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Streit um HandelspolitikTrumps Chefökonom Cohn tritt zurück

Wirtschaftsberater Gary Cohn verlässt das Weiße Haus. Er nahm Anstoß an Trumps Handelspolitik. Das sind nicht die einzigen Probleme des Präsidenten.

Deutlich unzufrieden: Ex-Wirtschaftsberater Gary Cohn Foto: ap

Washington/Los Angeles ap/rtr/afp | Der wichtigste Wirtschaftsberater im Weißen Haus, Gary Cohn, hat seinen Rücktritt erklärt. Einen Grund für seinen Abschied aus dem Weißen Haus nannte der Befürworter eines freien Handels am Dienstag nicht. Im Hintergrund liegt ein Streit über die Handelspolitik von Präsident Donald Trump, der zum Unmut Cohns Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte angekündigt hat.

In seiner Funktion als Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats hatte Cohn noch versucht, Trump zu einem Kurswechsel zu bewegen. Aus Präsidialamtskreisen hieß es allerdings, dieser verlorene Kampf gegen Trumps Zoll-Pläne sei einer von mehreren Gründen gewesen. Dazu gehöre auch, dass er seine führende Aufgabe bei der Umsetzung von Trumps Steuerreform als erfüllt ansehe.

Es sei ihm eine Ehre gewesen, dem Land zu dienen, teilte Cohn in einer vom Präsidialamt veröffentlichten Erklärung mit. „Ich bin dem Präsidenten dankbar für diese Möglichkeit und wünsche ihm und seiner Regierung großen Erfolg in der Zukunft.“ Der Rücktritt als Chef des nationalen Wirtschaftsrats soll in einigen Wochen vollzogen werden. Trump kündigte über Twitter an, in Kürze einen Nachfolger zu ernennen. Trotz der Differenzen lobte Trump seinen bisherigen Wirtschaftsberater: Cohn habe „seinem Land mit besonderer Hingabe gedient.“

Der Rückzug des Ökonoms fällt in eine Phase angeblich massiver Personalprobleme im Weißen Haus. Seit Trumps Amtsantritt im Januar 2017 sind bereits zahlreiche ranghohe Mitarbeiter des Präsidenten zurückgetreten, zuletzt seine Kommunikationschefin Hope Hicks. Im Regierungsapparat sind viele Stellen unbesetzt. Etliche Gewährsleute im Weißen Haus verrieten, dass Trump zuletzt abwanderungswillige Mitarbeiter zum Bleiben gedrängt habe. Es sei nicht auszuschließen, dass der Präsident bald weitere Mitarbeiter verlieren werde, hieß es.

Trump selbst zeichnete ein anderes Bild von der Lage. Es gebe kein Chaos, nur „großartige Energie“, twitterte er am Dienstag. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Schwedens Ministerpräsident ergänzte Trump später, er möge „Konflikt“ in der Belegschaft und höre gerne verschiedene politische Ideen. Zwar räumte er ein, dass er ein harter Chef sein könne, sagte aber: „Jeder will im Weißen Haus arbeiten. Sie alle wollen ein Stück vom Oval Office.“

Seine Hauptaufgabe: die Steuerreforn

Cohn arbeitete vor seiner Zeit im Weißen Haus bei der Investmentbank Goldman Sachs, die er mit einer Abfindung von 285 Millionen Dollar verließ. Der Ökonom spielte eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Trumps umfassender Steuerreform, indem er Absprachen mit Kongressabgeordneten traf.

Cohn galt als Bollwerk gegen dieses protektionistische Lager in der Regierung – mit anfänglichen Erfolgen. So soll der frühere Investmentbanker maßgeblich dazu beigetragen haben, dass Trump im Frühjahr China nicht offiziell als Währungsmanipulator brandmarkte und auf eine Aufkündigung des nordamerikanischen Freihandelsabkommen Nafta mit Mexiko und Kanada verzichtete und stattdessen eine Neuverhandlung in die Wege leitete.

Schon im Sommer 2017 stand Cohn kurz vor dem Rücktritt. Grund war seine Verärgerung über Trumps Reaktion auf die ethnisch motivierte Gewalt in Charlottesville. Cohn hatte dem Vernehmen nach schon sein Rücktrittsgesuch verfasst, reichte es aber nie ein.

Zum endgültigen Bruch kam es nun über die jüngsten handelspolitischen Vorstöße Trumps. Dieser will auf alle Stahlimporte einen Zollsatz von 25 Prozent erheben und auf Aluminium 10 Prozent. Der Plan hat selbst verbündete Staaten gegen die USA aufgebracht, Aktienmärkte sind unter Druck geraten. Die EU drohte mit Gegenmaßnahmen, sollte Trump seinen Worten Taten folgen lassen.

Auch die US-Industrie, allen voran stahl- und aluminiumverarbeitende Anbieter, reagierte mit Besorgnis auf Trumps Vorhaben. Teils massive Kritik kam auch aus den Reihen der Republikaner. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, erklärte jüngst, Trump sollte lieber zielgerichtete Zölle erheben, um einen Handelskrieg zu vermeiden.

Von Pornodarstellerin verklagt

Die personellen Unruhen sind nicht das einzige, was Trump gerade Probleme macht. Die Pornodarstellerin Stephanie Clifford alias „Stormy Daniels“ hat am Dienstag in Los Angeles Klage gegen US-Präsident Donald Trump eingereicht. Den Gerichtsunterlagen zufolge will sie erreichen, dass eine mit Trump vereinbarte Vertraulichkeitserklärung für ungültig erklärt wird. Nach Angaben ihres Anwalts Michael Avenatti argumentiert Clifford unter anderem damit, dass Trump die Vereinbarung niemals unterschrieben habe.

Den Unterlagen zufolge unterzeichneten Clifford und Trumps Anwalt Michael Cohen die Vertraulichkeitserklärung am 28. Oktober 2016, wenige Tage vor dem Sieg Trumps bei der Präsidentschaftswahl. Die Vereinbarung sehe „diverse Bedingungen und Verpflichtungen nicht nur für Frau Clifford, sondern auch für Herrn Trump vor“, heißt es darin. Unter anderem fordere sie auch die Unterschrift aller Parteien, „die von Herrn Trump eingeschlossen“.

Cohen hatte Mitte Februar eine Zahlung in Höhe von 130.000 Dollar (105.000 Euro) an Clifford eingeräumt. Der Klage zufolge versuchte er seit Anfang 2018, Clifford durch „Zwang“ oder „Einschüchterung“ dazu zu bringen, „eine falsche Erklärung zu unterschreiben, in der sie erklärt, dass die Informationen über eine Beziehung zu Herrn Trump falsch waren“.

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1 Kommentar

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  • Zitat: „Einen Grund für seinen Abschied aus dem Weißen Haus nannte der Befürworter eines freien Handels am Dienstag nicht.“

     

    Schadenfreude ist ja doch die reinste Freude, gel?

     

    Allerdings: Mit einem Typen wie Gary Cohn würde ich mich nicht mal dann in ein Boot setzen, wenn mich der von ihm verursachte Schaden diebisch freut. Dass der Mann nicht sagen mag, wieso er geht, kann ich sehr gut verstehen. Er hat schließlich seine eigenen Ziele längst erreicht (Steuerreform, Ergänzung Lebenslauf). Nun kann er sich verpissen. Wieso sollte er fremde Schlachten schlagen? Verantwortung? Ist offenbar ein Fremdwort für ihn.

     

    Dass Cohns Ex-Chef zu wenig Menschenkenntnis und ein all zu verbogenes Ego besitzt, als dass er Cohn hätte richtig einordnen oder nach eigenen Wünschen lenken können, wundert mich nicht. (Trump mag ja „ein harter Chef“ sein. Er ist aber zugleich ein ziemlich lausiger Chef. Er wüsste sonst, warum Leute, die etwas davon verstehen, anno 2018 dazu raten, Mitarbeiter weniger zu kommandieren als vielmehr zu motivieren). Dass in der taz allerdings so getan wird, als hätte – abgesehen von ein paar skandalgeilen Medien, die sich mehr für Porno-Sternchen-Outings interessieren als für die Entwicklung der Globalwirtschaft – irgend jemand einen Vorteil davon, wenn ab sofort alle viertel Jahre ein anderer Kerl „ein Stück vom Oval Office“ abbekommt, wundert mich dann doch. Ist Trump denn noch nicht unberechenbar genug?

     

    Nun ja. Das mit der Verantwortung müsste womöglich nicht nur Gary Cohn dringend noch ein wenig üben.