Streit um Personalie Volker Härtig: Rätselhafte Personalentscheidung

Matthias Kollatz war als Finanzsenator ein Glück für Berlin. Verspielt er jetzt sein stadtentwicklungspolitisches Erbe?

Was oder wer treibt ihn? Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) Foto: dpa

Matthias Kollatz war als Finanzsenator ein Glück für Berlin. Anders als sein Vorgänger hat er eine Politik nicht torpediert, die auf mehr soziale Verantwortung der Wohnungsbaugesellschaften setzte. Und als der Mietenvolksentscheid in die Gründung der Wohnraumversorgung Berlin (WVB) mündete, benannte er den Aktivisten und Wohnungswirtschaftler Jan Kuhnert als einen von zwei Vorständen.

Matthias Kollatz war ein Glück. War muss man deshab sagen, weil er zum einen nach der Wahl im kommenden Herbst nicht mehr Finanzsenator sein wird. Sein Rückhalt beim neuen Führungsduo Saleh/Giffey ist, vorsichtig formuliert, überschaubar.

War aber auch deshalb, weil Kollatz auf den letzten Metern drauf und dran ist, sein stadtentwicklungspolitisches Erbe zu verspielen. Anstatt den Vertrag mit Jan Kuhnert bis zu den Wahlen zu verlängern, setzte er ihn vor die Tür und entschied sich für den SPD-Mann Volker Härtig. Es war eine Provokation mit Ansage. Denn nicht nur bei Stadtaktivisten ist der Vorsitzende des SPD-Fachausschusses Soziale Stadt wegen seiner ablehnenden Haltung zum Mietendeckel ein No go. Auch Linke und Grüne lehnen ihn vehement ab. Zuletzt hatte er vor einem Jahr Unterschriften für die Entlassung der damaligen Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) gesammelt. Um den Koalitionsfrieden schert sich der robuste Poltergeist wenig, um sein eigenes Ego um so mehr.

Und Matthias Kollatz? Seit der Ernennung von Härtig rätseln viele, auch in der SPD, was den Finanzsenator getrieben haben mag. Druck von Giffey und Saleh, die die Zügel bei der Regulierung des Wohnungsmarkts wieder lockern und stattdessen aufs altbekannte Mantra Bauenbauenbauen setzten wollen, ist unwahrscheinlich. Warum sollte Kollatz denen folgen, die ihn fallen lassen werden?

Wie man es dreht und wendet, bleibt die Entscheidung Kollatz’ ein Rätsel. Vor allem auch deshalb, weil er am Ende nun doch für eine Politik steht, die eine gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik in Frage stellt. Die Entscheidung für Härtig ist auch eine Entscheidung für einen politischen Kurswechsel des Finanzsenators.

Ob er damit durchkommt? Immerhin wird Härtig, wenn der Senat am Dienstag nicht doch noch die Reißleine zieht, nur einer von zwei Geschäftsführern sein. Die andere Chefin der WVB, die von Bausenator Sebastian Scheel bestimmt wurde, ist Ulrike Hamann und steht den stadtpolitischen Initiativen nahe.

Und auch die neue Kooperationsvereinbarung zwischen Scheel und den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, die die WVB verhandelt, ist auf der Zielgeraden. Sie zu unterzeichnen und damit noch mehr Menschen mit WBS den Weg in eine landeseigene Wohnung zu ermöglichen, könnte der versöhnliche Akt des Finanzsenators sein, am Ende wenigstens nicht alles Porzellan zu zerschlagen. Oder aber auch die finale Abkehr von seiner bisherigen Politik, wenn er die Vereinbarung, mit tatkräftiger Unterstützung von Härtig, platzen lässt.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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