Steuerdeal mit der Schweiz: Warten auf Nachbesserungen
Die SPD-Länder wollen das Steuerabkommen mit der Schweiz im Bundesrat kippen. Noch aber halten sie sich eine kleine Hintertür offen.
BERLIN/STUTTGART taz | Niemand weiß, wie viel Geld Deutsche illegal in der Schweiz gebunkert haben. Schätzungen schwanken zwischen 130 Milliarden und 280 Milliarden Euro. Schwarz-Gelb hat mit der Schweiz ein Abkommen ausgehandelt. Kernpunkt: Das Schwarzgeld wird mit einem Satz zwischen 21 und 41 Prozent nachversteuert, die Steuerhinterzieher bleiben anonym und straffrei. Bei der Opposition stößt das Abkommen deswegen auf Kritik. Die SPD könnte es nun im Bundestag scheitern lassen.
„Das Steuerabkommen mit der Schweiz ist ein unvertretbares Entgegenkommen gegenüber Steuerhinterziehern. Ihre Anonymität wird durch das Abkommen weiter geschützt. Schlimmer noch: Es ermöglicht ihnen nach wie vor, ihr Geld unerkannt aus der Schweiz in andere Steueroasen zu schaffen“, sagte Carsten Schneider, Haushaltsexperte der SPD-Fraktion, zur taz. Finanzminister Schäuble hätte das Abkommen „nie unterschreiben dürfen“.
So sehen es viele in der SPD. Die Parteispitze drängt darauf, das Abkommen im Bundesrat zu kippen. Der Widerstand ist noch einmal gestiegen, nachdem kürzlich der Verdacht aufkam, dass Schweizer Banken dabei halfen, deutsches Schwarzgeld nach Asien weiter zu transferieren. „Es ist gut, dass die Länder das Steuerabkommen mit der Schweiz jetzt stoppen wollen“, so der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion Thomas Oppermann.
Im Bundesrat haben die von SPD oder Grünen geführten Länder die Mehrheit. 30 Stimmen werden dem Rot-Grün-Block zugerechnet. Schwarz-Gelb hat nur 21 Stimmen. Klar ist: Wenn Rot-Grün will, gibt es kein Steuerabkommen. Doch die Länder haben auch finanzielle Eigeninteressen. Mehr als eineinhalb Milliarden Euro würden aus der Schweiz nach Deutschland fließen, wenn das Abkommen unterschrieben ist – vor allem zugunsten der Bundesländer.
Deshalb sorgte eine Meldung aus dem von der SPD allein regierten Hamburg am Donnerstag für Irritationen: Es sei noch offen, wie Hamburg im Bundestag votiert, erklärte ein Sprecher des Finanzsenators. Ähnlich klingt, was die grün-rote Regierung in Stuttgart sagte.
Der Sprecher des SPD-Finanzministeriums in Stuttgart erklärte der taz: „Baden-Württemberg hat noch nicht festgelegt, wie es abstimmen wird. Wir wollen noch warten, ob die Schweiz nachbessert.“ Finanzminister Nils Schmid (SPD) will unter zwei Bedingungen zustimmen: Der Mindeststeuersatz für Altfälle von Steuerhinterziehung muss mindestens 25 statt nur 21 Prozent betragen. Außerdem dürften Steuerhinterzieher nicht bis Anfang 2013 Zeit haben, ihr Geld in andere Steueroasen zu schaffen.
Bröckelt also die rot-grüne Nein-Front? Eher nicht. Denn die Schweizer Regierung zeigt keine Neigung, das von den beiden Regierungen schon durchgewinkte Abkommen nochmals zu ändern. Auch Kurt Beck, SPD-Verhandlungsführer im Bundesrat, glaubt an das Nein. Es gebe im SPD-Bundesrats-Block kein Land, „wo es in Richtung Zustimmung läuft.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt