Streit um Bau einer Moschee: Leipzigs antimuslimische Union
In Leipzig soll eine Moschee gebaut werden. Die örtliche CDU ist gespalten. Dabei steht die Bundespartei in dieser Frage klar zum Grundgesetz.
LEIPZIG taz | Mit ihrer Abwehrhaltung gegen den geplanten Bau einer Moschee geraten Eiferer der Leipziger CDU in Widerspruch zur toleranten Generallinie ihrer Partei. Am schärfsten: Katrin Viola Hartung. Sie hat die Onlinepetition „Gohlis sagt nein“ initiiert, die schon fast 3.000 BürgerInnen unterschrieben haben.
Für den Ortsverband Leipzig-Nord erklärte der Landtagsabgeordnete Wolf-Dietrich Rost, der Moscheebau stünde „im Spannungsfeld zur baulichen und kulturellen Umgebung“. Auch der Evangelische Arbeitskreis der Stadt zeigte sich „befremdet“. Der muslimische Glaube erscheine „vielen als sehr intolerant, wenig aufgeklärt und christenfeindlich“, äußerte dessen Vorsitzender Jörg Kühne.
Die Union greift damit die gereizte Stimmung im Stadtteil Gohlis auf, wo die muslimische Ahmadiyya-Gemeinde eine nur 10 Meter hohe Moschee mit 180 Quadratmetern Grundfläche für ihre 70 Gemeindeglieder bauen will. Die NPD demonstrierte am vergangenen Sonnabend dagegen und nutzte die Unruhe für ihren vorgezogenen Landtagswahlkampf aus.
Viele Bürger schlossen sich zwar nicht offen an, teilen aber die rechte Polemik und das Misstrauen gegen den Islam. Der als besonders piefig und kleinbürgerlich geltende Stadtteil hatte schon der dezentralen Unterbringung von Asylbewerbern in Leipzig den größten Widerstand entgegengesetzt.
CDU-Kreisvorsitzender Robert Clemen spricht von einer „gemischten Lage“ im Kreisverband. So hatte beispielsweise die Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau scharf attackiert, weil diese das Moschee-Projekt für genehmigungsfähig hält. Katrin Hartung aber wurde wegen ihrer öffentlich geäußerten „Privatmeinung“ zurückgepfiffen, berichtet Clemen. Und verweist auf den Kreischef der Jungen Union Markus Walther, der sich für die Moschee aussprach.
In Dresden und Berlin ist CDU weltoffener
Der moderate Robert Clemen, Christ und Musiker, möchte die kursierenden Vorbehalte ernst nehmen. Und zwar nicht nur, weil die auf diesem Feld konkurrierende NPD der Union Wähler abjagen könnte. Die bislang gute Koexistenz der muslimischen Strömungen in Leipzig könne durch die Privilegierung einer nicht von allen anerkannten Richtung gestört werden, befürchtet auch der Kreisvorsitzende.
Sachsens Ausländerbeauftragter Martin Gillo, ebenfalls CDU-Mitglied, rechnet die Ahmadiyya-Gemeinde zwar zum aufgeklärten Islam. Clemen hingegen verweist auf deren 1989 verkündetes 100-Moscheen-Programm für Deutschland, das auf eine missionarische Absicht schließen lasse.
In Dresden und Berlin geben sich maßgebliche CDU-Stimmen weltoffener und grundgesetztreuer. „Ich verbinde das Vorhaben mit der Hoffnung auf eine offen gepflegte Nachbarschaft. Denn Ressentiments können nur durch Wissen voneinander abgebaut werden“, erklärt Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf Nachfrage.
Wie Robert Clemen auch macht der Ausländerbeauftragte Martin Gillo eine wachsende Verunsicherung über die eigene abendländische Identität, deren christliche Grundlagen und kulturelle Erosion als eigentliche Ursache für die Ängste der Leipziger aus. „Wir sollten den grundgesetzlich gewährten Religionspluralismus ernst nehmen“, sagt Gillo. Und fordert ein „klares Wort“ der zuständigen Politiker.
Die CDU-Bundesgeschäftsstelle im Berliner Konrad-Adenauer-Haus betont gleichfalls das „friedliche Miteinander der Religionen“. Zum Recht auf freie Religionsausübung gehöre auch „das Recht der Muslime auf eigene Gotteshäuser“, erklärt die Pressestelle.
Leser*innenkommentare
Ali G
Gast
@ ROSA
"...daß Nichtmuslime den Status von Menschen zweiter Klasse haben,.."
Menschen zweiter Klasse sind im Islam die Frauen.
Juden und Christen sind nach dem Koran nur "Affen und Schweine" - wo die Fauna der Muslime atheistische Chinesen und polytheistische Hindus einordnet werden, weiss ich nicht sicher - es dürfte sich dabei allerdings nicht mehr um Wirbeltiere handeln - höchstens noch "Ratten".
Nie wieder Faschismus - wehret den Anfängen!
Hubert
Gast
Offenbar sah das die Feministin Anni Besant so, Anni Besant stellte bei ihrem Vergleich von Islamischen Gesetzen und westlichen Gesetzen, was Frauenrechte betrifft, fest: (Das Leben und die Lehren des Muhammad Madras, 1932.)
"Die Islamischen Gesetze sind unter den besten Gesetzen, die die Welt kennt, was Frauen angeht. Es ist die fairste und gerechteste Gesetzgebung. Sie übertrifft die westlichen Gesetzeswerke, was den Besitz, Erbe und Scheidungsrecht betrifft. Es versteht sich als Wächter über die Rechte der Frauen. Phrasen wie "Eine Frau ist ausreichend für einen Mann" und "Polygamie" führten die Leute irre und lenkten sie von der wirklichen Dunkelheit ab, unter der westliche Frauen leiden und leben. Viele Ehemänner verließen ihre Frauen, nachdem sie bekommen hatten, was sie von ihnen wollten. Tatsächlich zeigten solche Männer keine Fürsorge, Betroffenheit oder Gnade mit ihren Gattinnen."
Pommern
Gast
Und jetzt nochmal, warum braucht Leipzig eine Moschee und Mekka keine Kirche?
Wäre es umgekehrt nicht viel besser-
Gast
Gast
@Pommern Nein, denn in Mekka leben keine Christen. Mekka für die Muslime ist nicht Leipzig für die Christen, das ist kein Vergleich1 Ein besserer Vergleich wäre:" warum braucht der Vatikan eine Moschee und Mekka keine Kirche? Aber die Frage erledigt sich von selbst, denn im Vatikan will keiner eine Moschee bauen. Das Argument "die Christen müssten auch in der arabischen welt das Recht haben, Kirchen zu bauen" ist nur flott formuliert und hat mit der realität nichts zu tun, denn die Arabische Welt ist voller Kirchen. Wer viel rum gekommen ist (nicht nur Ballermann und Ibiza) der weiß das!
manu
Gast
Weil es in Leipzig praktizierende Muslime gibt und in Mekka keine praktizierenden Christen.
Dieses schon oft vorgebrachte Argument (wahlweise statt Mekka auch Istanbul) geht am Kern der Diskussion derart meilenweit vorbei, dass man sich fragt, ob es überhaupt mit dem konkreten Bauvorhaben zu tun hat.
Arne
Gast
75% der Sachsen sind nicht christlich und haben somit mit der "christlich-abendländischen Tradition", was immer das sein soll, nix am Hut.
Wenn ausgerechnet in dem Stadtteil ein etwas höherer Prozentsatz an Christen existiert, dürfte es kein Problem sein, überall woanders in Leipzig ein entsprechendes Umfeld zu finden, das mit Moscheen nicht mehr und weniger Probleme hat wie mit dem Aufbau der Frauenkirche.
lmax
Gast
lmax - Gast
Ich habe die gestrige Informationsveranstaltung besucht. Es gab leider sehr wenig sachliche Kommentare. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwecken, das viele Redebeiträge gesteuert waren. Erschreckend der starke Beifall aus dem Publikum zu intoleranten und unsachlichen Kommentaren. Zum Glück waren alle offiziellen Vertreter im Forum in ihrer Argumentation gut aufgestellt. Für die "Gohliser" , falls es welche waren, bleibt nur das Fremdschämen. Bei ihrer Reaktion dürfen sie sich nicht wundern, wenn sie in die rechte Ecke gerückt werden!
Sören
Gast
Wenn es baurechtlich keine Bedenken gibt, sollte der Bau auch möglich sein.Das Grundgesetz gewährleistet die freie Ausübung der Religion. Die Frage wäre nicht, ob eine Gemeinde ein Gotteshaus bauen darf, sondern warum sie es nicht dürfen sollte.
Deutschland ist Heute ein Land mit Menschen verschiedender Kulturen und Religionen. Statt auf Spaltung zu setzen, sollten Politiker die Menschen zusammenführen, und Vorurteile abbauen helfen. Viele Vorurteile bestehen nur, weil Menschen nicht miteinader zu tun haben, und sich nicht kennenlernen.
Die Unlogik in der Argumentation von Einigen ist wirklich schauerlich. Wenn Christen in anderen Ländern verfolgt werden, ist das schlimm. Aber gerade daraus sollte man doch den Schluss ziehen, hier in Umgang mit religiösen Minderheiten ein positives Gegenbeispiel zu setzen.
Im Grundgesetz ist ganz klar die freie Ausübung der Religion gewährleistet. Das muss für alle Religionen gelten. Wer hier selektiert, befindet sich nicht auf dem Boden des Grundgesetzes. Die in Bezug auf den Islam immer wieder gezeigte Intoleranz ist einer liberalen Demokratie und zivilisierten Gesellschaft nicht würdig.
Super
Gast
"Der muslimische Glaube erscheine „vielen als sehr intolerant, wenig aufgeklärt und christenfeindlich“, äußerte dessen Vorsitzender Jörg Kühne."
Dies liegt eindeutig an der negativen Berichterstattung gegenüber den Muslimen und dem Islam.
Ich bin froh das die taz in dieses Muster nicht einfällt und ein objektives Bild zeigt.
Plywood
Gast
"Clemen hingegen verweist auf deren 1989 verkündetes 100-Moscheen-Programm für Deutschland, das auf eine missionarische Absicht schließen lasse."
Und gegen eine religiös-fanatische Missionierung zu sein ist also das Gegenteil von "weltoffen"?!
Rosa
„Denn Ressentiments können nur durch Wissen voneinander abgebaut werden“, erklärt Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf Nachfrage.“:
Wenn man weis, daß in Islamstaaten keine Religionsfreiheit für nichtmuslimische Religionen gilt,
und daß Nichtmuslime den Status von Menschen zweiter Klasse haben,
also das, was man hier als Rassismus bezeichnet,
könnte man den Eindruck gewinnen, die hierzulande vorherrschende Toleranz sei eine Einbahnstraße.
Dieser Eindruck verstärkt sich nach Lektüre des Koran eher noch.
Wie kan man nun zum Ausdruck bringen, daß man keine weitere Moschee möchte,
ohne gleich als Nazi zu gelten?
Mig Rant
Gast
@Rosa Nazis können das nicht.
no limits
Gast
Ernsthaft: Die Politik zeigt keine Perspektive, wo die Islamisierung enden soll. No Limits. Kein Ende abzusehen. Dagegen wehren sich die Bürger. Nicht gegen ein paar Moscheen. Moscheen gibt es hier schon seit 30 Jahren und haben noch nie jemanden gestört.
D.J.
Gast
Nun, auch wenn die Ahmadiyya-Gemeinschaft eine missionarische Absicht hat, ist dies vom Grundgesetz gedeckt, sage ich als Atheist und Religionskritiker. Unbedingtes JA zur Religionsfreiheit, die auch den Baum von Moscheen, Tempeln, Kirchen einschließt. Unbedingtes Nein und Kampf aber jedem Versuch, die Errungenschaften der Aufklärung zu verwässern.