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Steinmeier besucht PolenCharmeoffensive in Richtung Berlin

Erster Besuch Steinmeiers seit dem Regierungswechsel in Polen: Sein Amtskollege Sikorski ist bemüht, die Beziehungen zu entkrampfen - und sich so für einen Nato-Posten zu empfehlen.

Staatsmännisches Idyll: Steinmeier und Gattin rahmen die Sikorski-Familie ein. Bild: ap

WARSCHAU taz "Warschau und Berlin können Europa gemeinsam ändern", titelte am Samstag die sonst eher deutschlandkritische polnische Tageszeitung Dziennik. Autor des optimistischen Vorschlags ist Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier (53). Am Sonntagnachmittag kam er zu einem privaten Treffen mit seinem polnischen Amtskollegen Radoslaw Sikorski (45) in dessen Landhaus nach Chobielin bei Bydgoszcz/Bromberg. Bei seinem ersten Besuch in Polen nach dem Regierungswechsel in Warschau im letzten Herbst wurde Steinmeier besonders herzlich begrüßt. Sikorski wollte mit dieser Charmeoffensive die zahlreichen Konflikte und Misstöne der letzten beiden Jahre vergessen machen.

Heute stehen in Bromberg Gespräche über die künftige EU-Ostpolitik an, die Umwelt- und Energiepolitik sowie die Arbeits- und Sozialpolitik der beiden Länder in der EU. Am Abend will sich Steinmeier noch mit dem liberalkonservativen Premierminister Donald Tusk (50) treffen.

Polen lehnt zwar die geplante Ostseepipeline von Russland nach Westeuropa ab, will aber über seine eigene Anbindung an das europäische Energienetz verhandeln und politische Chancen für neue gemeinsame Pipelines, rentable Flüssiggasterminals an der Ostsee und erneuerbare Energiequellen ausloten. Erstmals nach zwei Jahren Pause soll sich Ende April wieder die gemeinsame energiepolitische Arbeitsgruppe treffen. Steinmeier und Sikorski könnten heute ein Signal geben, in welcher Richtung auf Arbeitsebene weiterverhandelt werden soll.

Mit Spannung wird die Diskussion der beiden Minister über "deutsche und polnische Außenpolitik in der EU" heute an der Warschauer Universität erwartet. Denn Sikorski ist selbst für die Polen bislang ein Außenminister ohne Profil. Obwohl er schon ein halbes Jahr im Amt ist, löste er sein Versprechen noch nicht ein, die neue Außenpolitik Polens unter dem liberalen Premier Tusk vorzustellen. So hängen Sikorski bis heute seine markigen Sprüche aus seiner Zeit als Verteidigungsminister von 2005 bis 2007 in der nationalkonservativen Regierung Jaroslaw Kaczynskis an. Damals hatte er in den antideutschen Chor eingestimmt und die deutsch-russische Gaspipeline mit dem Hitler-Stalin-Pakt verglichen.

Bislang hoffte Deutschland, Polen als kompetenten Bündnispartner für die EU-Nachbarschaftspolitik gen Osten zu gewinnen. Vor einigen Tagen kündigte Sikorski eine Ostpolitik an, die er allein mit den baltischen und skandinavischen Staaten sowie der Visegrád-Gruppe (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) abstimmen wolle. Statt die Ukraine, Moldawien, Georgien und Russland künftig in ihren Demokratiebestrebungen zu unterstützen, plant Polens Außenminister offensichtlich eine neue Anti-Pipeline-Phalanx gegen Deutschland und Russland.

Andererseits werden Sikorski Ambitionen auf den Posten des Nato-Generalsekretärs nachgesagt. Dafür bräuchte er das Profil eines gewandten Außenministers und die Unterstützung wichtiger Politiker in Europa und den USA. Die private Einladung Steinmeiers ins Landhaus Sikorskis sei daher vor allem als Investition in die politische Zukunft Sikorskis zu verstehen, schreibt die linksliberale Gazeta Wyborcza. Im Juni wird der britische Außenminister David Miliband im Landhaus erwartet.

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