Start der englischen Liga: Seit 30 Jahren im Wartestand
Jürgen Klopp hat die Wiederaufnahme der Premier League am Mittwoch herbeigesehnt. Denn er möchte in Würde Meister werden.
„Die Bundesliga hat Spaß gemacht. Man schaut zu, weil sie läuft und man neue Spieler entdecken kann, wie bei einer WM-Vorrunde. Aber hat sie wirklich Leidenschaft entfacht?“, fragte die Tageszeitung The Guardian gerade, und die Antwort schwang dabei schon mit. Nein, hat sie nicht. Die Leidenschaft kehrt für die Engländer erst in dieser Woche zurück, wenn die Premier League den Spielbetrieb wieder aufnimmt, einen Monat nach der Bundesliga.
Das Vereinigte Königreich ist von der Pandemie schlimmer betroffen als jedes andere Land in Europa, deshalb kommt die reichste Liga der Welt später aus der Zwangspause. Das Programm ist dafür um so üppiger. 92 Partien hat die Premier League bis zum Ende der Saison noch zu absolvieren. Los geht es am Mittwoch mit Aston Villa gegen Sheffield United und Manchester City gegen den FC Arsenal. Danach gibt es in England fast jeden Tag Fußball. Anders als sonst werden alle Spiele übertragen, einige davon sogar im frei empfangbaren Fernsehen. Das ist neu für die Premier League, die seit ihrer Gründung 1992 live ausschließlich im Pay-TV stattfindet.
Am freudigsten sehnen die Fans des FC Liverpool den Restart herbei. Der Klub von der Anfield Road liegt mit 25 Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze und braucht nur noch höchstens zwei Siege zur ersten Meisterschaft seit 30 Jahren. Sollte der Ranglisten-Zweite Manchester City gegen Arsenal verlieren, könnte die Mannschaft von Trainer Jürgen Klopp das ewige Warten auf den Titel sogar schon bei ihrem ersten Auftritt nach der Coronapause am Sonntag im Merseyside-Derby beim Nachbarn FC Everton beenden – vor leeren Rängen, versteht sich.
Antiseptische Party
Auch in der Premier League werden auf absehbare Zeit keine Zuschauer zugelassen sein. Liverpool wird die Rückkehr auf den Thron des englischen Fußballs also in unwirklicher, klinisch reiner Atmosphäre feiern müssen. Eine Titelparade wie nach dem Gewinn der Champions League im vergangenen Jahr, als 750.000 Menschen die Straßen der Hafenstadt rot färbten, wird es erst mal nicht geben.
Das ändert allerdings nichts daran, dass Liverpools 19. Titel das Ergebnis einer bemerkenswerten Leistung ist. Klopps Mannschaft hat in dieser Saison neue Maßstäbe gesetzt. Sie hat den zuletzt zweimaligen Champion Manchester City nicht einfach nur vom Sockel gestoßen, sondern deklassiert und gedemütigt. „Liverpool hat die ganze Saison Social Distancing praktiziert“, schrieb angesichts der 25 Punkte Vorsprung gerade The Athletic, der neue Player im englischen Sportjournalismus.
Aus ihren bisher 29 Spielen gingen die Reds nur zweimal nicht als Sieger hervor. Es gab ein 1:1-Unentschieden bei Manchester United und erst Ende Februar die erste Saison-Niederlage beim 0:3 in Watford. Außerdem hat Liverpool noch gute Chancen, den 100-Punkte-Rekord zu brechen, den Manchester City vor zwei Jahren aufgestellt hat.
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