Stimmung in der Ampelkoalition: Nötige Landpartie in Brandenburg
Das Ampeltreffen in Meseberg diente einem besseren Koalitionsklima. Das ist auch mehr als notwendig – denn neue Konflikte stehen unmittelbar bevor.
K lassenfahrten dienen vor allem dem Teambuildung und nicht der Einhaltung des Lehrplans. So ähnlich kann man sich auch eine Kabinettsklausur der Bundesregierung vorstellen. Wenn sich die Ministerinnen und Minister zur Landpartie in Brandenburg aufmachen, dann wird nicht der Koalitionsvertrag abgearbeitet, sondern am inneren Zusammenhalt gearbeitet. Nötig war es dieses Mal auf jeden Fall.
Nach einem selbstbewussten Start als Fortschrittskoalition, die mehr sein wollte, als die Summe dreier Teile, war die Stimmung in der Ampel über den Sommer merklich abgekühlt. Man zoffte sich über die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken und zuletzt über die Gasumlage.
Nun erwartet niemand, dass drei so unterschiedliche Parteien wie SPD, Grüne und FDP, nur weil sie sich in einer Koalition wiederfinden, plötzlich mit einer Stimme sprechen.
Pluralismus gehört zur DNA der Demokratie. Doch eine Regierung, die in dieser Krise das Land zusammenhalten will und muss, sollte auch selbst demonstrieren, dass es sie in schwierigen Situationen nicht zerreißt. Der Ausflug war also gerechtfertigt und das Polster an guten Gefühlen, das sich die Ampel in Meseberg zugelegt hat, wird gebraucht.
Wenn es nämlich darum geht, wie die Bürger:innen in der Krise entlastet werden und wer die Kosten dafür trägt. Hier gibt es erhebliche Differenzen. Grüne und SPD wollen Energiekonzerne, die gerade zu unverhofften Gewinnen kommen, zur Kasse bitten. Doch die FDP ist gegen eine solche Übergewinnsteuer.
Auch die Schuldenbremse im nächsten Jahr erneut auszusetzen verstößt gegen die inneren Überzeugungen von Finanzminister Christian Lindner. Er will lieber sanft kürzen. Dagegen läuft die SPD Sturm. Die anstehenden Haushaltsberatungen werden wohl weniger sonnig, als die Stunden in Meseberg. Doch es hilft nichts: Um den gesellschaftlichen Frieden zu sichern, muss die Ampel den mühsam geretteten Koalitionsfrieden wieder riskieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers