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Streit über Kopftuchverbot im RathausBürgermeisterin feuert Praktikantin

Im brandenburgischen Luckenwalde sorgt Stoff für Streit. Die Bürgermeisterin setzte eine palästinensische Praktikantin wegen ihres Kopftuchs vor die Tür.

Luckenwalde: im Rathaus nur ohne Kopftuch – jedenfalls als Muslima Foto: imago/F. Berger

Luckenwalde dpa | Einer palästinensischen Praktikantin ist nach Angaben des brandenburgischen CDU-Landtagsabgeordneten Sven Petke im Rathaus von Luckenwalde (Teltow-Fläming) gekündigt worden, weil sie ein Kopftuch trug. „Es gibt für diese Entscheidung der Bürgermeisterin keine rechtliche Grundlage“, sagte Petke am Mittwoch.

Das Bundesverfassungsgericht habe geurteilt, dass persönliche Glaubensbekenntnisse etwa mit einer bestimmten Kleidung nicht zu beanstanden sind, sagte der CDU-Politiker, der in Luckenwalde wohnt. Zuerst hatte die Märkische Allgemeine über den Fall berichtet.

Laut Petke hatte die 48-jährige Palästinenserin im Rahmen des Projekts „Perspektiven für Flüchtlinge“ ein sechswöchiges Praktikum begonnen, initiiert von der Arbeitsagentur und einem Bildungsträger. Bereits nach einem Tag habe ihr Bürgermeisterin Elisabeth Herzog-von der Heide (SPD) gekündigt, weil die Palästinenserin ihr Kopftuch nicht ablegen wollte.

Von der Bürgermeisterin war am Mittwoch zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Der Zeitung sagte sie, in der Verwaltung herrsche der Grundsatz strikter Neutralität. Ein islamisches Kopftuch sei Ausdruck einer Weltanschauung und habe bei der Arbeit im Rathaus nichts zu suchen, zitiert die Märkische Allgemeine die Bürgermeisterin. Auch Kreuze in Amtsstuben seien verboten. Die Praktikantin habe das Kopftuch nicht abnehmen wollen, solange Männer im Raum sind.

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24 Kommentare

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  • Im öffentlichen Dienst sind "religiöse" Symbole fehl am Platz. Die Bürgermeisterin hat richtig beschieden, auch wenn es sich um eine Bürgermeisterin aus Brandenburg handelt. (Denn der tenor des Textes sollte doch wohl darauf abzielen, dass die Ostdeutschen eh rechts sind.)

    • @Brigitte Sanders:

      Nein, die Bürgermeisterin hat gegen die Verfassung und gegen das Persönlichkeitsrecht der Praktikantin entschieden. Ein klarer Rechtsbruch.

       

      Ein Kreuz an der Wand der Amtsstube ist etwas vollkommen anderes als das gleiche Kreuz am Hals eines dort arbeitenden Menschen.

       

      Denn der Staat als Institution darf keinen religiösen Bezug nehmen, seine Bürger/innen hingegen schon.

    • @Brigitte Sanders:

      Das geht hier nicht um Religion! Sondern um pures Machtgehabe und Rassismus!!

       

      Wenn der das Amt als Staatsvertreter wirklich Religion verbannen will, warum muß dann der steuerzahler für Bischöfe, Pfarrer, Verwaltung usw. der Kirche aufkommen?!

       

      Empfehle auch Ihnen mal C.Frerk zu lesen!

      http://www.carstenfrerk.de/

      • @Frei_Denken:

        Kirchensteuern lehne ich ebenfalls ab. Mir ist bekannt, dass ich, auch wenn ich nicht mehr im Club bin und dementsprechend keine Kirchensteuer mehr zahle, ich dennoch zur Kasse gebeten werde. Das Land bezahlt z. den Bischof. In der Caritas steckt kein Cent kirchliches Geld, die Institution wird komplett aus staatlichen Mittel finanziert, entsprechen die evangelische Diakonie.

        Die Ursache ist 200 Jahre alt, im Zuge der Säkularisierung und den Folgen hat sich der Staat verpflichtet, eine Art "Entschädigung" für die enteigneten Gebäude und die Auflösung von Klöstern zu bezahlen. Diese Verträge, die längst in die Tonne gehören, gelten bis heute. Und zwar deswegen, weil der Staat davon profitiert: Kirchliche Institutionen haben seit langen Jahren eine Infrastruktur hinsichtlich Kindergärten, soziale Dienste, Krankenhäuser etc. generiert, die der Staat in dem Umfang nicht hat. Um Kosten für eine eigene Infrastruktut zu sparen, gibt er die Mittel lieber an die kirchlichen bestehenden Einrichtungen weiter, weil es eben billiger ist. Ob der Steuerzahler damit einverstanden ist oder nicht, interessiert den Staat nicht. - Ein bisschen Opportunsismus wird man sich ja leisten können, gell, es sind doch nur die Kirchen, die geschmiert werden, und Kirchen sind grundsätzlich gut ...[ Ironie Ende ]

        Daher finde ich, dass jede noch so kleine Anstrengung, Religion und Staat zu trennen, positiv bewertet werden sollte, ob es sich nun um Christen oder Muslime handelt, die davon betroffen sind . Das hat mit Rassismus nichts zu tun, und Machtgehabe können Sie eher Frau Merkel plus ihrem Apparat vorwerfen, der nicht in der Lage oder willens ist, Steuern für staatliche Zwecke zu verwenden.

        Carsten Frerk schätze ich im Übrigen sehr und kenne seine Filme.

      • @Frei_Denken:

        Frau Sanders hat mit ihrem Kommentar vollkommen recht "Im öffentlichen Dienst sind "religiöse" Symbole fehl am Platz."

         

        Das dann wieder das Standardargument "Machtgehabe und Rassismus!!" kommt, ist eigentlich schon fast klar. Rassismus ist hier in der taz auch eines der meist geschriebenen Wörter. Hat das eigentlich damit zu tun, dass die überwiegende Mehrheit der taz Leser jugendliche Schüler sind?

  • Unglaublich was in Brandenburg immer vor geht! Die RECHTE DDR hat wikrlich ganze Arbeit geleistet!

     

    Die meißten Bürger der ehmaligen DDR sind weit am Rechten Rand verortet! Autoritär sowieso. Und aus diesem autoritären Charakter sind einst die Nazis gekrochen.

     

    Ich schäme mich als Brandenburgerin für solch ein Verhalten auch noch einer SPD Bürgermeisterin.

     

    Wegen einem Kopftuch einem Menschen eine Chanche auf Beschäftigung und Integration zu verweigern ist zutiefst verachtenswert!

     

    Der Staat soll endlich für eine klare Linie sorgen! Religion ist Privatsache. Und zwar für ALLE! Trennt endlich Kirche vom Staat. Mich kotzt der Christliche Chauvinismus der Deutschen nur noch an. Da die christliche Kirche der größte Lobbyist ist. Und der Steuerzahler deswegen immens zur Kasse gebeten wird. Wärend Muslime ständig drangsaliert werden!

     

    Will der Staat einen Brügerkrieg provozieren?!

  • Die Frau besucht also ein Projekt mit dem Titel "Perspektiven für Flüchtlinge" - jetzt kennt sie ihre Perspektiven. Wer eigentlich auch Mitarbeiter gekündigt, die ein Kreuz tragen?

    • @FraMa:

      Selbstverständlich, wenn es von einer MitarbeiterIn deutlich sichtbar über der Kleidung getragen wird.

      In der Regel handelt es sich dabei jedoch um kleine Schmuckstücke, die schlicht und ergreifend nicht so auffällig sind wie ein Kopftuch.

      Steht im Artikel aber auch drin:

      Zitat:

      "Auch Kreuze in Amtsstuben seien verboten."

       

      Kurz:

      Lesen hilft - auch beim kommentieren.

      • @Jens Frisch:

        Mit "Kreuzen in Amtsstuben" sind Wandkreuze gemeint, wie sie in manchen Städten üblich sind. Verstehen hilft - auch beim kommentieren.

  • Merle Groneweg , Autor*in ,
  • An sich ist es ja durchaus richtig, dass auf dem Amt Neutralität herrscht. Deswegen sind Kreuze für die Amtsstube auch tabu, es sind schließlich Stuben der staatlichen Einrichtung. Weiterhin wäre es vielleicht auch noch geboten, dass Personen in Ausübung staatlicher Hoheitsaufgaben neutrale Kleidung tragen. Zu denken wäre hier z. B. an Uniformen der Exekutive oder Roben der Judikative. Aber warum das für eine 6-Wochen-Praktikantin gelten soll erschließt sich mir absolut nicht. Auch für die meisten Aufgaben in der Verwaltung, wo man Dienst nach Vorschrift macht, ist kein Bedarf für neutrales Äußeres. Mal abgesehen davon, dass "neutrales Äußeres" ganz klar ein Bekenntnis zur Mehrheitskultur ist. Die Bürgermeisterin soll mal versuchen, in Saudi-Arabien in Ihrer "neutralen Kleidung" einen Job zu bekommen. Nur schreiben wir uns ja auf die Fahnen viel besser als Saudi-Arabien zu sein, so von wegen demokratischer Freiheiten und so.

    • @LeSti:

      Herrscht da Neutralität? Ist nicht die Amtsstube selbst Ausdruck einer Weltanschauung?

  • Respekt vor dem CDU-MdL Petke, der auf die geltende Rechtslage hinweist, während die SPD-Dorfschulzin offenbar unterm Stammtisch herumrutschen will.

  • Es geht nur um ein Kopftuch!!!

     

    Hier ein wenig Hintergrundinfos zur Bürgermeisterin aus Luckenwalde:

    http://www.maz-online.de/Lokales/Teltow-Flaeming/Silberhochzeit-mit-dem-Rathaus

     

    (Nur für die, die es interessiert.)

    • @Hanne:

      "Willst Du Gott zum Lachen bringen, dann erzähl’ ihm von Deinen Plänen.“

       

      Zitat aus dem Interview mit der besagten Bürgermeisterin; arg weltanschaulich neutral klingt das auch nicht.

       

      Man kann nur hoffen, dass die betroffene Praktikantin gegen diese Entscheidung Klage beim zuständigen Gericht einreicht.

  • Nonnen gehören also dann auch bestraft oder wie sehe ich das?

    Echt Widerlich und das im 21ten Jahrhundert, Deutschland zeigt mal wieder wie gut wir unsere Geschichte kennen :(

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @Tino Trivino:

      Naja, eine Nonne wird kein Praktikum im Rathaus ableisten wollen.

      • @80576 (Profil gelöscht):

        Und wenn, dann in Zivil. Nonnen dürfen nämlich in Zivil gehen; die meisten von ihnen tragen nicht durchgängig ihre Nonnentracht.

      • @80576 (Profil gelöscht):

        Mein Kommentar galt eigentlich dem Artikel vom Birkini verbot lol.. sorry

  • Absurde Fälle wie dieser zeigen wie lächerlich der Versuch eines gesetzlichen Verbotes von Kleidung ist. Der Nutzer ENAM stellt die richtigen Fragen. Mal angenommen das Tragen eine Burka wäre gesetzlich verboten: Würden Männer ebenfalls eine Strafe erhalten wenn Sie eine tragen würden? Oder ist das Verschleiern an sich verboten? Dann gehören ja zum Beispiel auch Kinder die sich zu Halloween verkleiden bestraft. Jeder Versuch dieses Thema per Gesetz zu regeln würde die Gesetzgebung an sich einfach nur lächerlich machen und Menschen ungleich behandeln. Von der grausame Vorstellung einer polizeilichen Durchsetzung dieser Gesetzgebung ganz zu schweigen. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass Vollverschleierung als gesellschaftliches Machtinstrument von Männern über Frauen benutzt wird, jedoch muss dieses Thema gesellschaftlich und nicht gesetzlich angegangen werden. Fälle wie die der Bürgermeisterin von Luckenwalde zeigen jedoch wie sehr unsere Gesellschaft noch an sich arbeiten muss.

  • Ich hoffe mal, die werte Frau Bürgermeisterin hat keine SPD-Kugelschreiber rumliegen...

  • Wie sieht den ein "Islamisches Kopftuch" aus im Gegensatz zu dem meiner Oma oder dem der Russischen Nachbarin?

     

    Und hätte sie ein Kreuz als Tatoo oder Halskette tragen dürfen?

    • @Enam:

      Das Kopftuch der Oma wurde getragen, weil die Oma sich die Haare nicht jeden Tag unter der Dusche waschen konnte, denn die Oma hat wohl in der Küche ohne Dunstabzugshaube gestanden oder Arbeiten im Freien oder im Kälberstall verrichtet. Das Kopftuch der Oma hatte einen praktischen Zweck. das Kopftuch oder der Nikab der Musliminnen ist wohl eher ein Symbol, denn ich gehe nicht davon aus, dass verschleierte Frauen - Musliminnen - heute alle auf dem Bauernhof arbeiten oder wie zur Zeit der Oma - keine Dusche zur Verfügung haben.

      Das ist der Unterschied.

    • @Enam:

      Ja, ein Kreuz als Kette dürfen Sie im Amt tragen.

       

      Ich hatte selber mal eine Kette getragen. Natrülich vorher gefragt, ob das den Richtlinien im Amt entspricht.