piwik no script img

Start der OstermärscheGegen Aufrüstung, Atomwaffen und „blutiges Geld“ für Putin

Für Abrüstung werden am Wochenende Tausende auf die Straße gehen. Einige demonstrieren auch gegen die Verarbeitung russischen Urans in Deutschland.

Für die Ostermärsche 2025 sind bundesweit rund 100 Demonstrationen, Kundgebungen, Fahrradtouren geplant Foto: Fabian Sommer/dpa

Bochum taz | Mit rund 100 Demonstrationen und Kundgebungen will die Friedensbewegung am Osterwochenende ihre Forderung nach Abrüstung und einer atomwaffenfreien Welt untermauern. „Führen Sie die Wehrpflicht nicht wieder ein“ und „Verhindern Sie die Stationierung von Mittelstreckenwaffen“ heißt es in einem an die neue Bundesregierung gerichteten Aufruf der Organisator:innen.

Die teilnehmerstärksten Ostermärsche werden in Großstädten wie Berlin, Hamburg, München und Stuttgart erwartet. Der Ostermarsch Rhein-Ruhr, dessen Auftaktkundgebungen am Samstag in Köln und Duisburg beginnen, führt am Sonntag als Fahrradkorso über Essen und Bochum durch das Ruhrgebiet – Abschlusskundgebung ist am Ostermontag in Dortmund.

Protestiert wird auch am Fliegerhorst Büchel, wo US-amerikanische Atomwaffen lagern, auf die im Kriegsfall die deutsche Luftwaffe zugreifen soll. „Bundesweit rechnen wir mit mehreren 10.000 Demonstrant:innen“, sagt Kristian Golla vom Netzwerk Friedenskooperative, das die Demos bundesweit koordiniert.

Im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen starten die Proteste bereits am Freitagmittag mit dem Ostermarsch in Gronau im nördlichen Münsterland. Dort steht Deutschlands einzige Urananreicherungsanlage (UAA), die trotz Atomausstieg eine unbefristete Betriebsgenehmigung hat – und der Bundesrepublik zumindest theoretisch den Zugriff auf eine eigene Atombombe sichert: Die dort verwendete Zentrifugentechnik ähnelt dem nicht nur von den USA bekämpften iranischen Atomprogramm, mit dem sich der Golfstaat offenbar in den Kreis der Atommächte katapultieren will.

„Die Urananreicherung ist immer noch der leichteste Weg zur Atombombe“, erklärt deshalb Peter Bastian vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, das den Gronauer Ostermarsch mitorganisiert. Er warnt: „Das Risiko eines Atomkriegs war noch nie so hoch wie heute. Der Ruf nach weiteren Atomwaffen, auch in Deutschland, wird immer lauter.“ Die Bundesrepublik müsse dem Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen beitreten, fordert der Arbeitskreis Ostermarsch Gronau deshalb.

Mehr Lieferungen aus Russland

Außerdem spülten Uranimporte aus Russland immer wieder „Geld in Putins Kriegskasse“, kritisieren die Demo-Initiator:innen auch mit Blick auf die Brennelementefabrik im benachbarten niedersächsischen Lingen, die AKW weltweit versorgt. Dort wurden nach Angaben des niedersächsischen Umweltministers Christian Meyer (Grüne) im vergangenen Jahr 68,8 Tonnen Uran aus Russland angeliefert – 66 Prozent mehr als 2023.

Die scheidende grüne Bundesumweltministerin Steffi Lemke forderte im Wahlkampf deshalb Sanktionen gegen Uranimporte aus Russland. Trotzdem wird weiter geprüft, ob der von der Regierung des Autokraten Wladimir Putin kontrollierte Staatskonzern Rosatom bei der Brennelementefabrik einsteigen darf.

Doch auch die Betreiberfirma der UAA, das deutsch-britisch-niederländische Joint Venture Urenco, will nicht explizit ausschließen, dass auch in Gronau russisches Uran verarbeitet wird. „Wir sind ein Dienstleister für die Anreicherung von Uran. Für die Beschaffung und Lieferung des Grundstoffs sind unsere Kunden verantwortlich“, schreibt Urenco-Sprecher Chris Breuer auf taz-Anfrage. Derzeit gebe es „keine Einschränkungen in dieser Hinsicht“. Und: Zu konkreten Kundenverträgen oder Transporten könne Urenco, „auch zur Wahrung der Firmen- und Betriebsgeheimnisse, keine Angaben machen“.

Bei jedem Euro, den die Regierung des Autokraten Wladimir Putin mit ihren Uranexporten mache, handele es sich um „blutiges Geld“, das der Finanzierung des Angriffskriegs auf die Ukraine diene, warnte der russische Umweltaktivist Wladimir Sliwjak schon vor einem Jahr beim Ostermarsch in Gronau. Sliwjak ist Träger des Alternativen Nobelpreises, wird in Russland politisch verfolgt und lebt deshalb im Exil.

„Wir fordern“, sagt deshalb auch Udo Buchholz vom Arbeitskreis Umwelt Gronau als Mitorganisator des Ostermarsches, „das Aus für die Uranverarbeitung in Gronau und Lingen – und auch für die niederländische Urananreicherungsanlage in Almelo“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!