Stopp für Goldmine in Anden: Urteil mit abschreckender Wirkung
Zwischen Chile und Argentinien soll eines der größten Goldvorkommen lagern. Doch eine Mine darf dort nicht gebaut werden, entschied ein Gericht.
Das Minenprojekt Pascua Lama liegt im Grenzgebiet von Chile und Argentinien in einer Höhe zwischen 4.000 bis 5.000 Metern. Es erstreckt sich zu 20 Prozent über die argentinische Westprovinz San Juan und zu 80 Prozent über die chilenische Atacama-Region. Nach Angaben von Barrick Gold sollen hier 17,8 Millionen Unzen Gold lagern und wäre damit eines der größten noch nicht ausgebeuteten Goldvorkommen der Welt. Nach langjährigem Gezerre, hatte das Unternehmen 2009 die Genehmigung für die Einrichtung der Mine begonnen.
„Das Ausmaß der Gefahr einer Gesundheitsschädigung der Menschen macht es erforderlich, das Bergbauprojekt Pascua Lama einzustellen, da auch andere Alternativen für einen sicheren Betrieb für die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung nicht realisierbar erscheinen“, heißt es in der Begründung des Umweltgerichts. Es bestätigte damit die von Chiles Umweltbehörde bereits 2018 verfügte Einstellung.
Die Behörde hatte der Minengesellschaft damals über 30 Verstöße gegen Umweltvorschriften, schwere Schäden an Gletschern sowie die Einleitung von säurehaltigem Abwässer in einen nahe gelegenen Fluss nachgewiesen. Dagegen hatte Barrick erfolgreich Einspruch erhoben.
„Vor dem sicheren Tod gerettet“
Mit großer Freude und noch mehr Erleichterung wurde die jetzige Entscheidung in den örtlichen Gemeinden aufgenommen. „20 Jahre mussten vergehen, drei Generationen waren betroffen, irreparabler Schaden ist entstanden“, heißt es in einer Erklärung in der ‚Versammlung für das Wasser des Guasco Alto‘ zusammengeschlossenen Gemeinden. „Unsere enorme Freude kommt daher, dass es uns im Moment gelungen ist, unser Territorium vor dem sicheren Tod zu retten, den das Projekt Pascua Lama bedeutet.“
„Das Urteil ist historisch und die bisher wichtigste Entscheidung der neuen Umweltrechtsprechung“, kommentierte Lucio Cuenca vom lateinamerikanischen Observatorium für Umweltkonflikte. Zweifellos sei es aber dem unermüdlichen Kampf der lokalen Gemeinden zu verdanken und werde mit Sicherheit andere Firmen mit ähnlichen Vorhaben abschrecken, so der chilenische Experte in Sachen Barrick Gold.
Dennoch hält sich seine Euphorie in Grenzen. „Die Schäden an Gletschern, Feuchtgebieten und dem gesamten Ökosystem sind irreparabel“, so Cuenca. Daran ändere auch die Geldstrafe von 7,6 Millionen Euro nichts, mit der auch Reparationsleistungen finanziert werden sollen.
Chiles wichtigster Devisenbringer
Die Bergbauindustrie ist Chiles wichtigster Devisenbringer. Das schmale Land entlang der Anden ist der weltweit größte Kupferproduzent, Kupfer ist mit Abstand das wichtigste Exportprodukt. Doch selbst Chiles Bergbauminister Baldo Prokurica zeigte sich einsichtig, dass sich der Bergbau an Umweltstandards anpassen muss. „Die Unternehmen, die dies nicht einhalten, werden ihre Projekte nicht mehr durchführen können“, sagte Prokurica am Tag nach der Urteilsverkündung.
Ganz anders die Reaktion seines argentinischer Amtskollegen Alberto Hensel. Für den Bergbaustaatssekretär auf der argentinischen Andenseite stehen dem kanadischen Unternehmen auch nach dem Urteil zwei Wege offen. Zum einen könne Barrick eine „Neuformulierung des Pascua-Lama-Projekts mit einer neuen Umweltverträglichkeitserklärung“ erarbeiten, zumal das chilenische Gericht die Konzession der Mine in keiner Weise in Frage gestellt habe. Zum anderen könne sich Barrick ganz auf den argentinischen Teil der Mine konzentrieren, auch wenn dessen Ausbeutung als weitaus weniger lukrativ eingeschätzt werde, so Hensel.
Barrick hat den Rückhalt aus Argentinien denn auch umgehend aufgegriffen. „Pascua Lama bleibt ein wichtiges Projekt“, erklärte Barricks zuständiger Leiter für Pasca Lama Marcelo Álvarez. Es werde jetzt an „einer gründliche Überprüfung den technischen, wirtschaftlichen, sozialen und Umweltaspekten sowie an einer anderer Herangehensweise an den Genehmigungs- und Entwicklungsprozess“ gearbeitet. Das Ziel sei, „jede neue Projektentwicklung soll den geltenden Gesetzen in Chile und Argentinien entsprechen“, so Álvarez.
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