■ Standbild: Nur der Sound stimmt nicht
„Wir sind anders als ihr uns wollt“, So., 22.30 Uhr, 3sat.
„Ich habe hier gelernt, daß man ohne Schule, ohne Job und ohne Dach überm Kopf leben kann – und daß man sehr gut damit leben kann. Man ist einfach frei.“ Kerstin (17), ist einst aus ihrem Elternhaus abgehauen und sogleich nach Berlin gefahren, wo sie jetzt auf einem Bauwagenplatz lebt. Ihr geht es relativ gut – die „Wagenburg“ scheint eine wichtige Entwicklungsstufe in ihrem Leben zu sein.
Das gilt längst nicht für alle fünf „Mädchen auf Trebe“, die Regisseurin Lisa Glahn zu den Hauptfiguren dieser Reportage gemacht hat. Wer als 15jährige Ausreißerin persönlich noch nicht gefestigt ist oder sich politisch nicht ausreichend orientiert hat, um Kontakt zu Hausbesetzern aufzunehmen oder das Frauenhaus anzusteuern, findet in der Szene am Bahnhof Zoo eine neue „Familie“ – eine, die auf ganz andere Art beschissen ist als die alte. 60 Prozent ihrer Klientel seien auf Droge, sagt eine dort tätige Streetworkerin, und weil einige Kids bis zu 600 Mark am Tag bräuchten, wird auch schon mal der beste Freund mit dem Baseballschläger bedroht. Ramona (16) und Beatrix (15) hängen mittendrin. Die eine will weg vom Heroin und Dolmetscherin werden, die andere zurück zu ihren vielen Geschwistern. Realistisch klingt das nicht.
Warum manche Kinder abhauen müssen, verdeutlicht die Antwort einer Mutter. Sie könne gegenüber Freunden und Kollegen keinen Stolz auf ihr Kind äußern, und das fehle ihr. Der einzige Schwachpunkt der Reportage: der Soundtrack von Barbie Kills Ken. Ihr Punkrock klingt zu putzig, als daß er geeignet wäre, die überwiegend deprimierenden Bilder und Worte zu untermalen. René Martens
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