Steinkohlekraftwerk Datteln IV: Klimakiller vor Gericht
Am Donnerstag könnte das Gericht den Bebauungsplan für Datteln IV kippen. Dessen Betriebsgenehmigung wäre dann wohl nicht mehr zu halten.
Die von der Umweltschutzorganisation BUND, der Nachbarstadt Waltrop und vier Privatpersonen getragene Klage richtet sich gegen den neuen Bebauungsplan, mit dem der Dattelner Stadtrat 2014 versucht hat, das Kraftwerk nachträglich abzusichern. Einen ersten Bebauungsplan hatte das OVG schon 2009 für unwirksam erklärt: Der seit 2007 gebaute 1.100 Megawatt starke Kohleblock befinde sich schlicht am falschen Platz, befand das Gericht. Der damalige Landesentwicklungsplan sah einen fünf Kilometer entfernten Standort vor. Außerdem habe die Stadt Datteln das „Gefährdungspotenzial des Kraftwerks und den Schutz der Bevölkerung“ nicht ausreichend beachtet, erklärten die Richter.
Denn die milliardenschwere Investition des 2016 vom Energiekonzern Eon abgespaltenen Stromerzeugers Uniper steht schlicht zu nah an Wohnhäusern. Nur 480 Meter entfernt liegt die Dattelner Meistersiedlung. „Wir hoffen sehr, dass das OVG auch den neuen, 2014 beschlossenen Bebauungsplan für unwirksam erklärt“, sagte Rainer Köster, Sprecher der Interessengemeinschaft Meistersiedlung am Dienstag bei einer Pressekonferenz am Dortmund-Ems-Kanal, direkt gegenüber dem Kraftwerk. „Dann wäre auch die Betriebsgenehmigung zumindest mittelfristig nicht mehr haltbar.“
Die Umweltschützer*innen des BUND beklagen außerdem, die Feinstaubbelastung in unmittelbarer Kraftwerksnähe sei fehlerhaft ermittelt worden – dabei liegt die Vestische Kinder- und Jugendklinik weniger als einen Kilometer entfernt. Außerdem bedrohe der Kohleblock ein nahegelegenes Naturschutzgebiet durch massiven Stickstoffausstoß mit Versäuerung.
Schwarzer Schnee
Auch der Abbau der in Datteln verfeuerten Steinkohle aus Kolumbien und Russland stehe für massive Umweltverschmutzung, erklärte Alexandra Koroleva, Sprecherin der russischen Umweltorganisation Ecodefense – im sibirischen Kuzbass haben Steinkohle-Tagebaue ganze Regionen in Mondlandschaften verwandelt. „Im Winter fällt schwarzer Schnee“, erklärte die aus Angst vor politischer Verfolgung nach Deutschland geflohene Umweltaktivistin. „Die Lebenserwartung liegt bis zu vier Jahre unter dem russischen Durchschnitt.“
Dass Datteln IV 2020 als wohl letztes deutsches Kohlekraftwerk überhaupt noch ans Netz gehen konnte, verdanken Eon und Uniper einer ganz großen Koalition aus CDU, FDP und SPD. Mit deren Stimmen beschloss der Regionalverband Ruhr 2013 ein „Zielabweichungsvefahren“ – und im selben Jahr ermöglichte die Rot-Grüne Landesregierung auf Druck der damals noch bergbautreuen Sozialdemokraten eine neue Regionalplanung, mit der der „Schwarzbau“ Datteln IV nachträglich legalisiert werden sollte und die den heute gültigen neuen Bebauungsplan von 2014 überhaupt erst ermöglichte.
„Sehr zuversichtlich“
2020 machte dann Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Armin Laschet Druck, damit Datteln IV trotz Kohlekompromiss ans Netz durfte. Der Neubau ersetze die drei alten Blocke 1 bis 3, argumentierte der DU-Kanzlerkandidat – dabei wurden die schon 2014 stillgelegt. Drohen könnte das auch dem Schwarzbau Datteln IV, der nach aktueller Planung noch bis 2038 weiterlaufen soll: „wir haben gute Gründe gegen den 2014 beschlossenen Bebauungsplan vorgelegt, sind sehr zuversichtlich“, sagt Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND in NRW: „Bisher haben wir jedes Gerichtsverfahren gegen Datteln IV gewonnen.“
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