Streit um Frankurter Flughafen: Der Kracher für Schwarz-Grün
Die Grünen in Hessen wollen das Nachflugverbot ausbauen, die CDU den Flughafen. Kein Wunder, dass die Bürgerinitiativen skeptisch sind.
BERLIN taz | In kaum einem anderen Bereich trennt Schwarze und Grüne in Hessen so viel wie beim Frankfurter Flughafen: Für die einen ist er der Wachstumsmotor des wirtschaftlich erfolgreichen Bundeslandes; die anderen laufen auf den Demonstrationen der Flughafengegner mit, die den Betrieb beschränken wollen, weil Lärm- und sonstige Belastungen zunehmen.
Seit Inbetriebnahme der umstrittenen Nordwest-Landebahn im Jahr 2011 machen Anwohner und betroffene Nachbarstädte mobil gegen den Fluglärm. Vor der Landtagswahl versprach der Grünen-Landeschef Tarek Al-Wazir: „Wir kämpfen für ein wirkliches Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr.“ Zudem müssten weitere Maßnahmen zur Lärmentlastung am Tag folgen. „Dazu gehören unter anderem der Verzicht auf den Bau des Terminals 2, die Einführung definierter Lärmobergrenzen und die Deckelung der Zahl der Flugbewegungen.“ Auch wenn die Forderung nach Stilllegung der Nordwest-Landebahn fehlt – mit ihren Vorstellungen sind die Grünen nahe an den Bürgerinitiativen.
Aber können sich die Initiativen freuen, wenn statt der eher wirtschaftsfreundlichen SPD nun die Grünen Koalitionspartner der CDU werden. „Ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht für uns ist“, sagte Dietrich Elsner, Sprecher des Bürgerinitiativenbündnisses, der taz. Man wisse nie, wie weit man Politikern trauen könne. Die Frage sei: „Was setzen die Grünen am Ende durch?“
Wichtigste Forderung der Initiativen ist ein wirkliches Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr. Derzeit darf zwischen 23 und 5 Uhr nicht gestartet oder gelandet werden. Das gilt aber nur für die geplanten Zeiten. Sollte sich ein Flieger verspäten, so kann er bis 24 Uhr landen. Zudem fordern die BIs die Begrenzung der jährlichen Flugbewegungen auf 380.000 – derzeit sind es etwa 480.000. „Wenn man alle Kurzstreckenflüge nach Frankfurt streicht, würden wir schon auf diese Reduzierung kommen.“
Wie schädlich nächtlicher Fluglärm ist – selbst wenn er subjektiv als nicht störend wahrgenommen wird –, zeigt eine Studie der Universität Mainz, für die 75 gesunde Männer unterschiedlichen Lärmbelastungen während des Schlafes ausgesetzt wurden. Ergebnis: Der Lärm steigert die Produktion des Stresshormons Adrenalin und verschlechtert die Gefäßfunktion signifikant. „Nächtlicher Fluglärm ist damit als wichtiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu bewerten“, so Norbert Pfeiffer, Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Mainz. „Daher sollte die Lärmbelastung der Bevölkerung möglichst gering gehalten werden.“
Leser*innenkommentare
pilo
Gast
Es müsste heißen "Verzicht auf den Bau des Terminals 3"
gast
Gast
Wie schon seinerzeits in Hamburg mit Kohlekraftwerk und Elbvertiefung muß für die Grünen bzw. GAL die Umwelt hinter der Machtoption zurückstehen.
WählerIn und Wahlkämpferin kann sich nur vera.. fühlen, auch angesichts der Wahlkampflosung "Bouffier verhindern", wenn die Grünen jetzt mit einem der rechtesten CDU-Landesverbände unter einem Ministerpräsidenten Bouffier eine Regierungskoalition bilden.
Ich wähle Grün nimmermehr und viele Getäuschte sicher ebenfalls!
Rainer Winters
Gast
Notizen VII
37. Schaus stellt fest: Von den 10 meist angeflogenen Abflugzielen ex Frankfurt liegen 5 in Deutschland. Wovon reden wir hier eigentlich? Müssen die alle fliegen? Sollen (große und kleine) Bürger um 05Uhr unruhig leben, weil Geschäftsreisende nicht im Zug sitzen wollen?
38. Der Antrag wurde abgelehnt – mit Stimmen von den Christlichen und den Freien.
Wenn jetzt die Grünen mit den Schwarzen, wäre das Verrat an den Wählern.
Rainer Winters
Gast
Notizen VI
31. Schaus hat eine Lösung für laute Flugzeuge: Die Landeerlaubnis versagen, wie früher den Antonovs und Tupolevs. Heute zahlen Airlines nur €2.000, wenn sie zu laut sind. Wer bekommt konkret das Geld und wofür wird es verwendet? Hoffentlich nicht die Deutsche Flugsicherung, die eine privatwirtschaftliche GmbH ist. Das müßte man mal checken. Nur was helfen €2.000, wenn 15.000 Menschen um 05Uhr wach liegen?
32. Schaus erwähnt 2 Gerichtsurteile, nach denen es ein RECHT AUF NACHTRUHE gibt. Verwaltungsgerichtsurteile vom 21.08.2009 und 10.10.2011.
33. Schaus schildert den Genehmigungsprozess für Nachtflüge etc: Laut einer INTRAPLAN-Prognose ging man seitens FRAPORT/Lufthansa von 90-150 Nachtflügen aus. Das Wirtschaftsministerium billigte sicherheitshalber alle 150, anstatt zumindest einen Mittelwert zu nehmen.
34. Schaus erinnert, dass sich FRAPORT größtenteils in öffentlichem Besitz befindet. FRAPORT gehört den Bürgern. Das muß doch was zu machen sein…
35. Schaus meint, dass die Deutsche Flugsicherung DFS für besseren Lärmschutz sorgen muß. Nun, die DFS ist eine GmbH und sitzt mit einem Lobbyistenbüro im Berliner Verkehrsministerium. Das Berliner Verkehrsministerium will den (erfolgten) Ausbau und die Nachtflüge, und Frau Merkel & Co. Halten sich extra zurück mit einem Lärmschutzgesetz. Da sieht man, welchen Einfluß das Lobbyistenbüro der DFS hat.
36. Schaus berichtet von Bürgerzuschriften aus Bad Vilbel: Da Flugzeuge nun erst ab 05Uhr landen dürfen, fliegen sie Warteschleifen von 04Uhr-05Uhr nachts (und verlärmen so die Umwelt). Heisst das Verbot Nachtflugverbot oder Nachtlandeverbot? Hier besteht dringender Handlungsbedarf für die Exekutive im Land. Ja, die stand natürlich als stark bewaffnete Polizei vor dem Landtag, um die Politiker zu schützen. Fazit: Politiker sind mehr Wert als lärmgeplagte Bürger.
Rainer Winters
Gast
Notizen V
26. Überhaupt Lufthansa. LH-Chef Franz stellt er Al-Wazir kein gutes Urteil aus. Wenn LH bereits seit Jahren wisse, dass die Politik im Mediationsverfahren ein Nachtflugverbot versprochen hat, warum gebärt sich Franz nun wie ein kleiner Junge? Es ist und war naiv von den LH-Verantwortlichen, sich nicht rechtzeitig um Alternativen zu kümmern. Ja es war unverantwortlich den eigenen Beschäftigten gegenüber, sein Geschäftmodell auf einer Heuchelei aufzubauen. Vorne den Ausbau des Flughafens zu unterstützen, das Nachtflugverbot aber vom ersten Moment an zu torpedieren (obwohl FRAPORT scheinbar einwilligte). Und um die Arbeitsplätze von Lufthansa-Mitarbeitern braucht sich keiner Sorgen zu machen: Die LH Cargo hat schon lange einen Grossteil seiner ehemaligen Mitarbeiter ausgelagert. Es hieß: Entweder Ihr fangt für weniger Geld bei unserer neu gegründeten Tochter an oder … Warum plant Lufthansa Cargo nicht mit Leipzig? Der Flughafen wird zum großen Hub ausgebaut und liegt nicht in so dicht besiedeltem Gebiet wie Frankfurt.
27. Al-Wazir fordert ein baldiges neues Luftverkehrsgesetz, welches den Lärmschutz auf eine nachhaltbare Groesse definiert.
28. Dann Herr Rentsch/FDP: Er berichtet stolz, wie er mit Andrea Nahles und Peer Steinbrück im Erstanflieger zur Einweihung der Landebahn sass. Das zum Thema, wie man der SPD vertrauen kann. Frau Nahles sei an dieser Stelle empfohlen, zur CDU/FDP zu wechseln.
29. Dann Herr Schaus von Die Linke. Er hält die Rede mit der größten Bürgernähe. Er empfiehlt einen Bericht von hr-online vom 28.10., wo viele Bürger ihr Lärmschutzleid berichten.
30. Schaus stellt gegenüber: FRAPORT zahlt Ticona Chemie 650 Millionen € Entschädigung, den betroffenen Bürgern nur 150 Millionen.
Rainer Winters
Gast
Notizen III
12. Bouffier möchte eine Lärmgrenze und lobt die 150 Millionen, die die FRAPORT als Lärmschutz an Lärmgeschädigte zahlt. Herr Schaus von der Linken stellt klar, was Flörsheimer Anwohner der Partei berichtet haben, z.B. mittlerweile 300 niedrig fliegende (auf 275m) Maschinen über dem Haus der Familie – pro Tag. FRAPORT zahlt deswegen 1 Fenster. Nur 1 Schallschutzfenster fürs Schlafzimmer.
13. Herr Schäfer-Gümbel SPD schildert, wie die Koalition die SPD betrogen hat, indem sie sich vom „friedensstiftenden Kern des Mediationsverfahren“ verabschiedet haben. Die SPD hatte dem Flughafenausbau nur zugestimmt, wenn das Nachtflugverbot kommt.
14. Schäfer-Gümbel zitiert Roland Koch: „Es gibt keine Interpretation für ein Nachtflugverbot zwischen 23-5Uhr“…, wenn der Flughafen ausgebaut wird.
15. Schäfer-Gümbel erinnert an den denkwürdigen Parlamentarischen Abend, wo CDU-Boddenberg der Lufthansa Cargo gegenüber anders argumentierte als er es heute tut. Damals dagegen, heute zahm.
16. Als Schäfer-Gümbel für die Belange der Bürger argumentiert, stehen zahlreiche CDU-Mitglieder auf (Bouffier, Hahn, Wintermeyer, Kühne-Hörmann, Grüttner), und verlassen ihre Plätze. Sie haben ja selbst gesprochen, die Opposition muß man da nicht anhören.
17. Schäfer-Gümbel berichtet, wie Bouffier selbst gegen die eigenen Parteigenossen auf der anderen Rheinseite argumentiert. Julia Klöckner CDU aus dem Mainzer Landtag würde schliesslich für ein Nachtflugverbot eintreten. S.G. stellt Bouffier damit ein Armutszeugnis aus. Das hat gesessen.
18. Dann spricht wieder die CDU, der christliche Christean Wagner. Genau wie Bouffier spricht er von einer unnützen Landtagsdebatte, die nur Geld kostet. Dabei seien die Argumente der Opposition nicht intellektuell annehmbar. Es scheint: Er hat die Weisheit mit Löffeln gefressen.
Rainer Winters
Gast
Notizen II
6. Zugelassen auf der Besuchertribüne waren nur 20 Bürger aus einem Bürgerkontingent, obwohl Platz für über 200 Leute bestand. Da 70 frei blieben, wer saß auf den anderen Plätzen? Wer Kontakte hatte, konnte SEINE Partei fragen, ob man über sie Einlaß erhält. Ein Skandal! Parteien haben schon genug Einfluß. Nun reglementieren sie auch noch den Zugang zum Parlament, indem diese ihre Klientel bedient. Zustände wie in einer Bananenrepublik.
7. Bei den anwesenden Zuhörern eine Menge Lobbyisten und Interessenvertreter von FRAPORT und der Luftverkehrsindustrie. Natürlich war auch Herr Jühe da, als Bürgermeister von Raunheim einer der mutigsten Verfechter für ein lärmerträgliches Leben in Rhein-Main.
8. Der christliche Ministerpräsident Bouffier hält die erste Rede. 26 Minuten, davon widmet er nur 1 Minute dem Nachtflugverbot. Seine arrogante Meinung zur bevorstehenden Debatte: Die Sitzung so überflüssig wie ein Kropf. Angeblich seien CDU/FDP gezwungen, in Leipzig vor dem Bundesverwaltungsgericht zu klagen. Später stellt sich heraus: Man hätte bei der Endabstimmung anders abstimmen können und die Revision in Leipzig – wie von SPD, Grünen und Linken gefordert - zurücknehmen können. Eine einzige Heuchelei. Angeblich um Rechtssicherheit zu haben. OK, wenn die Koalition nicht klagt, dann hätte FRAPORT geklagt.
9. Bouffier berichtet von seinem Stolz, in einem der dicht besiedeltsten Gebiete Deutschlands in so kurzer Zeit diese Landebahn auf die Beine gestellt zu haben (Das Verfahren bei der Startbahn West hätte 19 Jahre gedauert). Der Mann hat seine Seele wirklich dem Geld verschrieben.
10. Die Opposition stellt klar, wie CDU/FDP das Lärmschutzgutachten verhindern wollten.
11. Angeblich hatte die Lufthansa 70 Nachtflüge beantragt. Dabei weiß doch jeder, dass sie nur eine Handvoll Nachtflüge hat. Aber so pokert man: Immer mehr fordern, damit vielleicht 20 übrig bleiben.
Rainer Winters
Gast
Was ist nur mit Herrn Al-Wazir los? Geht es ihm eigentlich nur noch um die MACHT? Warum tritt die Umwelt (hier: Lärm am Frankfurter Flughafen) und somit die Kernfragen der Grünen jetzt in den Hintergrund?
In dieser Landtagsdebatte machte ich folgende Notizen zum Flughafenausbau und den Lärm:
Notizen I
1. Vor dem Landtag mehr Polizei als Demonstranten. Die Politiker haben ANGST
2. Bürger kamen nur dosiert und mit Anmeldung auf die Besuchertribüne, was unüblich ist. Bei der Personenkontrolle im Eingangsbereich wird man gefilzt wie ein Dieb. „Haben Sie Banner unter dem Pullover? Zeigen Sie mal…“
3. Dann wurde die Besuchergruppe einzelner Bürger zur Besuchertribüne geführt. Obwohl die Sicherheitskontrollen vorbei waren, wurden einzelne Bürger noch mal gefilzt. Der Besucherchef Herr Müller wendete sogar Gewalt an, indem er einem Bürger das Weitergehen kurzzeitig mitsamt seinem Körper verwehrte. Ein unnötiger Akt, denn der Bürger zeigte ihm unmittelbar seine Einlasskarte. Nervöse Bedienstete im Landtag.
4. Die Sitzung wird eröffnet. Die Opposition beantragt im Plenum eine spätere Anfangszeit und kurze Besprechung im Ältestenrat der Anwesenden, da just in diesem Moment 25 Bürgern angeblich wegen Sicherheitsmängeln der Zugang zur Besuchertribüne verwehrt wurde. Der Antrag wird abgelehnt.
5. Es bleiben ca. 70 Besucherplätze frei, obwohl sehr vielen Bürgern eine Besucherkarte verwehrt wurde, als sie telefonisch reservieren wollten. So kann man sich die Opposition auch vom Hals halten. Beobachtende Bürger einfach nicht zulassen.