piwik no script img

StrahlenRöntgen mit Risiko

Umweltminister Sigmar Gabriel warnt vor hoher Strahlendosis bei der Computertomografie. Zudem fordert er ein Solarium-Verbot für Kinder.

Bräune aus der Steckdose - nichts für Kinder, meint Gabriel. Bild: dpa

BERLIN taz In Deutschland wird zu viel geröntgt." Mit dieser Einschätzung stellte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) gestern den Jahresbericht 2006 des Bundesamtes für Strahlenschutz BfS vor. Nach Auswertung des Amtes wurden 2004 rund 135 Millionen radiologische Untersuchungen in Deutschland gemacht - statistisch gesehen 1,6 pro Einwohner. Gabriel benannte die Gefahr so: "Jedes Röntgen bringt den Geröntgten näher an seine Lebensstrahlendosis."

Mit Besorgnis registrieren die Strahlenschützer vor allem eine Zunahme der Computertomographie (CT). Gabriel: "Um nicht missverstanden zu werden: Gegen ärztlich indizierte Computertomographie ist nichts einzuwenden. Wir beobachten aber, dass vor allem im Wellness-Bereich CT zunehmend als Vorsorge nachgefragt wird." Gefährlich sei dies, weil die Computertomographie besonders hohe Strahlendosierungen erfordert. So seien zwar nur 6,9 Prozent aller Röntgenaufnahmen CT, auf diese entfallen aber 53,9 Prozent der medizinischen Strahlung. Gabriel: "Es gibt keinen signifikanten Nutzen dieser CT-Vorsorge." Ohne ärztliche Begleitung solle man die Finger davon lassen.

Einer der Schwerpunkte des Bundesamtes ist das "Deutsche Mobilfunk-Forschungsprogramm". Seit 2002 wird auch die gesundheitliche Relevanz von Handy-Strahlung untersucht. "Auch wenn einige Ergebnisse noch ausstehen: Bislang konnten wir keine Relevanz feststellen, wenn alle Abstands- und Grenzwerte eingehalten sind"; so BfS-Präsident Wolfram König. Das 17 Millionen teure Forschungsvorhaben könnte 2008 zum Abschluss gebracht werden.

Während es trotz der Ergebnisse eine engagierte Szene von Bürgerinitiativen gegen Handymasten gebe, werde eine Gefahr zu Unrecht weiterhin unterschätzt, so König: die UV-Strahlung. "Es gibt jedes Jahr 120.000 Hautkrebs-Neuerkrankungen in Deutschland, 3.000 davon enden tödlich", so der Amtspräsident. Besonders gefährdet sei die Altersgruppe der unter 18-Jährigen: "80 Prozent der Lebensdosis wird in dieser Zeit aufgenommen, was damit zusammenhängt, dass Kinder und Jugendlich viel im Freien sind." Die Haut aber merke sich so etwas.

Dringend sei deshalb ein Solarium-Verbot für Kinder und Jugendliche geboten. Wolfram König erklärte, zwar an der "Umsetzung des Verbots zu arbeiten". Möglich sei dies etwa über das Jugendschutzgesetz. Der BfS-Präsident räumte aber ein, dass sich das wegen der Widerstände der Hersteller schwierig gestaltet.

Bei der Vorstellung des neuen Strahlenschutzberichts ging es auch um ein Atommüll-Endlager. "Seit einem Jahr liegt jetzt dazu der Gesetzentwurf meines Ministeriums beim Kanzleramt und bei den Koalitionsfraktionen", erklärte Umweltminister Gabriel, aber es die Suche "sehr schwierig mit der Union". Den Salzstock Gorleben nannte Gabriel, "einen alten Gaul, von dem man nicht weiß, ob er es über die Ziellinie schafft". Deshalb sei es besser "zwei, drei neue Pferde ins Rennen zu schicken" - also Alternativstandorte zu suchen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!