Sternfahrt für Radschnellwege: „Wir sind laut, bis ihr baut!“

Vor dem Roten Rathaus demonstrieren Rad­fah­re­r*in­nen gegen die Verkehrspolitik des Senats. Der will die Planung von Radschnellwegen beenden.

So sieht es auf eine Radschnellweg in Essen aus. Ber­li­ne­r*in­nen werden von so etwas erstmal nur träumen können Foto: Roland Weihrauch/dpa

BERLIN taz | Laut und vielstimmig klingelte es am Freitagnachmittag vor dem Roten Rathaus. Ein dem Chor aus Fahrradklingeln. Bis zu 1.000 Radfahrer*innen, viele in Warnwesten, hatten sich nach Angaben der Or­ga­ni­sa­to­r*in­nen vom Verein Changing Cities eingefunden, um gegen die Verkehrspolitik des schwarz-roten Senats zu demonstrieren. Die Polizei sprach von 700 Teilnehmer*innen. „Wir sind hier, wir sind laut, bis ihr uns den Radweg baut“, tönte es vom Podium.

Zur Demonstration aufgerufen hatte ein breites Bündnis von Verbänden und Initiativen, darunter neben Changing Cities, der BUND, die Deutsche Umwelthilfe, die Omas gegen Rechts und Fridays for Future Berlin. Die De­mons­tran­t*in­nen fuhren in drei Gruppen aus dem Süden, Osten und Westen der Stadt los und versammelten sich vorm Roten Rathaus zur Abschlusskundgebung.

Anlass für die Demonstration waren Ende Juli bekannt gewordene Pläne des Senats, fast alle Radschnellwege auf Eis zu legen. Damit droht einem Leuchtturmprojekt der Verkehrswende das Ende: Zehn Schnellverbindungen, also sicher und schnell zu befahrende Verbindungen über größere Entfernungen, waren in Berlin geplant. Vor allem die Randbezirke sollten durch diese Wege komfortabel erreichbar werden und so besonders profitieren.

Jetzt soll nur noch einer der zehn Schnellwege zeitnah umgesetzt werden: die Verbindung von Wannsee nach Charlottenburg. Laut Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) macht die Berliner Haushaltssituation diese Einsparungen notwendig.

Autofixierte Verkehrspolitik

„Das ist an Absurdität nicht zu überbieten“, sagte Jens Steckel von Changing Cities auf der Kundgebung am Freitag. Die Planänderungen zeigten, dass der Radverkehr noch immer nicht als gleichberechtigt neben dem Autoverkehr wahrgenommen werde. Die Radschnellwege zu kassieren, das sei, als würde man im Eisenbahnnetz die ICE-Verbindungen weglassen oder beim Autoverkehr die Autobahnen streichen.

Steckel widersprach auch der Begründung des Senats, die desolate Haushaltslage mit einem Defizit von bis zu 5 Milliarden Euro mache die Einsparungen notwendig. Im aktuellen Doppelhaushalt 2024/2025 schlügen die Schnellwege gerade mal mit einem mittleren einstelligen Millionenbereich zu Buche, denn bislang fallen nur die Kosten für die weitere Planung an. Und der später folgende Bau der Strecken würde zu 70 Prozent vom Bund bezuschusst. Fördermittel, auf die der Senat durch den Planungs- und damit auch Baustopp verzichte.

Der marginalen Einsparsumme gegenüber stünden laut Steckel zahlreiche teure Infrastrukturprojekte für den Autoverkehr. Rund 3,8 Milliarden Euro seien dafür in den kommenden Jahren eingeplant, rechnete er vor. Eine derart autofixierte Verkehrspolitik sei veraltet. „Wir brauchen aber eine Verkehrswende, die dem Radverkehr die gleiche Bedeutung gibt wie dem Autoverkehr“, forderte er.

Sorge machte den Demonstrierenden, dass die Konsequenzen der aktuellen Politik lange zu spüren sein werden. „Die Aussichten für die kommenden Jahre sind düster“, sagte Steckel. Die Fahr­rad­fah­re­r*in­nen gaben sich trotzdem kämpferisch: „Nicht mit uns“, das war die Losung der Stunde.

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