sartingens Milaco GmbH gegangen. „Wir beobachten genau, was da läuft“, sagt Deitenbeck.

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7 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Für den Fall, dass der Herr Sartingen auf die Türme klettern will um die Antennen ab zu schrauben: Wer schaltet eigentlich die technischen Gerätschaften, sprich die Sender, aus? Ist sich der Herr Sartingen der Gefährdungen durch hochfrequente elektromagnetische Felder (Strahlung) bewusst? Ich habe immer mehr das Gefühl, dass bei den einzelnen Beteiligten in diesem Spiel die genauen technischen Zusammenhänge bzw. Abhängigkeiten nicht bekannt sind.

  • Wenn man irgendetwas den kapitalistischen "freien" Märkten überlässt, wird es zur Handelsware. Nicht mehr für alle verfügbar, sondern nur noch für die, die es sich kaufen können. Siehe z.B. sozialer Wohnungsbau. Oder Energieversorgung. Und jetzt wohl auch Radioempfang.

     

    Die funktionierende UKW-Technik wird abgeschaltet, wenn die "Milaco GmbHs" im Lande keinen ausreichenden Profit einstreichen. So ist es halt im Kapitalismus, was nix einbringt, muss sterben.

    So wie der Nahverkehr der Bahn.

    Aber so geht das nicht.

     

    Das widerspricht den GEZ-Gebühren, die wie eine Steuer von allen Bürgern erhoben werden. Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass jeder Bürger ein Anrecht darauf hat, Radio und TV zur Verfügung zu haben. Das geschieht derzeit nun mal überwiegend über UKW-Frequenzen.

     

    Die Digitalisierung ist schön und gut, aber noch lange nicht flächendeckend eingeführt. Und mit Zusatzkosten für jeden Einzelnen verbunden, weil man das passende Equipment braucht. Was natürlich den Herstellern und Verkäufern dieser Geräte schöne Summen in die Kassen spült. So wie bei der Einführung von DVB-T. Die Heilige Wirtschaft ist nun mal wichtiger als das Wohl der Bürger.

     

    Es ist eigentlich nur fair, wenn die Preise für Radioempfang in allen Streckenabschnitten gedeckelt werden. Aber dann braucht man nicht den Anschein eines freien Marktes zu erwecken, dann ist das eben Staatssache. Was soll daran schlecht sein?

     

    Wenn sich enttäuschte Profitgeier aus dem Geschäft zurückziehen, nachdem sie Produktionsmittel aufgekauft haben - na gut. So etwas ist eine blöde Panne, man hätte besagte Antennen eben nur vermieten dürfen und nicht verkaufen. Aber man wird ja vielleicht noch welche nachbauen können.

  • Wer als Regierung auch nur einen Funken Veranwortungsgefühl besitzt, lässt eine einkanalige ortsgebundene Infrastruktur nicht privat betreiben.

     

    Dabei ist es egal, ob es um Wasserleitungen oder diese Antennen geht

  • Ein absoluter Irrsinn. Natürlich muss es eine Grundversorgung geben. Bereits der Abbau der Mittelwellensender war ein sehr zweifelhaftes Vorgehen in einem Land, das am liebsten seine Bürger mit einem lesbaren Barcode auf der Stirn oder implantiertem RFID-Chip versehen möchte. Alles natürlich nur aus Gründen der inneren Sicherheit.

     

    Wie wenig wert allerdings den Bundesregierungen seit Herrn Schwarz-Schilling (CDU) die Sicherheit der Bürger wirklich ist und wie wichtig dagegen Vorteilsnahme für Politiker ist, sieht man an der Privatisierung eines ehemaligen hoheitlichen Bereiches.

     

    Das digitale Netz "Tetra" funktioniert unzureichend, für den Katastrophenfall notwendige Mittelwellensender wurden abgebaut. DAB+ wird propagiert, obwohl es nicht für alle Empfangslagen geeignet ist. Aber diese Entwicklung ist durchaus geeignet den verantwortlichen Politikern die Taschen zu füllen durch Zuwendungen von zu beteiligenden Unternehmen. Dieser Staat ist durch und durch korrupt.

  • Und wieder mal ein Beispiel dafür, dass "freier" Marktkapitalismus nicht zu preisgünstigem, effizientem Service führt.

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @Hanno Homie:

      So liest jeder das heraus, was er herauslesen will.

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Das ist real existierender Kapitalismus - aber das Volk wird das erst kapieren, wenn kein Radio mehr zu hören sein wird - oder wie man in den 80ern sagte: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“