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Streit um EU-SpitzenpostenMachtkämpfe, frei vom Wählerwillen

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

In Brüssel geht das Geschachere um das Trio aus Parlaments-, Rats- und Kommissionspräsidentschaft los. Die EVP macht einen haltlosen Vorschlag.

Brüssel, 17. Juni: der amtierende EU-Ratspräsident Charles Michel spricht mit der Presse Foto: Omar Havana/ap

D ie Europawahl hat die Regierungen in Frankreich, Deutschland und Österreich erschüttert – doch in der Europäischen Union soll alles weitergehen wie bisher. Das war zumindest der Plan, als sich Bundeskanzler Olaf Scholz und die anderen Staats- und Regierungschefs am Montagabend zu einem EU-Sondergipfel in Brüssel trafen.

Sie wollten Ursula von der Leyen schnell mal eben als Kommissionspräsidentin bestätigen und gleich noch ein paar andere wichtige Jobs ver­geben – völlig losgelöst vom Wahlergebnis: Eine Stelle für die Konservativen, eine für die Sozialdemokraten und noch eine für die Liberalen – so ist es bisher immer gelaufen.

Zum Glück ist dieser Plan gescheitert. Denn diese Aufteilung der Macht entspricht nicht mehr dem Wählerwillen. Die EU ist nach rechts gerückt, vor allem Grüne und Liberale wurden abgestraft. Auch von der Leyen hat nicht überzeugt; die meisten Deutschen sind laut Umfragen gegen eine zweite Amtszeit der CDU-Politikerin.

Alle Posten für die EVP?

Doch der Streit entbrannte nicht etwa an von der Leyen, ihren Affären und ihrem Flirt mit den italienischen Postfaschisten. Scholz hat sich sogar ausdrücklich hinter sie gestellt, wie viele andere Staats- und Regierungschefs auch.

Zum Stolperstein wurde die konservative Europäische Volkspartei EVP, in der auch CDU und CSU vertreten sind. Die hat nämlich gänzlich anderes vor als Olaf Scholz. Sie fordert mehr Macht und möchte künftig auch den Posten des EU-Ratspräsidenten besetzen, zumindest zeitweise. Die Kommissions­chefin (von der Leyen) und die Parlamentspräsidentin (Roberta Metsola) stellt sie schon.

Wenn sich die EVP durchsetzt, würden in wenigen Jahren alle drei wichtigen EU-Institutionen von Konservativen und Christdemokraten geführt. Damit würde das Wahlergebnis endgültig auf den Kopf gestellt. Die EVP hat zwar leicht dazugewonnen, aber längst keinen Erdrutschsieg erzielt.

Scholz und andere Sozialdemokraten haben daher gut daran getan, sich diesem Ansinnen in den Weg zu stellen. Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, dass die EU künftig nur noch von einer Partei regiert wird. Es gibt aber auch keinen Grund, das Fell einfach wie bisher unter den drei großen proeuropäischen Familien aufzuteilen.

Gefragt ist ein „New Deal“, der dem Wunsch der 27 EU-Staaten, aber auch dem Wählerwillen gerecht wird. Doch bisher spricht wenig dafür, dass dieser tatsächlich berücksichtigt wird. Statt nach den Ursachen des Rechtsrucks und des Wahlbebens zu fragen, geht es den EU-Chefs wieder einmal nur um Macht.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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2 Kommentare

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  • “Gefragt ist ein „New Deal“, der dem Wunsch der 27 EU-Staaten, aber auch dem Wählerwillen gerecht wird.“

    kurz - eine Demokratisierung der Kommission! Woll



    Derzeit / komplette Fehlanzeige •

  • Hach wie schön wäre es, wenn Herr Bonse - den ich durchaus schätze - zumindest andeuten würde, wie dieser "New Deal" aussehen soll, der "auch dem Wählerwillen gerecht wird". Heißt das in der Kosequenz nicht, dass die Rechte einen Posten bekommen müsste? Le Pen als Kommissionspräsidentin? Oder Meloni als Außenbeauftragte?



    Wobei, letzteres hätte was, dann könnte sie den Demokratieabbau in Italien wenigstens nicht mehr vorantreiben...