Streit um Richter in Pakistan: Präsident Zardari gibt nach
Die Regierung gibt den demonstrierenden Anwälten nach und verspricht die Wiedereinsetzung der entlassenen Richter. Der große Gewinner ist der Oppositionsführer Nawaz Sharif.
Es war ein Zugeständnis in letzter Minute: Am frühen Montagmorgen erklärte Pakistans Premier Yusuf Raza Gillani in einer Fernsehansprache: "Ich setze den abgesetzten obersten Richter wieder in sein Amt ein, wie ich und der Präsident es versprochen haben." Damit hat die Regierung nach zähem Ringen der Forderung der demonstrierenden Anwälte des Landes und der Opposition nachgegeben. Iftikhar Chaudhry, den der damalige Präsident Pervez Musharraf im November 2007 aus dem Amt geworfen hatte, werde am 21. März wieder als oberster Richter vereidigt. Auch die übrigen rund 60 höheren Richter, die der Militärdiktator damals entlassen hatte, würden wieder eingesetzt.
Vor Chaudhrys Haus in Islamabad brach Jubel aus. Anhänger hielten Plakate mit dem Bild von Oppositionschef Nawaz Sharif hoch und tanzten. Auch im Obersten Gericht der Stadt Lahore, der Keimzelle der Proteste, feierten Anwälte, Richter und Anhänger Sharifs die Entscheidung. Dieser sagte umgehend den für Montag geplanten "Marsch auf Islamabad" ab und rief dazu auf, den politischen Sieg "in Würde" zu feiern.
Sharif ist der Gewinner: Ganz Pakistan verbindet nun die lang erhoffte Rückkehr der Richter in ihre Ämter mit dem Chef der Nawaz-Muslimliga (PML-N). Auch hat er wohl bald wieder eine politische Zukunft: Premier Gillani kündigte an, die Regierung werde beim Obersten Gericht eine Revision des Urteils beantragen, das Nawaz und seinen Bruder Shahbaz Sharif vor knapp zwei Wochen von allen politischen Ämtern ausschloss. Die wiedereingesetzten Richter dürften die Entscheidung gegen ihren größten Fürsprecher kaum aufrechterhalten.
Die Zukunft von Präsident Asif Ali Zardari wird indes ungewisser. Er hatte die Wiedereinsetzung der entlassenen Richter verhindert und damit sein zentrales Wahlversprechen gebrochen. Dafür könnten sich diese nun revanchieren: Sie könnten, sobald wieder im Amt, die Amnestie kassieren, die Zardari von seinem Vorgänger Musharraf wegen etlicher vermeintlicher Korruptionsvorwürfe erhalten hatte. Dann könnte Anklage gegen ihn erhoben werden.
Das dürften in Pakistan nur wenige bedauern. Denn die meisten hatten bei den Wahlen vor rund einem Jahr Zardaris Volkspartei (PPP) nur gewählt, um der ermordeten Benazir Bhutto die Ehre zu erweisen. Dass sich dann ihr als sehr korrupt geltender Witwer zum Präsidenten wählen ließ, hat viele entsetzt. Zumal Zardari noch mehr als sein Vorgänger Musharraf als Marionette der USA gilt.
Bemerkenswert ist die Rolle der Armee beim jetzigen Konflikt: Offenbar machte Armeechef Ashfaq Kayani seinen Einfluss geltend, damit die Regierung die entlassenen Richter wiedereinsetzt. Kayani gilt im Gegensatz zu den meisten seiner Vorgänger als Verfechter der Demokratie. Damit dürfte in Pakistan die Zeit der Militärdiktaturen erst mal vorbei sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!