Steuerausfälle durch die Corona-Pandemie: Schutzschirm für Kommunen geplant
Finanzminister Olaf Scholz plant, die Kommunen mit 57 Milliarden Euro zu entlasten. Kritik an den Plänen kommt aus der CDU.
In einem Statement im Berliner Willy-Brandt-Haus sagte Schulz am Samstag, coronabedingte Einnahmeausfälle der Kommunen dürften nicht dazu führen, dass Investitionen zurückgestellt würden. Insgesamt hätten Städte und Gemeinde 2020 voraussichtlich rund zwölf Milliarden weniger an Gewerbesteuereinnahmen. Die Kommunen begrüßten den Vorschlag als „positives Signal“ und forderten eine rasche Einführung des angekündigten Rettungsschirms. Kritik an dem Vorstoß kam von der CDU.
Der Schutzschirm soll dem Bericht zufolge aus zwei Komponenten bestehen: einer akuten Nothilfe, die allen Kommunen offensteht und die wegbrechenden Gewerbesteuereinnahmen in Zeiten der Corona-Krise ausgleichen soll, und einer Altschuldenhilfe für hoch verschuldete Städte und Gemeinden. „Dieser Schutzschild soll Städte und Gemeinden nicht nur durch die aktuell schwierige Situation bringen, sondern dauerhaft in die Lage versetzen, ihre Aufgaben noch besser erledigen zu können“, sagte Scholz der Zeitung.
Laut der Steuerschätzung entgehen den Kommunen im laufenden Jahr Gewerbesteuereinnahmen von 11,8 Milliarden Euro. Die Bundesregierung wolle die Städte mit diesem Problem nicht allein lassen, heißt es in dem Papier. „Alle betroffenen Kommunen bekommen deshalb die Möglichkeit, einen pauschalierten Ausgleich für ihre geringeren Gewerbesteuer-Einnahmen zu erhalten.
Reaktionen durchwachsen
Der Bund und das jeweilige Land übernehmen jeweils hälftig die Kosten für diesen Ausgleich“, lautet der Vorschlag von Scholz. Der Bund solle zudem die Hälfte der Altschulden von bundesweit 2.000 besonders verschuldeten Kommunen übernehmen. Diese wurden 2018 mit 45 Milliarden Euro beziffert.
Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Eckhardt Rehberg, reagierte kritisch und sprach von einem „rein parteipolitischen Vorstoß“. Scholz hätte gut daran getan, die Koalitionspartner CDU und CSU vorher zu informieren, sagte er in Berlin. „Unter dem Deckmantel der Coronakrise will Scholz sein altes Konzept zur Übernahme der kommunalen Altschulden durchsetzen, das vorher keine Chance auf Umsetzung hatte.“
Nach der föderalen Ordnung seien die Bundesländer immer noch alleine für ihre Kommunen zuständig, betonte Rehberg. Sie müssten zur Not wie der Bund Schulden machen. Er sehe nicht, wie Schulz die für eine Grundgesetzänderung notwendige Zweidrittelmehrheit für seinen Pläne im Bundestag bekommen wolle. Vor einem Kassensturz sei das Vorhaben nicht seriös zu beurteilen.
Der Städte- und Gemeindebund dringt unterdessen auf die schnelle Einführung eines Rettungsschirms. Man setze darauf, dass die Maßnahmen noch im Sommer gesetzestechnisch umgesetzt würden, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es gehe vorrangig um Investitionen in die Infrastruktur, Klimaschutzmaßnahmen und die Beschleunigung der Digitalisierung.
Bayern kritisch, NRW dafür
Als positiv wertete Landsberg auch, dass unter Beteiligung der entsprechenden Länder die Altschuldenproblematik angegangen werden solle. Gerade die besonders hoch verschuldeten Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland, die bereits vor der Krise in einer schwierigen Lage gewesen seien, könnten dann in die Zukunft investieren.
Die Reaktionen aus den Bundesländern sind gemischt. Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) erklärte, Hilfe des Bundes sei wünschenswert, „aber nur mit klarer Abstimmung mit den Ländern und ohne Koppelung an Altschuldentilgung“.
Nordrhein-Westfalen hingegen will mit Scholz kooperieren. „Für uns gilt weiterhin, wenn der Bund eine Altschuldenregelung schafft, werden wir als Land Nordrhein-Westfalen einen substanziellen Beitrag zu einer maßgeschneiderten Lösung für „unsere“ Kommunen leisten“, erklärte Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) am Samstag auf Anfrage.
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