Straßenverkehr in Österreich: Aus für Nazi-Nummernschilder
Kennzeichen mit Abkürzungen wie „SS 18“ sind passé. Für rechtes Gedankengut sei in der Gesellschaft kein Platz, sagt der Verkehrsminister.
In Österreich können sich Fahrzeughalter gegen einen Aufpreis von 228,30 Euro ein Wunschkennzeichen bestellen. Manche fühlen sich eben besser, wenn sie ihren Flitzer „BABY 15“ nennen oder ihren 2CV als „ENTE 72“ ausweisen. Verboten waren bisher nur „lächerliche oder anstößige Kombinationen“.
Deren Interpretation war ebenso dem Gutdünken der Behörden überlassen, wie das Aussondern politisch belasteter Zahlen- und Buchstabenkombinationen. „SEXY 69“ ging ebenso durch, wie „MAUSI 22“ oder „CHEF 01“. „HEIL 18“ oder „NSDAP“ wurde von den Beamten gewöhnlich aussortiert.
Doch Nazis sind erfinderisch. Und nicht jedem Angestellten der Zulassungsbehörde sind die Zahlencodes geläufig. So steht 18 nach den Buchstaben des Alphabets für „Adolf Hitler“ und 88 für „Heil Hitler“. Ganz ungehemmt austoben konnten sich Selbstdarsteller schon bisher nicht. Denn an gewissen Kriterien führt kein Weg vorbei. So muss das Kennzeichen mit dem Kürzel der Landeshauptstadt oder des Bezirks beginnen. Frei wählbar ist der Rest, der aus drei bis sechs Zeichen bestehen muss. Am Beginn muss ein Buchstabe stehen, am Ende eine Ziffer.
Kein Platz für rechtes Gedankengut
Der neue Erlass, der auf einer im Juni beschlossenen Novelle des Kraftfahrgesetzes beruht, verbietet jetzt alle politisch fragwürdigen Chiffren. „Rechtes Gedankengut hat in unserer Gesellschaft keinen Platz. In der Frage gibt es keine vermeintlichen Kleinigkeiten. Deshalb war es mir ein persönliches Anliegen, dass wir einen Weg finden, um einschlägige Wunschkennzeichen-Codes zu verbieten“, bemerkte Minister Stöger dazu in einem Kommuniqué.
Damit die Beamten nicht rätseln müssen, gibt ihnen das Ministerium eine Liste an die Hand, die verbotete Kombinationen aufzählt. Ausgearbeitet wurde sie vom Mauthausen-Komitee-Österreich. Der nach dem größten KZ in Österreich benannte Verein setzt sich „gegen alle Arten von Faschismus, Rassismus, Neonazimus, Chauvinismus und Antisemitismus“ ein. Seine Mitglieder haben einen geschulten Blick für Nazi-Codes.
Die Liste soll auch regelmäßig aktualisiert werden. Sie beschränkt sich nicht nur auf Codes aus dem rechtsextremen Milieu, sondern enthält auch die Kürzel der islamistischen Terrormiliz „IS“ oder „ISIS“. Bereits vergebene Kennzeichen werden von dem Erlass nicht betroffen. Sie sind ab dem Austellungstag 15 Jahre gültig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts