Streit im NSA-Untersuchungsausschuss: Opposition will, dass Snowden kommt

Grüne und Linke halten am Antrag auf Vernehmung des Ex-CIA-Mitarbeiters in Berlin fest. Glenn Greenwald sei viel interessanter, findet Ausschussvorsitzender Sensburg.

Die einen wollen höchstens eine Videoschalte mit Snowden, andere würden ihm gerne gleich Asyl geben Bild: dpa

BERLIN afp | Die Linkspartei und die Grünen wollen am Donnerstag im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags einen Antrag auf Vernehmung des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden in Berlin einbringen - ungeachtet der ablehnenden Haltung dazu im jüngsten Regierungsgutachten. Der Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) warf Grünen und Linken vor, das transatlantische Verhältnis auf die Spähaffäre reduzieren zu wollen. „Dennoch werden wir immer weiter darauf hinweisen, dass Abhören von Freunden nicht geht“, sagte er der Passauer Neuen Presse.

Die Obfrau der Linksfraktion im NSA-Ausschuss, Martina Renner, sagte der Online-Ausgabe der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung, der Antrag werde zur Abstimmung gestellt. „Und wenn die Koalition dann nicht zustimmt, werden wir ihn allein beschließen“, fügte sie hinzu. Im Gutachten der Bundesregierung werde das Staatswohl „höher bewertet als der Grundrechtsschutz“. Das Staatswohl habe aber keinen Verfassungsrang, sagte Renner. Sie kritisierte außerdem, dass Abgeordnete sich dem Gutachten zufolge strafbar machen könnten, wenn sie mit Snowden sprächen. Eine solche Feststellung sei „abwegig und bizarr“.

Nach einer dem Regierungsgutachten beigefügten Expertise von US-Anwälten könnte den Ausschussmitgliedern Strafverfolgung drohen, wenn sie Snowden vernehmen. Es sei in den USA strafbar, wenn Snowden veranlasst werde, geheime Informationen preiszugeben, heißt es darin. Ob Snowden in Deutschland, Russland oder woanders vernommen wird, spielt aus Sicht der US-Juristen dabei keine Rolle. Die US-Justiz sucht den ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter mit einem internationalen Haftbefehl.

Ströbele droht mit Karlsruhe

Snowden hält sich derzeit an einem geheimen Ort in Russland auf. Moskau hatte ihn im vergangenen Sommer unter der Bedingung aufgenommen, dass er den USA von russischem Territorium aus mit weiteren Enthüllungen keinen Schaden zufügt. Linke und Grüne pochen deshalb weiter auf Snowdens Befragung in Deutschland. Komme die Bundesregierung ihrer Verpflichtung nicht nach, den Zeugen zur Verfügung zu stellen, bleibe der Gang vor das Bundesverfassungsgericht, sagte der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele am Freitag.

Der SPD-Ausschussobmann Christian Flisek sagte, er halte eine Befragung Snowdens vor dem Ausschuss in Berlin nach wie vor für rechtlich möglich. Dagegen äußerte der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg (CDU) Verständnis für die Haltung der Bundesregierung. Er könne nachvollziehen, dass sie Snowden nicht einreisen lassen wolle, sagte er der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Sensburg sprach sich wie Kauder für eine Vernehmung per Videokonferenz aus.

Patrick Sensburg hält den US-Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald möglicherweise für einen interessanteren Zeugen als den früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden. Greenwald habe als erster mit Snowden Kontakt gehabt und verfüge über die gesamten Dokumente im Umfang von 1,7 Millionen Datensätze der NSA, sagte Sensburg am Samstag im Deutschlandfunk. Wenn sich alle Fraktionen im Ausschuss darauf verständigen könnten, Greenwald als Zeugen einzuladen und dies dann auch gelänge, „wäre das doch ein großer Wurf“, sagte Sensburg.

Kritik an Vorveröffentlichung von Gutachten

Der Untersuchungsausschuss des Bundestags befasst sich mit den Spionageaktivitäten der USA und Großbritanniens. Das achtköpfige Gremium soll auch die Rolle der Bundesregierung in der Spähaffäre beleuchten, in deren Mittelpunkt der US-Geheimdienst NSA steht. Die Fraktionen kritisierten, dass das Regierungsgutachten bereits am Mittwoch an die Öffentlichkeit gelangt war, kurz vor der Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in die USA.

Dem Ausschuss lag das Gutachten erst am Freitag vor. Darin heißt es, eine Einladung Snowdens nach Berlin würde die außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik erheblich gefährden. Nicht zuletzt, weil „Snowden in den USA wegen Spionage und Diebstahls von Staatsgeheimnissen angeklagt ist, wäre im Falle einer Gewährung der Aufenthaltszusage sehr wahrscheinlich mit schweren und dauerhaften Belastungen des Verhältnisses zu den Vereinigten Staaten von Amerika zu rechnen“.

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