Strategie gegen ausländische Übernahmen: EU will Ausverkauf verhindern
Die EU-Kommission will die virusgeschwächte Wirtschaft Europas vor Übernahmen aus dem Ausland schützen – und blickt vor allem nach China.
Es gehe darum, einen „Ausverkauf“ der durch die Coronakrise geschwächten Wirtschaft zu verhindern, sagte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Mittwoch in Brüssel. Der europäische Markt sei offen und weltweit vernetzt, so Vestager. „Damit dies unsere Stärke bleibt, müssen wir wachsam sein.“ An dieser Wachsamkeit hat es angeblich bisher gefehlt – vor allem gegenüber dem expandierenden China. Tatsächlich sind chinesische Konzerne immer öfter auf „Shoppingtour“ in Europa. Allein 2019 flossen für Übernahmen und Firmenbeteiligungen mehr als 10 Milliarden Euro von China nach Deutschland. Aus der Coronakrise ist bisher jedoch noch kein Fall einer feindlichen Übernahme bekannt. Da europäische Firmen durch die Krise geschwächt sind, könne sich dies aber schon bald ändern, fürchtet man in Brüssel. Die EU-Kommission legte daher ein Weißbuch vor, das eine Debatte anstoßen und EU-Gesetze vorbereiten soll.
Nach den Plänen geht es vor allem darum, sich gegen staatlich subventionierte Konzerne aus dem Ausland zu schützen, denn diese verzerrten den Wettbewerb. Kritiker fürchten allerdings, dass die Regeln zur Abschottung genutzt werden könnten. Das „Ende der Naivität“ könne dann in einen neuen Protektionismus führen. Handelskommissar Phil Hogan wies die Bedenken zurück. Europa sei weiter „open for business“, müsse sich jedoch gegen unfaire Handelspraktiken wehren. Der Vorschlag solle den „Werkzeugkasten“ der EU erweitern und Europa eine „offene strategische Autonomie“ verschaffen. Entsprechende Gesetzesvorschläge sollen im Herbst folgen. Im Europaparlament stieß der Vorstoß auf Zustimmung. „Wir müssen verhindern, dass Drittstaaten die Coronakrise nutzen, um unsere strategischen Industrien und unser Know-how günstig aufzukaufen“, erklärte Daniel Caspary, der Chef der CDU-Gruppe im Parlament.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind