piwik no script img

Streit um KältemittelDaimler gegen Frankreich

Der Autobauer Daimler kämpft vor dem obersten französischen Verwaltungsgericht um die Zulassung seiner neuen Modelle. Ein Gericht entscheidet am Dienstag.

Vorerst benutzt Daimler weiterhin das umstrittene Kältemittel R134a Bild: dpa

PARIS dpa | Im Verfahren um den umstrittenen Zulassungsstopp für Mercedes-Modelle in Frankreich will das oberste Verwaltungsgericht in Paris am kommenden Dienstag eine Entscheidung verkünden. Das kündigte der zuständige Richter Jacques-Henri Stahl nach der mündlichen Anhörung am Freitag an.

Frankreich hatte im Juni einen Zulassungstopp für Mercedes-Modelle mit einem alten Kältemittel in der Klimaanlage verhängt. Der Autobauer Daimler will eine einstweilige Verfügung erwirken und damit erreichen, dass die Blockade mit sofortiger Wirkung aufgehoben werden muss.

„Nach der von uns vorgetragenen Faktenlage sind wir zuversichtlich, dass das Gericht unsere Rechtsauffassung bestätigt und die Zulassungsblockade in Frankreich aufheben wird“, sagte ein Daimler-Sprecher nach der Anhörung.

Nach Angaben des Unternehmens können in Frankreich derzeit mehr als 4.500 Fahrzeuge der A-, B-, SL- oder CLA-Klasse nicht ausgeliefert werden – mehr als die Hälfte davon wurde bereits von den Kunden bezahlt.

Es drohen hohe Umsatzeinbußen

Sollte der Zulassungsstopp nicht sofort aufgehoben werden, drohten Daimler in Frankreich erhebliche Verluste, sagte ein Anwalt des Herstellers vor Gericht. Der mögliche Umsatzverlust im Vergleich zum Vorjahr wurde auf 40 Prozent beziffert, der beim Absatz sogar auf 60 Prozent.

Die französischen Behörden wollen Daimler mit dem Zulassungstopp zwingen, in neuen Modellen das moderne Kältemittel R1234yf einzusetzen. Sie werfen dem Autokonzern eine unzulässige Umgehung von EU-Umweltvorschriften vor.

Daimler verweist hingegen auf Ergebnisse von Sicherheitstests. Bei diesen hatte das neue Kältemittel R1234yf Feuer gefangen und ein giftiges Gas freigesetzt. Das deutsche Kraftfahrtbundesamt genehmigte Daimler daraufhin die Verwendung des alten, klimaschädlichen Kältemittels R134a. Bis auf Frankreich erkannten alle EU-Staaten dies an.

Nur noch klimaschonende Kältemittel

Grundsätzlich sind für Neuwagen, die ihre Typgenehmigung nach dem 1. Januar 2011 erhalten haben, seit Anfang 2013 klimaschonendere Kältemittel in der EU Pflicht. Ab 2017 gilt die Regelung für alle Neuwagen.

Nach Daimler-Angaben kommen noch heute mehr als 90 Prozent aller produzierten Fahrzeuge mit dem alten Kältemittel auf den Markt. Volkswagen beantragte beispielsweise die Genehmigung für den Golf 7 so früh, dass das Auto seine Zulassung noch vor dem Stichtag bekam.

Die US-amerikanischen R1234yf-Hersteller Honeywell und Dupont betonen, ihre Chemikalie könne völlig unbedenklich eingesetzt werden.

Mittlerweile ist auch die EU-Kommission in den Streit involviert. Sie muss entscheiden, ob die Bundesregierung das klimaschädlichere R134a unzulässig weiter zulässt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • A
    Andreas

    Außer Honeywell und DuPont glaubt niemend so wirklich an die Unschädlichkeit von R-1234yf.

     

    Leider ist der Artikel doch recht arg gegen Daimler gemünzt.

     

    Daimler hatte seinerzeit mit Linde eine serienreife CO2-Klimaanlage entwickelt. Das wurde dann aber wieder auf Eis gelegt, nachdem R-1234yf doch eine Zulassung bekam - auf Basis von Studien von DuPont/Honeywell.

     

    Angesichts dessen, was so mancher Feuerwehrverband oder der ADAC von dem Zeugs halten, sollte man Daimler für ihren schwäbischen Dickkopf dankbar sein.

    Nebenbei sei angemerkt, dass R-134(a) ein extrem verbreitetes Treibgas in Spraydosen, Druckluftsprays und allem möglichen anderem Kram ist. Ob da die Leckagen der Autoklimaanlagen den größten Teil der Emissionen ausmachen sei daher mal in Frage gestellt.

  • G
    Gast

    Es gibt ein völlig unschädliches und gut verfügbares Kältemittel: CO2! Die Technik dafür ist erprobt und ausgereift. Allerdings läßt es sich nicht in den herkömmlichen Anlagen verwenden, da die erforderlichen Drücke höher sind. Die Fahrzeughersteller scheuen den Aufwand für die Umstellung ihrer Produktion.

    • D
      dr.snuggles
      @Gast:

      Die EU schreibt kein Kältemittel vor, sondern verbietet seit 2011 Kältmeittel mit einem Treibhauspotential (GWP) grösser als 150.

       

      Die Fahrzeugindustrie hat verschiedene alternative Kältemittel getestet. Darunter auch CO2 (R744) und R-1234yf.

       

      Alle Fahrzeughersteller kamen gemeinsam zu dem Entschluss, nach intensiven Testreihen und Risikoabschaätzungen, dass R-1234yf das sicherste und umweltfreundlichste Alternativkältemittel zur Umsetzung der europäischen Vorgaben sei.

       

      Die vorgebrachten "neuen" Testergebnisse von Daimler bestätigen nur, dass man offensichtlich nicht mit der notwendige Sorgfalt bei der Konstruktion der betroffenen Fahrzeuge (Hitzeschilde u.ä.)gearbeitet hat.

       

      Alle anderen getesteten Fahrzeuge zeigen keine Entflammung.

       

      Das Thema Fluorwasserstoff als Zersetzungsprodukt wird hier als Schreckgespenst eingesetzt. Das bisher verwendete Kältemittel R-134a kann ebenfalls diese Zersetzungsprodukt, sogar in grösseren Mengen erzeugen.

       

      Jahrelanher Einsatz, wo sind die ganzen Flusssäure Opfer?

       

      Daimler versucht hier auf Kosten des Klimaschutzes Geld zu sparen und mit fadenscheinigen Sicherheitsbedenken die Bundesregierung und die EU zu erpressen.

       

      Hier geht es nur um eines. Geld.

       

      Zur Erinnerung. Daimler hatte zusammen mit dem VDA die CO2 Entwicklung abgebrichen, da zu teuer und ineffizient. Jetzt wird es von Daimler als Allheilmittel dargestellt und man bettelt um weiter Jahre zur Entwicklung.

       

      In dieser Zeit setzt man einfach den kostengünstigen Klimakiller R-134a ein.

       

      Natürlich nur um Fahrzeuginsassen zu schützen.

       

      Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...