Stellenzuwachs in Deutschland stockt: Die Schleifspuren des letzten Quartals
Erstmals seit 2009 sank, laut der Bundesagentur für Arbeit, die Zahl der offenen Stellen. Nach Expertenmeinung ist dies ein Hinweis auf ein Ende des Jobaufschwungs in den letzten Jahren.
NÜRNBERG dpa | Der Zenit bei der Arbeitskräftenachfrage in Deutschland scheint überschritten. Die Zahl der offenen Stellen sank im April so stark wie zuletzt vor drei Jahren, geht aus dem am Montag veröffentlichten Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor. Der entsprechende Indikatorwert verlor fünf Punkte und lag mit 171 auf dem niedrigsten Stand seit sieben Monaten. Experten sehen darin einen Hinweis auf ein Auslaufen des jahrelangen Jobaufschwungs.
Die Nürnberger Bundesbehörde betonte, trotz des deutlichen Rückgangs sei der Bedarf an Mitarbeitern in der Wirtschaft noch immer hoch. „Der Höhepunkt der Nachfrage scheint aber überschritten zu sein“, räumt die Bundesagentur ein. Es bleibe nun abzuwarten, ob sie in den kommenden Monaten weiter sinke oder sich auf einem niedrigeren Plateau einpendle. Den größten Bedarf meldet weiterhin die Zeitarbeit; etwa jede dritte ausgeschrieben Stelle sei ein Leiharbeitsplatz.
Im April ist die Zahl der Arbeitslosen nach Experteneinschätzung erstmals in diesem Jahr wieder unter die Drei-Millionen-Marke gesunken. Trotzdem falle der Frühjahrsaufschwung deutlich schwächer aus als in den Vorjahren, berichteten Volkswirte deutscher Großbanken und Konjunkturforscher in einer Umfrage. Die Konjunktur sorge kaum noch für Schub auf dem Arbeitsmarkt, meinten einige Fachleute.
Nach den Berechnungen der Experten waren im April 2,93 Millionen Männer und Frauen ohne Arbeit. Dies wären rund 100 000 weniger als im März; der Rückgang fiel damit deutlich schwächer als im Schnitt der vergangenen drei Jahre. Im Vergleich zum Vorjahr waren im April rund 150 000 weniger Menschen arbeitslos gemeldet. Die offiziellen April-Zahlen will die Bundesagentur für Arbeit (BA) an diesem Mittwoch (2. Mai) in Nürnberg bekanntgeben.
Nur noch Saison-Effekte
Nach Einschätzung der Fachleute haben im April nur noch Saison-Effekte für eine Belebung des Arbeitsmarktes gesorgt. „Die Konjunktur schiebt nicht mehr so stark. Wir spüren inzwischen die Schleifspuren des schwachen letzten Quartals 2011“, urteilt etwa Commerzbank-Volkswirt Eckart Tuchtfeld. Deutsche Bank-Volkswirt Steffen Schneider ist sogar der Überzeugung, das es im April „konjunkturell gar keinen Effekt mehr“ gegeben hat.
Wirtschaftliche Frühindikatoren veranlassen Schneider und Tuchtfeld auch zu einem skeptischen Blick in die Zukunft. Angesichts des erwarteten moderaten Wirtschaftswachstum hätten inzwischen viele Unternehmen geplante Einstellungen erst einmal zurückgestellt. „Viele Firmen fahren im Moment auf Sicht und warten erst Mal ab, wie die wirtschaftliche Lage sich weiter entwickelt“, sagte Tuchtfeld.
Für Alexander Koch von der HypoVereinsbank sind zwar ebenfalls die Zeiten des Job-Booms erst einmal vorbei, er sieht die Lage aber trotzdem optimistischer als sein Commerzbank-Kollege: Der Arbeitsmarkt laufe weiter in Richtung Beschäftigungsaufbau - wenn auch nicht mehr so rasant wie 2011, betont er.
Auch DZ-Bank Volkswirt Christian Reicherter geht davon aus, dass es weiterhin eine positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt geben wird. Ebenso hält Ifo-Konjunkturforscher Steffen Henzel den Arbeitsmarkt trotz einer Verlangsamung der Dynamik weiter für intakt.
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