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Streit über den BrexitDer „No Deal“ rückt näher

Großbritannien droht offen, die Gespräche mit der EU scheitern zu lassen. Am Dienstag beginnt die nächste Brexit-Verhandlungsrunde.

Non, no, noooo: Großbranniens Brexit-Unterhändler David Frost in Brüssel hat was in der Tasche Foto: Francisco Seco/ap

Brüssel taz | Im Streit über den Brexit und ein neues Handelsabkommen mit Großbritannien ist die EU unter Beschuss geraten. Die britische Regierung drohte am Wochenende offen mit einem „No Deal“, einem Scheitern der Verhandlungen. Kurz vor der nächsten Gesprächssrunde am Dienstag stehen die Zeichen auf Sturm.

Für Irritationen in Brüssel sorgte indes ein Bericht des Daily Express, dem zufolge EU-Chefunterhändler Michel Barnier abgelöst werden solle. Die französische Regierung und der deutsche EU-Vorsitz dementierten prompt: „Wer mit der EU beim Brexit vorankommen will, muss mit Barnier ins Geschäft kommen“, erklärte ein deutscher Sprecher.

Am Sonntag legte der britische Chef-Unterhändler David Frost nach: Anders als die Regierung unter Theresa May werde London diesmal nicht blinzeln, sagte er der Mail on Sunday. Die EU müsse verstehen, „dass wir meinen, was wir sagen, und sie sollten unsere Position ernst nehmen.“

Man sei bereit, die Verhandlungen platzen zu lassen. Großbritannien werde sich nicht zum „Klientelstaat“ degradieren lassen, sagte Frost mit Blick auf die Forderung, Brüssel eine Art Vetorecht für britische Gesetze einzuräumen. In London seien bereits Vorbereitungen für den „No Deal“ getroffen worden. „Ich glaube nicht, dass wir davor auch nur irgendwie Angst haben.“

Frost widersprach damit der auch in Berlin verbreiteten Auffassung, Großbritannien habe bei einem „No Deal“ mehr zu verlieren als die EU. Deutsche Diplomaten verweisen gerne darauf, dass der Handel mit Europa für die Briten überlebenswichtig sei, während die Bedeutung Großbritanniens für Deutschland abnehme.

Sorgen um deutsche Wirtschaft

Ein „No Deal“ würde jedoch auch das größte EU-Land treffen. „Der deutschen Wirtschaft bereitet es große Sorge, dass die Brexitverhandlungen auf der Stelle treten“, sagte Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). Ohne Handelsabkommen drohten ab 2021 die Einführung von Zöllen und die Unterbrechung von Lieferketten.

Pessimistisch äußerte sich auch Barnier. Die Briten zeigten zu wenig Bereitschaft, auf EU-Forderungen einzugehen. Neben dem Fischfang sorgt das sogenannte „Level Playing Field“ für Streit. Die EU fordert von Großbritannien, auch in Zukunft auf Dumping bei Steuern, Löhnen oder im Umweltschmutz zu verzichten. In London wird dies als Versuch interpretiert, das Land auf Dauer an die Union zu ketten.

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2 Kommentare

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  • Großbritannien hat sich doch selbst zum Klientelstaat degradiert... ist jetzt quasi ein größeres Norwegen, nur ohne entsprechend großen Staatsfonds... und ohne Realitätssinn...

    Natürlich kann man ein Land nicht im Binnenmarkt haben, wenn dadurch die Gefahr besteht, dass Dumping-Steuern eingeführt werden. No Deal!

    • @Co-Bold:

      Großbritannien ist schon jetzt weniger als Norwegen in die EU integriert, da Norwegen ein Schengenland ist, was Großbritannien nie war. Dazu kommt dann Ende des Jahres noch, dass Großbritannien anders als Norwegen aus dem EU-Binnenmarkt ausscheidet.