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Steuerbetrug im InternethandelZahl ich, zahl ich nicht…

Der Bundesrechnungshof beklagt Einnahmeausfälle in Millionenhöhe. Besonders ausländische Firmen drücken sich vor der Umsatzsteuer.

Amazon-Warenlager in Leipzig Foto: reuters

Berlin taz | Im Internethandel erhebt der deutsche Staat nur einen Bruchteil der gesetzlich anfallenden Umsatzsteuer. Dies kritisiert der Bundesrechnungshof in seinem jüngsten Bericht. „Beim Bundesfinanzministerium gibt es kein Konzept, wie mit dem Problem umgegangen wird, dass sich Unternehmen nicht registrieren“, sagt der Präsident des Bundesrechnungshofs Kay Scheller. Im internationalen Handel stehe es dem Unternehmer praktisch frei, ob er die Produkte deklariere.

„Das mag in den Anfangsjahren des Internets nicht so kritisch gewesen sein – nun sind die Finanzvolumina aber zunehmend relevant“, so Scheller. Laut Rechnungshof gibt es zurzeit fast kein Entdeckungsrisiko für nicht deklarierte Umsätze ausländischer Anbieter von digitalen Produkten wie Software oder Musik. So sei es „lebensfern“, anzunehmen, dass die Anbieter ihren steuerlichen Pflichten freiwillig nachkommen.

Ein weiteres Problem sind die Wettbewerbsverzerrungen. Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des deutschen Einzelhandelverbands HDE, sagte der taz: „Es ist nicht akzeptabel, dass sich einige Unternehmen an dieser Stelle einen Wettbewerbsvorteil durch die Nichtzahlung von Steuern verschaffen.“ Besonderen Handlungsbedarf sieht er bei Onlinemarktplätzen: „Gewerbliche Plattformen wie Amazon sollten zollrechtlich verpflichtet werden, im Namen des inländischen Warenempfängers die Einfuhrabgaben abzuführen“.

Im Bundesfinanzministerium ist die Problematik bekannt. Arbeitsgruppen analysieren derzeit, wie die Besteuerung verbessert werden kann. „Vermutlich im Frühjahr nächsten Jahres wird es die ersten Ergebnisse geben, und dann kann auch darüber nachgedacht werden, was man rechtlich machen kann“, sagt Sprecher Dietmar Zwengel.

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2 Kommentare

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  • [...] Als jemand der tagtäglich mit zollrechtlichen Dingen zu tun hat kann ich durchaus mal hochrechnen dass Deutschland generell von folgenden Ländern durch systematische Falschangaben auf Warenwerte auf Rechnungen betrogen wird. An erster Stelle : CHINA (und wir reden hier von Transporten von Firma zu Firma und zu Privat) . Es ist kaum zählbar wieviele Fälle ich selbst schon auf dem Tisch hatte wo Werte von 20 USD angegeben werden um die Bagatellgrenze einzuhalten bei denen die Empfänger der Sendung weitaus höhere Beträge bezahlt haben. Gerade im B2C Bereich hat das System. Einiges fällt auf , aber auf Grund der MASSE rutscht auch unendlich viel durch. Wir reden hier von MILLIARDEN an entgangener Steuer/Zoll jährlich. An 2ter Stelle: TÜRKEI gleiches Prinzip.



    Das ist allerdings nicht vornehmlich ein Problem des Internethandels sondern ein grundsätzliches Problem. Das hier gegen Amazon geschossen wird ist reine Propaganda. Sofern die Einfuhr über Amazon Distributionsscenter läuft fungiert AMAZON auch als Importeur und da läuft es weitgehend REGULÄR ab, denn dort existieren eindeutige Prozesse und direkte Vernetzung mit Frachtführern und Zoll.

     

    Kommentar gekürzt. Bitte verzichten Sie auf Pauschalisierungen. Danke, die Redaktion

  • Amazon sollte ohnehin haftbar gemacht werden, für das, was sie tun - auch dann, wenn Amazon das im Namen irgendeines chinesischen Ladens macht. Vom Verkauf gefährlicher Produkte, die allen Sicherheitsvorschriften spotten, über nicht für die Entsorgung angemeldeten Elektroschrott bis zu Steuerhinterziehung.