Starlink in der Ukraine: Abhängig von ganz oben
Für die Ukraine ist Starlink essenziell, um die russische Invasion abzuwehren. Doch die Nutzung steht infrage. Alternativen gibt es kaum.

Was ist Starlink?
Starlink ist ein Satellitennetzwerk von Elon Musks US-amerikanischem Raumfahrtunternehmen SpaceX. Privatpersonen und gewerbliche Akteure können darüber Zugang zum Internet erhalten, ohne dass Leitungen verlegt oder Mobilfunkmasten aufgestellt werden müssen. Starlink richtet sich speziell an Nutzende, die in entlegenen Gegenden wohnen oder arbeiten, oder die auf Reisen zuverlässig mit Internet versorgt sein wollen.
Wie funktioniert das technisch?
Rund 7.000 Satelliten hatte Starlink Mitte März im All. Es ist damit der Anbieter mit dem dichtesten Netz. Die Satelliten kommunizieren untereinander und mit Bodenstationen. Diese Kommunikation untereinander erfolgt mittels Laser, also Licht, und zum Boden per Funk. In Kombination damit, dass sich die Satelliten in einer vergleichsweise niedrigen Erdumlaufbahn befinden, laut SpaceX in etwa 550 Kilometern Höhe, führt das zu einer geringen Latenz, also einer geringen Verzögerung bei der Datenübertragung. Wichtig ist das zum Beispiel, wenn militärische Drohnen Livebilder schicken sollen.
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Wie finanziert sich Starlink?
Unter anderem über Abonnementgebühren von Privat- und Geschäftskunden. Ein großer Teil des Umsatzes entsteht über öffentliche Verträge, unter anderem mit der US-Regierung. Laut Financial Times will Handelsminister Howard Lutnick künftig etwa Mittel aus einem Fördertopf für den Breitbandausbau in den USA vermehrt Starlink zugute kommen lassen. Schätzungen zufolge könnte SpaceX darüber zwischen 10 und 20 Milliarden Dollar erhalten.
Wo ist der Haken?
Kritische Infrastruktur in privaten Händen erzeugt Abhängigkeiten. Das führt immer wieder zu Konflikten zwischen SpaceX und seinen staatlichen Geschäftspartnern. Gespräche über einen möglichen Starlink-Vertrag mit der italienischen Regierung waren zuletzt zum Erliegen gekommen. Elon Musk kann den Dienst theoretisch nach Gutdünken an- und abschalten. Auch Deutschland nutzt Starlink für die Übertragung sensibler Informationen, dies ging aus einer Anfrage der CDU im Bundestag hervor. Demnach wird der Dienst unter anderem im Außenministerium, beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik oder von lokalen Wasserbetrieben eingesetzt. Informationen über eine mögliche Nutzung durch Polizei und Nachrichtendienste hält die Bundesregierung geheim.
Welche Rolle spielt Starlink in der Ukraine?
Für Juliana Süß, Militärexpertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, eine sehr wichtige. Die Technologie werde zum einen im militärischen Rahmen genutzt, etwa bei der Kommunikation der Armee oder für den Einsatz von Drohnen. Doch zum anderen sei Starlink auch im zivilen Bereich bedeutend. Denn Russland greife gezielt die Kommunikationsinfrastruktur in der Ukraine an.
Was kostet das die Ukraine – und wer bezahlt?
Die genaue Höhe der Kosten ist nicht öffentlich bekannt. Musk behauptet, die Unterstützung der Ukraine koste sein Unternehmen jährlich bis zu 400 Millionen US-Dollar. Klar ist, dass sich SpaceX die zunächst kostenlos zur Verfügung gestellten Terminals in der Ukraine inzwischen bezahlen lässt. Anfang 2024 machte das Pentagon öffentlich, einen Vertrag über 23 Millionen US-Dollar abgeschlossen zu haben. Im Rahmen eines Streits zwischen Musk und Polens Außenminister Sikorski Anfang März, gab Warschau an, von 2022 bis 2024 rund 77 Millionen Euro für den Zugang der Ukraine zum Satellitennetzwerk gezahlt zu haben und für das laufende Jahr weitere 18,3 Millionen Euro einzuplanen.
Will Elon Musk die Hilfe einstellen?
Musk versprach kürzlich, Starlink nicht als „Druckmittel“ nutzen zu wollen – ungeachtet politischer Differenzen. Zuvor hatte er immer wieder mit der hohen Bedeutung seines Dienstes für den Kriegsverlauf geprahlt, auch in Kombination mit scharfer Kritik an der Ukraine. In einem Post auf X vom 9. März mahnte Musk, die gesamte Frontlinie der Ukraine würde zusammenbrechen, sollte er Starlink abschalten. Die USA hatten im Rahmen der laufenden Waffenruheverhandlungen den weiteren Erhalt des Zugangs an Bedingungen geknüpft und gedroht, den Dienst einzuschränken. Elon Musk hatte in der Vergangenheit Einfluss auf den Kriegsverlauf genommen und etwa ukrainische Drohnenangriffe auf die Krim verhindert. SpaceX stellt Russland sein Satelliteninternet nicht direkt zur Verfügung. Das russische Militär nutzt in den besetzten ukrainischen Gebieten auf dem Schwarzmarkt erworbene Terminals, um seine Kommunikation und Koordination zu verbessern.
Gibt es Alternativen?
Es gibt noch andere Anbieter von Satelliteninternet. Eine Option wäre der französisch-britische Konzern Eutelsat. Der betreibt unter dem Namen OneWeb ein Netz von gut 600 Internetsatelliten in einer Erdumlaufbahn, die nur etwas höher liegt als die von Starlink. Firmenchefin Eva Berneke sagte, dass es bereits Gespräche dazu gebe, wie man die Starlink-Infrastruktur in der Ukraine gegebenenfalls ersetzen könne. Aktuell habe Eutelsat einige Tausend Satellitenschüsseln in der Ukraine, sie rechne damit, dass es „ein paar Monate“ brauche, dort 40.000 von ihnen verfügbar zu machen.
„Das gesamte Starlink-Netzwerk durch eine einzelne Lösung auszutauschen, halte ich für unwahrscheinlich“, sagt Militärexpertin Süß dazu. Sie rechnet mit einer „Patchworklösung“: OneWeb, ergänzt um die Kommunikationsatelliten europäischer Staaten, wie etwa Skynet aus Großbritannien. Der Nachteil: Diese befinden sich in deutlich höheren Umlaufbahnen, über 30.000 Kilometer, was die Datenübertragung deutlich verzögert. Zu frisch ist dagegen das europäische Satellitenprojekt Iris2. Erst im Dezember wurden die Verträge zwischen der EU-Kommission und dem Unternehmenskonsortium, zu dem unter anderem Airbus und die Deutsche Telekom gehören, unterschrieben. 290 Satelliten sind hier geplant, in Betrieb gehen soll Iris2 erst 2030.
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