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Streit in Irland über CoronahilfeMehr Geld als das normale Gehalt

Wer in Irland wegen Corona seine Arbeit verloren hat, bekommt vom Staat wöchentlich 350 Euro. Geringverdiener wollen deshalb nicht zu ihrem Job zurück.

Baustelle Irland: Nach Corona steigt die Arbeitslosigkeit auf 30 Prozent Foto: Artur Widak/Zuma/imago images

Fanore taz | Seán MacNamara hat schlechte Laune. Der Bauunternehmer darf in Irland zwar wieder bauen, aber ihm fehlen die Hilfsarbeiter. „Die Regierung zahlt denjenigen, die wegen der Coronakrise vorübergehend die Arbeit verloren haben, 350 Euro pro Woche“, sagt er. „Wer vorher keine 300 Euro verdient hat, will jetzt natürlich nicht an den Arbeitsplatz zurückkehren.“

Das Hilfsprogramm sei ein negativer Anreiz, findet er. 600.000 Menschen sind teilnahmeberechtigt, 38 Prozent davon – also 228.000 Menschen – haben vor der Coronakrise weniger als 300 Euro verdient. Das Programm läuft bis Ende Juni, soll aber verlängert werden. Finanzminister Paschal Donohoe fragt allerdings: „Wie soll man den Langzeitarbeitslosen erklären, warum sie so viel weniger Unterstützung bekommen?“ Wer schon vor der Krise arbeitslos war, bekommt nur 203 Euro pro Woche.

Das Haushaltsdefizit ist im April auf 7,5 Milliarden Euro angestiegen. Das ist mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Experten schätzen, dass es bis Jahresende auf über 23 Milliarden steigen werde. Das Parlament sollte eigentlich Anfang des Jahres über das Budget abstimmen, aber wegen der Wahlen im Februar wurde das verschoben. Rund vier Monate später aber hat Irland wegen komplizierter Koalitionsverhandlungen immer noch keine Regierung. Die alte Regierung, die die Geschäfte vorerst weiterführt, darf nur vier Fünftel des Geldes ausgeben, das 2019 zur Verfügung stand.

Die Arbeitslosenquote ist inzwischen auf fast 30 Prozent gestiegen – nahezu eine Million Menschen haben keinen Job mehr. Für junge Leute zwischen 15 und 24 Jahren sieht es noch schlechter aus: 53 Prozent haben zurzeit keine Arbeit. Das irische Bruttoinlandsprodukt wird, so schätzen Experten, um 12 Prozent schrumpfen.

Tourismus, Gaststätten, Einzelhandel besonders betroffen

Die Bereiche Tourismus, Gaststättengewerbe und Einzelhandel, in denen vorwiegend junge Leute arbeiten, sind besonders betroffen. Die Einschränkungen in diesen Bereichen werden erst ab diesem Montag Stück für Stück über die kommenden Wochen aufgehoben, und auch dann sollen Abstandsregeln weiter gelten. Ebenso wird sich das Konsumentenverhalten nicht schlagartig normalisieren.

MacNamara sieht seine Branche dennoch nicht im Vorteil. „Tausendeinhundert Bauprojekte im Wert von 17,9 Milliarden Pfund sind wegen der Coronakrise auf Eis gelegt worden“, sagt er. „Obwohl wir jetzt wieder bauen dürfen, läuft das vorerst auf Sparflamme. Auf Baustellen, auf denen vorher Hundert Menschen beschäftigt waren, dürfen wegen der Abstandsregel nur 20 Leute arbeiten. Es ist noch ein weiter Weg.“

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