Streit der Woche: Die Inflationsgefahr
Trotz Eurokrise kauft die Europäische Zentralbank weiter Staatsanleihen. FDP-Finanzexperte Schäffler befürchtet eine Hyperinflation, Sahra Wagenknecht will eine neue Euro-Bank.
BERLIN taz | Sahra Wagenknecht - stellvertretende Fraktionsvorsitzende Die Linke - glaubt, durch eine richtige Politik die Geldentwertung des Euros aufhalten zu können. In einem Beitrag für den "Streit der Woche" der sonntaz plädiert sie dafür, den Rettungsschirm EFSF: The European Financial Stability Facility als eigene Bank zu lizenzieren, die den Staaten zinsgünstige Kredite zur Finanzierung ihrer Neuverschuldung gewährt.
Sollte dies nicht geschehen, warnt Wagenknecht vor dem Ende der Europäischen Währungsgemeinschaft: "Die Staaten müssen vom Terror der Ratingagenturen und Investmentbanker befreit werden. Sonst wird die Eurozone auseinanderbrechen."
Auch Dorothea Schäfer, Forschungsdirektorin für Finanzmärkte beim Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Berlin, ist der Meinung, die Inflation vermeiden zu können. Anders als Frau Wagenknecht sieht sie die primäre Aufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB) jedoch darin, den Kreditkreislauf der Banken zu gewährleisten.
Alle Gastbeiträge im Streit der Woche und viele weitere interessante Artikel lesen Sie in der aktuellen sonntaz vom 26./27. November 2011. Am Kiosk, eKiosk oder im Briefkasten via www.taz.de/we. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.
Schäfer sagt: "Die Politiker sollten sich aber davor hüten, die EZB zum 'lender of last resort' für Staaten zu machen, ob nun direkt oder indirekt über eine Banklizenz des EFSF. Die Europäische Zentralbank ist der Kreditgeber der letzten Instanz für Banken, das ist ihre ureigenste Aufgabe, und das sollte sie auch bleiben."
Frank Schäffler, Bundestagsabgeordneter und Finanzexperte der FDP, sieht dagegen im Ankauf von Staatsanleihen der EZB den ersten Schritt hin zu einer Hyperinflation. Er ist davon überzeugt, dass "uns eine Inflation neuer Qualität bevorsteht."
Ganz ähnlich sieht dies Hans-Olaf Henkel, ehemaliger Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Er rechnet vor, dass jeder Bürger bereits mit 25 000 Euro verschuldet ist. Henkel glaubt – da sich harte Euros viel leichter mit weichen Euros zurückzahlen lassen -, dass "aus der Währungsunion über den Umweg einer Transferunion eine Inflationsunion wird."
Lars Labryga, Vorstand der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, schreibt: "Es gibt viele gute Gründe, die Inflation zu fürchten." Seiner Ansicht nach droht den Kleinanlegern eine Vernichtung des Wertes ihrer Ersparnisse durch die Hintertür der Inflation. Und Werner Schneyder, österreichischer Schriftsteller und Kabarettist, fordert provokativ, dass sich niemand vor einer Inflation fürchten muss, "denn niemand zwingt uns, uns zu fürchten."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana