Streamingtipps für Berlin: Im Zeichen der Ziegel
Backstein ist nicht gleich Backstein: Dokus von Volker Koepp und Harun Farocki zeigen Ziegelsteine als alte Kulturtechnik und Grund zum Arbeitskampf.

Szene aus „Märkische Ziegel“ (Regie: Volker Koepp, Dokumentarfilm, 34 Min., DDR, 1989) Foto: Thomas Plenert; © DEFA Stiftung
Als ich vor einigen Jahren einmal den Dokumentarfilmregisseur Volker Koepp zu einem Interview traf, kam das Gespräch irgendwie auf Backsteine. Mit seinem damals aktuellen Film hatte das überhaupt nichts zu tun – wir stellten einfach ein gemeinsames Interesse an dieser jahrhundertealten Kulturtechnik des Formen und Brennens von Ziegeln fest. Koepp erzählte mir, dass er eine ganze Sammlung an Backsteinen besäße – leider habe ich sie nicht zu sehen bekommen. Denn merke: Backstein ist nicht gleich Backstein! Es gibt unzählige verschiedene Maße für verschiedene Verwendungszwecke und ebenso viele Möglichkeiten, sie in sogenannten Verbänden zu mauern.
Unsere Region ist ja vollständig von Ziegelbauten geprägt: von den Kirchen und Klöstern des Mittelalters bis zu großen Industriebauten und dem Wohnungsbau (etwa in der damaligen Stalinallee) im 20. Jahrhundert. In Brandenburg gab es nahe Zehdenick reiche Tonvorkommen, so entstand dort Ende des 19. Jahrhunderts eine Industrie für jenen Baustoff, mit dem das moderne Berlin de facto errichtet wurde.
Koepp hat mit „Märkische Ziegel“ (1989) einen Dokumentarfilm für die DEFA über das Thema gedreht, in dem es allerdings nicht so sehr um Geschichte und Tradition geht, sondern eher um die Arbeitsbedingungen und die Hoffnungen und Wünsche der Arbeiterinnen und Arbeiter in der Zeit kurz vor der Wende, die der Regisseur in seiner unaufdringlich sympathisierenden Weise mit der Kamera einfängt. Das fanden die DDR-Zensoren damals nicht besonders lustig und legten den Film erst mal auf Eis („Märkische Ziegel“ ist als Teil der „Märkischen Trilogie“ von Volker Koepp als DVD erhältlich, erschienen bei Salzgeber, Stream der gesamten Trilogie über Salzgeber Club)
Ziegel international
International ausgeweitet hat der Berliner Dokumentarist Harun Farocki das Thema Ziegel in seinem Film „Zum Vergleich“ (2009), in dem er einen unkommentierten Blick auf verschiedene Ziegelproduktionsstätten in aller Welt quer durch die Kulturen wirft: von der Handarbeit bis zur computergesteuerten Produktion.
Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.
Auf Arsenal 3, der Streamingseite des Arsenal Kinos, ist Farockis Film diesen Monat gemeinsam mit „Chircales“ zu sehen, einem Dokumentarfilm von Marta Rodríguez und Jorge Silvas, die 1971 am Beispiel einer Familie, die im kolumbianischen Bogotá für extrem wenig Entlohnung Ziegel fertigt, die Ausbeutung und Entrechtung von Lohnarbeiter*innen anprangerten.
Alles aus im Fertighaus
Auch Buster Keaton baut: allerdings ohne Backsteine (bis auf den – allerdings gemalt wirkenden – Schornstein), sondern mit Holz nach dem Baukastenprinzip. In „One Week“ („Flitterwochen im Fertighaus“, 1920) wollen Buster und seine frisch Angetraute ein Fertighaus zusammenbauen – doch leider hat ein enttäuschter Rivale die Nummerierung der verschiedenen Einzelteile geändert. Das Haus hat schließlich das Aussehen eines kubistischen Gemäldes – und ist in etwa genauso funktional. Ein Wirbelsturm und eine Eisenbahn spielen auch mit und entfalten vorhersehbare Wirkungen. Ein sehr lustiger Warnfilm für alle angehenden Bauherren und –damen (Stream bei youtube).
Leser*innenkommentare
Ringelnatz1
Interessant.
Zwei Arbeiter aus dem Volkseigenem Betrieb Zedenick(Märkische Ziegel) im Gespräch.
Diese Szene(Frühjahr 1988 gedreht) durfte nicht im Film bleiben.
www.youtube.com/watch?v=mbqBlU0amKo
Im Video andert halb Jahr später die selben Jungs.
Dokfilm ist eben Dokfilm!
Lowandorder
@Ringelnatz1 Klar. “Steige hoch - du roter Adler.“
unterm—— wg - wa!
Zensurverscheißern verweise ich als Faksimile-Besitzer - den Ziegelbrenner -
de.wikipedia.org/wiki/Der_Ziegelbrenner
& wg Stalinallee - Wolfgang Neuss - kerr
Wolfgang Neuss - Onkel Paul schreibt vom Schwarzen Meer -
www.youtube.com/watch?v=1z-kGWrEhGE
“ Onkel Paul schreibt vom Urlaub aus Varna vom schwarzen Meer
Als Westla is man hia Kaisa.
Die Urlauba aus Polen,
Tschechen und so haben einen unvaschämten Reschpekt
Vor der D-Mark, wie se bei uns als Zahlungsmittel gäbe is.
Ick wohne in ein wundafeines Marmorhotel und schaue morgens
Auf den Campingplatz am Strand, wo die aus der Szone ßelten
Ick brauche bloß mal ein Fuffzichfennichstück ausm
Fensta zu werfen in den Sand - hei, ist das ein Balgerei!
Quasi hab ick drei Diena:
Einer aus Chemnitz trägt mir das Handtuch zum Meer,
Einer aus Parchim trocknet mir ab - und gestern hat mir
Sogar ein Funkzjonär aus Frankfurt Oder eine Strandburg geschippt.
Die hab ich aber gleich wieda
Eingerissen, denn das war so realistische Stuckatur.
Der hat so gebaut wie - na, wie heißt denn der Nachfolger von Stalin?
Frankfurter!
Richtig, wie in der Frankfurta Allee hat der da gebaut
Auf jeden Fall: nie wieda in den Harz.
Hier putznse Schuhe, schleppen das Essen und lachen dich an.
Ick weeß, die wolln bloß unsa Geld - aber trotzdem!
Es ist beinah so schön wie damals,
Neuznhudertvirzich in Paris - nur eben slawischer
Morgn will ick mir ma probehalber etwas
Kubanischen Zucka in den Hintern blasen lassen!
Warum denn nicht - wemma sichs leisten kann!
Gestern hat sich Helga manikürn lassen - aba an die Füße!
Von zwei Kunststudenten aus Leipzich.
Sie sieht jetzt den Osten mit ganz andern Augen!
Entschuldicht bitte die Maschinenschrift - aba die Kulis aus der
Zone holn mir grade n Pfund Kaviar
Aus Odessa - des is hier um die Ecke!
Herrlich, herrlich!
So stellick mir die Wiedavaeinjung vor - das ganze
Dann anner Ostsee, mit deutschem Grüßgott eua Onkel Paul
Ringelnatz1
@Lowandorder Ich bin wieder mal begeistert.
Traurig-ostalgisch schlepp ick mir alleine durchs Forum. Depri!
Peng!
Wolfgang Neus.
Fand ich immer schon gut.
....und inszenierten sogleich als Mitternachtsshow eine Parodie auf das Musical namens Schieß mich Tell...
.... Helene Weigel schenkte ihm ein lebenslanges Abonnement für das Berliner Ensemble...
Klaro Alter!
Da ja noch Hallegene im Desoxyribonukleinsäure Strang Hoffnung geben schließe ich mich d. Meinung über Helga an
..Sie sieht jetzt den Osten mit ganz andern Augen!...
Willi Müller alias Jupp Schmitz
@Ringelnatz1 Hab den Artikel nicht gelesen, Ostern ist vorbei,
Lass die Ohren nicht hängen