Steinbrücks Gesetzespläne: Wie man Hypo Real Estate enteignet
Finanzminister Steinbrück bereitet ein Banken-Enteignungs-Gesetz vor. Dabei geht es ihm vermutlich nur darum, den Großaktionär der Immobilienbank Hypo Real Estate mürbe zu machen.
![](https://taz.de/picture/363201/14/hre_b_02.jpg)
Die Bundesregierung will den Münchener Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) retten. Dazu müsste sie stärker einsteigen, sprich: die Bank verstaatlichen. Weil ihr der widerspenstige Großaktionär J. C. Flowers dabei aber Probleme macht, arbeitet sie nun an einem Gesetz, das seine Enteignung ermöglichen würde.
Die Anstrengungen, die HRE zu retten, dauern schon Monate an. Ein Zusammenbruch der Bank, so die Befürchtung, könnte eine ähnliche Kettenreaktion auslösen wie die Insolvenz der Lehman Brothers in den USA. Über den Bankenrettungsfonds SoFFin hat der Bund bereits Liquiditätshilfen von 50 Milliarden sowie Garantien für Verbindlichkeiten über 42 Milliarden Euro bereitgestellt - bislang ohne durchschlagenden Erfolg. Jetzt soll er als Mehrheitsaktionär einsteigen, damit der Markt wieder Vertrauen gewinnt.
Möglich wäre das über eine Kapitalerhöhung. Doch diesem Schritt müssen laut Aktiengesetz mindestens 75 Prozent der bisherigen Aktionäre zustimmen. Probleme bereitet dabei der US-Finanzinvestor J. C. Flowers, der zu Beginn der Krise im Februar 2008 24,9 Prozent der HRE-Anteile gekauft hatte. Zusammen mit anderen Aktionären kann er die Kapitalerhöhung blockieren. Faktisch will er aber wohl nur einen möglichst guten Preis für seine Aktien herausschlagen. Investiert hatte er rund 1 Milliarde Euro, jetzt ist sein Aktienpaket nicht einmal mehr 100 Millionen Euro wert.
Der Bund könnte ihm seine Anteile zwar einfach abkaufen, J. C. Flowers würde den Preis dann aber diktieren. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) bereitet deshalb ein Gesetz vor, das bis Ende des Jahres die Enteignung von Bankaktionären erlauben soll. Im Grundgesetz ist zwar das Eigentum als Grundrecht geschützt. Enteignungen sind aber ausdrücklich zugelassen, wenn sie dem "Wohle der Allgemeinheit" dienen, wenn es eine gesetzliche Grundlage gibt und wenn der Enteignete angemessen entschädigt wird.
Bisherige Enteignungsgesetze bezogen sich vor allem auf Grundstücke, die etwa für den Straßenbau benötigt werden. Ein Gesetz zur Enteignung von Bankaktionären hatte bisher niemand für nötig erachtet. Deshalb muss Steinbrück einen ganz neuen Entwurf erarbeiten. Die von der Verfassung verlangte "angemessene" Entschädigung muss sich dabei am Marktwert der Aktien orientieren.
Wirtschaftsliberale CDU-Politiker halten Enteignungen jedoch für ein falsches Signal. So verfolgt Steinbrück parallel eine andere Idee: Im Aktiengesetz könnte ein Passus eingefügt werden, nach dem man in existenzbedrohenden Krisen die Zustimmung der Aktionäre zu einer Kapitalerhöhung erzwingen kann.
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