Steigende Kosten bei Stuttgart 21: Noch teurer und noch später fertig
Der umstrittene Tunnelbahnhof in Stuttgart soll bis zu 8,2 Milliarden Euro kosten. Von einem Abbruch des Projekts will die Bahn aber nichts wissen.
Der Erfolg der Aktion am Freitag hielt sich erwartungsgemäß in Grenzen. Der Aufsichtsrat der Bahn beschloss trotzdem, das Bauprojekt durchzuziehen – auch wenn es immer teurer wird und immer länger dauert bis zur Fertigstellung. Stuttgart 21 zu vollenden, ist aus Sicht der Bahn günstiger als ein Abbruch des Projekts, wie es die Gegner seit Jahren fordern.
Der Finanzierungsrahmen erhöht sich nun nach Bahnangaben auf 8,2 Milliarden Euro, und die Eröffnung verschiebt sich auf das Jahr 2025 – zwei Jahre später als zuletzt geplant. Im Finanzierungsrahmen ist demnach ein Puffer von knapp einer halben Milliarde Euro enthalten. Die Bahn rechnet nunmehr mit Kosten in Höhe von rund 7,7 Milliarden Euro, das sind 1,2 Milliarden mehr als im Jahr 2016 veranschlagt.
Die Bahn begründet die Mehrkosten ihres umstrittenen Prestigeprojekts mit Baupreissteigerungen und aufwendigeren Verfahren beim Tunnelbau im Anhydrit – einer Schicht aus quellfähigem Gestein – sowie der späteren Inbetriebnahme. Auch die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm wird teurer. Die Kostensteigerungen in Baden-Württemberg sollen sich aber nicht auf andere Bauvorhaben auswirken, verspricht die Bahn.
Scharfe Kritik der Linken
Die Bahn-Expertin der Linken-Bundestagsfraktion, Sabine Leidig, kritisierte den Aufsichtsratsbeschluss scharf. „Stuttgart 21 ist gänzlich unwirtschaftlich und wird zum Milliardengrab für die Deutsche Bahn. Aufsichtsräte, die auf dieser Basis das Projekt einfach fortführen, stehen mit einem Bein im Gefängnis, weil sie verpflichtet sind, wirtschaftlichen Schaden vom Unternehmen abzuwenden.“ Der Eigentümer müsse die Notbremse ziehen.
Leidig setzte sich zudem für das Konzept der S21-Gegner ein, die bereits angekündigt haben, Aufsichtsräte wegen der am Freitag getroffenen Entscheidung zu verklagen. Leidig: „Wir fordern: Offenlegung aller Gutachten, Baustopp und das alternative Konzept ‚Umstieg21‘. Damit würde die Baugrube genutzt, es könnte ein zeitgemäßer Bahnhof für die Hälfte der Kosten von Stuttgart21 verwirklicht werden – mit erheblich mehr Kapazität und Nutzen für den Bahnverkehr.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“