Streit um „Prüffall“-Bezeichnung: AfD verklagt Verfassungsschutz
Die Partei will untersagen lassen, dass die Behörde sie öffentlich „Prüffall“ nennen darf. Der Verfassungsschutz kommentiert das Vorgehen nicht.
„Das Vorgehen des Bundesamtes ist absolut rechtswidrig“, so hatte Roland Hartwig, der Chef der AfD-internen Arbeitsgruppe zum Thema Verfassungsschutz, die Vorbereitung der Klage jüngst gegenüber der taz begründet. Das Bundesamt dürfe natürlich prüfen, dies aber nicht öffentlich machen. Denn das, so die Argumentation der AfD, bedeute eine Stigmatisierung der Partei und sei deshalb eine unzulässige Benachteiligung im Parteienwettbewerb.
Im Verfassungsschutz gibt man sich „gelassen“, offiziell aber wird die Klage nicht kommentiert. „Mit Rücksicht auf ein laufendes Gerichtsverfahren äußern wir uns derzeit zur Gesamtpartei AfD nicht“, sagte eine Sprecherin des Bundesamtes.
Der Verfassungsschutz hatte die AfD als Gesamtpartei zum „Prüffall“ erklärt, weil die Behörden Anzeichen für extremistische Bestrebungen sehen. Eine Beobachtung mit nachrichtendienstlichen Mitteln wie V-Leuten ist dabei nicht erlaubt. Den „Flügel“, die Parteiströmung um den Thüringer AfD-Rechtsaußen Björn Höcke, und die Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“ hatte der Verfassungsschutz sogar zum „Verdachtsfall“ erklärt. Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang hatte dies am 15. Januar in einer Pressekonferenz öffentlich gemacht.
Wie aus der AfD-Spitze zu hören ist, bereitet die Partei auch eine auch eine Anzeige gegen Haldenwang wegen „Verletzung des Dienstgeheimnisses“ vor, weil das vertrauliche Prüfgutachten des Bundesamtes bei einzelnen Medien landete und diese daraus zitierten. Schließlich hatte netzpolitik.org es in Gänze veröffentlicht. Gegen die Einstufung von „Flügel“ und „Junger Alternative“ sind laut AfD-Spitze keine Klagen geplant.
Die Bekanntgabe, dass die AfD als Gesamtpartei ein Prüffall sei, ist tatsächlich strittig. Dieser Status wird vom Verfassungsschutz in der Regel nicht öffentlich gemacht, in einigen Landesämtern gibt es ihn gar nicht. Haldenwang hatte betont, die Prüfung sei „ergebnisoffen“.
Die Düsseldorfer Parteienrechtlerin Sophie Schönberger hält einen Erfolg der AfD „für nicht sehr wahrscheinlich, wenn auch nicht völlig abwegig“: „Was der Verfassungsschutz in seiner Öffentlichkeitsarbeit machen darf, ist im Einzelnen juristisch umstritten“, sagte Schönberger der Tagesschau. „Tatsächlich hat der Verfassungsschutz mit der Pressekonferenz Neuland betreten.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos