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Streit der WocheÖkos bremsen Elektroautos aus

Die Automobilausstellung in Frankfurt am Main will den Elektroboom feiern. Gut, meint der Umweltminister. Noch lange kein Heilsweg, warnen die Umweltverbände.

Einen Benzinschlauch braucht dieses Auto nicht mehr - die Energie kommt durch ein Elektrokabel. Bild: ap

BERLIN taz | Kurz vor der Internationalen Automobilaustellung warnen Umweltschützer vor einer Überschätzung von Elektroautos. "Es besteht die Gefahr, dass das Elektroauto ein Atom- und Kohleauto wird - damit wäre nichts gewonnen", schreibt Richard Mergner, verkehrspolitischer Sprecher beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) im Streit der Woche der sonntaz. Der erste Schritt zur Verkehrspolitik der Zukunft sei Verkehrsvermeidung. Karsten Hübener, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs schreibt, Probleme des Individualverkehrs wie verstopfte Innenstädte ließen sich nicht lösen, wenn man mit Strom statt mit Benzin fahre.

Die Internationale Automobilausstellung, die am 15. September in Frankfurt am Main beginnt, macht in diesem Jahr Elektrofahrzeuge zum Schwerpunkt. Mehrere Hersteller stellen neue Modelle vor, die teilweise im kommenden Jahr an den Start gehen sollen. "Elektrofahrzeuge dürften nicht die Zweit- und Drittautos in den Städten werden, sondern müssten heutige ineffiziente Pkws ersetzen", schreibt Richard Mergner vom BUND. "Dieses Denken ist in der momentanen Debatte noch nicht zu erkennen."

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel sieht dagegen in Elektroautos die Zukunft - vor allem die der deutschen Autohersteller. In den abgasbelasteten Großstädten Asiens liege ein wichtiger Markt. "Daher ist der Einstieg der deutschen und europäischen Autoindustrie in Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Elektrofahrzeugen eine große Chance zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit", schreibt Gabriel im Streit der Woche. Den Durchbruch in Deutschland erwartet Gabriel für 2013. "Ich setze mich für ein Marktanreizprogramm für 100.000 Elektroautos ein", schreibt er.

Bild: taz

Den ganzen Streit der Woche lesen Sie in der aktuellen sonntaz - am 12./13. September am Kiosk.

Dem Einwand, Elektroautos brächten weniger Fahrspaß, setzt Rallye-Fahrerin Jutta Kleinschmidt eigene Erfahrungen entgegen: "Ich bin schon einmal einen Elektrosportwagen von Venturi probegefahren", schreibt die Motorsportlerin in der sonntaz. "Der geht ganz schön ab." Ihr Traum sei es die Rallye Dakar mit einem Elektroauto zu fahren. "Wenn ein Hersteller mir das anbieten würde, wäre ich sofort dabei", schreibt Kleinschmidt. Die ehemalige Rallyefahrerin und Autohausbesitzerin Heidi Hetzer sieht allerdings ein Problem in den fehlenden Motorgeräuschen. "Man überfährt ja die Leute, weil das so still ist", sagte sie taz.de.

Neben Mergner, Hübener, Gabriel und Kleinschmidt schreiben im Streit der Woche der Wissenschaftler Juri Horst, Richard Waitz vom norwegischen Elektroautobauer Th!nk und Axel Dörken, der seinen Beitrag auf taz.de gestellt hat. Bernd Kalbermatten aus dem Schweizer Ort Saas-Fee erklärt, wie es sich lebt, wenn nur Elektrofahrzeuge auf die Straße dürfen.

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9 Kommentare

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  • AD
    Axel Dörken

    Interessant.

     

    Als die Dampflok eingeführt werden sollte, forderten seriöse Wissenschaftler, dass sie hinter einem hohen Zaun versteckt werden müsse, weil der Zuschauer, beim Anblick der "da hin rasenden Lok" (diese "Geschwind"igkeit belief sich auf nicht einmal 30km/h) wahnsinnig werden würden...

     

    Und Heute hat der Mensch angst, dass andere ihn nicht hören, wenn er mit einem leisen Auto fährt und noch andere empfehlen, wie wir den Lärmpegel aufrechterhalten können.

     

    Wie wäre es damit:

    durch den geringeren Umweltlärm lernt der Mensch achtsamer zuzuhören, so dass Geräusche, die ihm heute noch leise vorkommen, dann normal oder gar laut vorkommen.

     

    Ich weise in diesem Zusammenhang nur auf den nächtlich tropfenden Wasserhahn oder die leise tickende, doch den Schlaflosen als laut störend vorkommende Uhr hin.

     

    Die Lösung Elektroauto wird dann eine sein, wenn wir den Betrieb durch Rohstoffe ermöglichen, die nachwachsen.

     

    Gestern sagte mir jemand, dass die neue Generation der Autobatterien mit Joghurt betrieben wird. Die Batterie wiegt schon heute dadurch nur 2kg. Doch ist es eine Lösung, Tiere zu halten, die Nahrung brauchen, damit wir weiter „ökoprollen“ können?

     

    Liebe Grüße

    Axel Dörken

  • S
    Sher

    "Man überfährt ja die Leute, weil das so still ist"

     

    Das Problem kann man einfach lösen, einfach Lautsprecher nach außen hin einbauen und Motorengeräusch abspielen.

  • AH
    Andreas H.

    "Ökos bremsen Elektroautos aus". Immer nur meckern! Da lassen sich findige Tüftler und Techniker was einfallen und schon leuten bei den "Ökos" die Alarmglocken.

     

    Soll wir alle etwa unseren Lebensstil ändern und wie die Amish in den USA unser Leben führen?

  • K
    Kai

    Wieso das Bild mit dem Kabel?

    Wer lädt denn schon ewig lange bei der Tankstelle seinen Akku auf!? Der Akku muss gegen einen vorher aufgeladenen ausgetauscht werden mit der Technik von Better Place.

    http://www.elektroauto-nachrichten.de/elektroauto-akkus/better-place-entwickelt-elektroauto-tankstelle/

     

    http://www.focus.de/auto/news/pkw-neuartige-elektroauto-tankstelle-vorgestellt_aid_399096.html

  • A
    autoR

    Dumm nur, dass die deutschen Hersteller erst jetzt aufwachen und verpennt haben, sich die notwendigen Rohstoffe zu sichern.

    Zum Beispiel das für die Hocheffizienzbatterien nötige Lanthan oder das Neodym für die Permanentmagneten der Motoren.

    Hier war China mal wieder schneller, das 90% der Weltversorgung der Seltenen Erden beherrscht und kürzlich deren Export verboten hat. Man darf also raten aus welchem Land die Elektromobile in Zukunft kommen werden.

     

    Dass Stromautos jetzt auf der IAA zu sehen sind heißt also noch lange nicht, dass sie auch hierzulande gebaut werden.

  • N
    Nils

    Gegen Elektroautos, weil die weniger "Fahrspaß" bringen? Was hat denn Autofahren auf unseren überfüllten Straßen und Autobahnen mit "Fahrspaß" zu tun? Die Fahrt morgens zur Arbeit oder Sonntags zur Omi als "Kick"? Das Rasen und Durchdrängeln als "Selbstverwirklichung" des mobilen Individuums?

     

    Noch dazu: Schlimm, dass es Leute gibt, die auf ökologische und Sicherheitsaspekte pfeifen, weil sie ihren "Fahrspaß" haben wollen und sich daher wie Wildsäue im Straßenverkehr benehmen. Leute gibt's... die sollen auf die Kartbahn gehen, wenn sie "Fahrspaß" wollen, und nicht acht bis fünfzehn Liter Benzin pro 100km verbrennen und damit die Umwelt belasten und dabei andere Verkehrsteilnehmer gefährden.

  • K
    Karl

    Machemal frage ich mich ob es in der Debatte um Autos wirklich um Umweltschutz geht.

     

    Selbst wenn die Autos keine Energie verbrauchen würden dann würde sofort mit "kein Platz in den Städten" oder "gefährlich, zu viele Unfalltote" argumentiert.

     

    Es ist und bleibt eine Neiddebatte

  • V
    vic

    Es ist korrekt. E-Cars als Drittwagen sind nicht das Ziel. Die müssen herkömmliche Fahrzeuge ersetzen. Und so lange Elektro-Tankstellen nicht ausschließlich Ökostrom abgeben, ist das ganze Projekt absolut sinnlos.

  • D
    Doc

    Das große Mankon bei Elektrofahrzeugen ist und bleibt leider, neben den horrenden Preisen, die fehlende Langstreckentauglichkeit. Und gerade diese Kombination stört den Umweltgedanken massiv, denn damit kommt es eigentlich nur als a) Zweit- bzw. Stadtwagen für b) Menschen, die sich auch so einen sparsamen (Zweit-) Wagen leisten könnten in Frage.

    Die wirklichen Spritfresser sind entweder Spaßautos, von denen sich die Besitzer nicht trennen werden, weil sie es sich leisten können oder es sind alte Autos, deren Besitzer sich kein sparsames und erst recht kein Elektroauto werden erlauben können.