Streit um Dobrindts Maut: CDU für Überprüfung
Der Krach in der Union über die Pkw-Maut ebbt nicht ab. CDU-Spitzenpolitiker wollen die Pläne von Verkehrsminister Dobrindt auf den Prüfstand stellen.
BERLIN dpa | Die Union streitet mit ungewöhnlicher Schärfe über das Konzept von CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt für eine Pkw-Maut. Nach den Vorwürfen der Christsozialen an die Adresse der Schwesterpartei vom Wochenenden gehen CDU-Spitzenpolitiker erneut in die Offensive.
Der stellvertretende Bundesvorsitzende und baden-württembergische CDU-Landeschef Thomas Strobl sieht die Kritiker der Pkw-Maut-Pläne gestärkt. „Unsere Bedenken mit Blick auf Mittelstand und Familienbetriebe, auf Handwerk, Handel und Gastronomie in den Grenzregionen werden ernst genommen. Das ist richtig so, das war unser Ziel und das haben wir erreicht“, sagte er Spiegel Online. Strobl betonte: „Wir sind für eine Maut, und die Maut wird kommen. Und zwar so, dass sie in den Grenzregionen nicht zu einer Belastung führt.“
Der unionsinterne Streit über eine Pkw-Maut – nach Dobrindts Plänen auf allen deutschen Straßen – hatte sich am Wochenende aufgeheizt. CSU-Chef Horst Seehofer verbat sich weitere Kritik von der CDU und warf Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor, das Konzept zu sabotieren. Große CDU-Landesverbände wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wollen die Pkw-Maut nicht auf Straßen in Grenznähe haben, weil dann Touristen aus Nachbarländern fernbleiben könnten.
Ein anderer stellvertretender CDU-Chef, Armin Laschet aus Nordrhein-Westfalen, nahm Schäuble in Schutz. „Eine der Bedingungen des Koalitionsvertrags war, dass die Maut substanziell mehr Geld für die marode Infrastruktur einbringt und keine neue Bürokratie mit hohen Kosten entstehen darf“, sagte Laschet der Rheinischen Post. „Wenn der Bundesfinanzminister dies sorgsam prüft, verhält er sich koalitionstreu.“
Stellungnahme Schäubles
Am Wochenende war eine Stellungnahme aus Schäubles Haus bekannt geworden, in der vernichtende Kritik am Dobrindt-Konzept geäußert wird. Seehofer sieht darin offenkundig den vorläufigen Höhepunkt eines Feldzuges aus Teilen der CDU gegen die Maut.
Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Volker Kauder (CDU), sagte am Sonntagabend im ARD-„Bericht aus Berlin“: „Ich sage, was ich seit einiger Zeit sage, die Maut wird kommen. Bis zum Ende des Jahres wird alles fertig sein, und ich gehe davon aus, dass dann alle auch zufrieden sind.“ Seehofer habe Recht, dass die Maut in der schwarz-roten Koalition vereinbart sei. „Und ich bin auch sicher, dass der Finanzminister die Maut nicht torpediert.“
Zuhören statt abbürsten
Der Vorsitzende der Jungen Gruppe im Bundestag, Steffen Bilger (CDU), forderte die CSU auf, für Kritik offen zu sein. „In der CDU gibt es viele, die der Einführung einer Pkw-Maut positiv gegenüberstehen“, sagte Bilger Spiegel Online. „Wir brauchen eine Versachlichung der Debatte, bei der Einwände ernstgenommen werden sollten. Am Ende könnten sie zu einer Verbesserung des Maut-Konzepts beitragen.“
„Aggression bringt uns überhaupt nicht weiter. Ich halte es für sinnvoll, dass alle Beteiligten verbal abrüsten“, sagte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) dem Onlineportal. „Wir stehen zum Koalitionsvertrag. Es muss aber möglich sein, sinnvolle Einwände vorzubringen, ohne dass gleich der Haussegen schief hängt.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter