Steuerschätzung 2018: Scholz gegen von der Leyen
Bund, Länder und Städte rechnen mit höheren Steuereinnahmen. Olaf Scholz will sie nicht zuerst für Verteidigung und Entwicklung ausgeben.
Diesen Plan präsentierte Scholz am Mittwochnachmittag im Zusammenhang mit der aktuellen Steuerschätzung für 2018 und die folgenden Jahre. Der Finanzminister plädierte damit für eine andere Schwerpunktsetzung, als sie der Koalitionsvertrag vorsieht. Steigen die Einnahmen im Laufe der Regierungszeit, sollen diese „prioritär“ für Verteidigung und Entwicklung verwendet werden, heißt es dort. Verteidigungsministerium Ursula von der Leyen (CDU) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) drängen darauf, diesen Beschluss einzuhalten. Scholz sah am Mittwoch dagegen nur „eine kleine Möglichkeit“, die Ausgaben für Verteidigung und Entwicklung zu erhöhen.
Im Vergleich zur vergangenen Schätzung im November 2017 sollen die Einnahmen des Bundes bis 2022 um insgesamt 30,7 Milliarden Euro wachsen. Die Länder können mit 24,9 Milliarden zusätzlich rechnen und die Gemeinden mit 8,8 Milliarden. Weil ein Teil der Zuwächse aber bereits im Haushaltsplan des Finanzministeriums enthalten sind, bezifferte Scholz den zusätzlichen Spielraum für den Bund nur auf 10,8 Milliarden Euro. Das macht etwa zwei Milliarden zusätzlich pro Jahr bis 2022. Damit werde er unter anderem die „finanzielle Grundlage für weitere Investitionen im Bereich der Digitalisierung schaffen, den Breitbandausbau fördern sowie das Projekt Digitale Schule unterstützen“, sagte Scholz.
Plädoyer für weitere Investitionen
Auch der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lothar Binding, plädierte für weitere Investitionen, etwa in Bildung und Infrastruktur. In die Arbeitsmarktpolitik solle der Staat ebenfalls mehr Geld stecken, so Binding. „Es wäre zumindest notwendig, dass wir bei den Ärmsten mehr tun.“ Ähnliche Forderungen kamen von Grünen und Linken.
CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer fühlte sich bereits vor ein paar Tagen nicht mehr an das Verteidigung-Entwicklung-Junktim gebunden und riet zu Entlastungen der Bürger bei „Sozialversicherungsbeiträgen oder Steuern“. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer forderte die komplette Streichung des Solidaritätsbeitrags in der Einkommensteuer und die Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung um mindestens 0,5 Prozentpunkte.
Während Bund, Länder und Gemeinden dieses Jahr zusammen 772 Milliarden Steuern verbuchen werden, sollen die Einnahmen bis 2022 auf rund 906 Milliarden steigen. Etwa 40 Prozent davon gehen jeweils an Bund und Länder, 20 Prozent an die Kommunen. Die Steuerschätzer rechnen mit weiter wachsenden Erträgen für den Staat, weil nationale und internationale Wirtschaft gut laufen. Die Gewinne der einheimischen Firmen steigen, die Zahl der Arbeitsplätze in der Bundesrepublik nimmt zu.
Der seit mehreren Jahren anhaltende Boom kann allerdings auch mal vorbei sein. Möglicherweise lassen der Ausstieg der USA aus dem Atom-Abkommen mit dem Iran und der anziehende Ölpreis die globale Konjunktur abkühlen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben