piwik no script img

Stärkung des BahnschienennetzesAuferstanden aus Ruinen

Das Schienennetz ließe sich um Tausende Kilometer vergrößern, wenn stillgelegte Strecken wiederbelebt würden. Beispiele gibt es schon.

Potenzial ist da: deutschlandweit warten 3.000 Kilometer Schiene darauf, wieder genutzt zu werden Foto: dpa

Berlin taz/dpa | Mehr als 3.000 Kilometer stillgelegte Bahnstrecken lassen sich aus Sicht zweier Verkehrsverbände ohne allzu großen Aufwand reaktivieren. Das würde den Personenverkehr in Deutschland verbessern, teilten der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und Allianz pro Schiene am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin mit.

Damit könnten zahlreiche Lücken im deutschen Schienennetz geschlossen und die steigenden Passagierzahlen besser bewältigt werden.

Die Verbände machten bundesweit 186 Streckenabschnitte aus, die in den vergangenen Jahrzehnten stillgelegt wurden und bei denen es sich lohne, sie künftig wieder in Betrieb zu nehmen. Die ausgewählten Abschnitte sind zwischen einem und 60 Kilometer lang. Nähme man sie alle wieder in Betrieb, ließe sich das gesamte deutsche Schienennetz um 8 Prozent erweitern, sagte ein VDV-Sprecher.

Derzeit nicht mehr genutzte Bahnstrecken wieder in Betrieb zu nehmen, könnte ein Schritt zur Umsetzung des Projekts „Deutschland-Takt“ sein, mit dem das Bundesverkehrsministerium die Schiene stärken will. Das Zugfahren soll so pünktlicher und schneller werden, das Erreichen der Anschlüsse direkter und verlässlicher. Außerdem könnten die Gleis-Reaktivierungen dem im Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgelegten Ziel entgegenkommen, die Fahrgastzahlen bis 2030 zu verdoppeln, betonte VDV-Präsident Ingo Wortmann.

Es gibt schon erfolgreiche Vorbilder

Die beiden Bahnverbände weisen zudem darauf hin, dass es in den letzten Jahren bereits eine Reihe erfolgreicher Schienen­wiederbelebungen gab. „Zahlreiche reaktivierte Verbindungen werden außerordentlich gut angenommen. Die beeindruckenden Erfolge zeigen, welch gute Zukunft die Eisenbahn in Deutschland mit dem nötigen politischen Willen hat.“

Der Schrumpfprozess muss endlich gestoppt werden

Dirk Flege, Allianz pro Schiene

Laut Berechnungen der Allianz pro Schiene wurden zwischen 1994 und 2019 insgesamt 827 Kilometer an Verbindungen für den Personenverkehr und 359 Kilometer für den Güterverkehr wieder in Betrieb genommen. Allerdings sind in diesem Zeitraum laut Deutschland-Karte der Allianz pro Schiene mit über 3.600 Kilometern deutlich mehr Strecken im Personenverkehr abbestellt als reaktiviert worden, auch beim Güterverkehr.

Insgesamt hat das Schienennetz derzeit eine Streckenlänge von rund 38.500 km – im Bahnreform-Jahr 1994 waren es noch 44.600 km. „Dieser Schrumpfprozess muss endlich gestoppt werden“, forderte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • 9G
    90946 (Profil gelöscht)

    Sicher, das wäre ein guter Anfang!



    Es muss aber noch viel mehr getan werden und zwar genau über die Schiene und die irrelgeleitete DB.



    Stichworte Gütertransport und Mobilität als Daseinsfürsorge.



    Im Grunde müssen die auf PKW / LKW und Straße fixierten Entscheidungen, die von der Verkehrspolitik in den vergangenen Jahrzehnten getroffen wurden, Schritt für Schritt revidiert werden. Die haben uns in den Dauerstau geführt und wenn nichts Radikales geschieht, stehen wir da in 15 Jahren noch.

  • Ja toll! “Derzeit nicht mehr genutzte Bahnstrecken wieder in Betrieb zu nehmen, könnte ein Schritt zur Umsetzung des Projekts „Deutschland-Takt“. In Stuttgart 21 will 80 ha solchen Geländes unter die Erde verlegen:



    Die Illias (Der Untergang Trojas) lässt grüssen.



    Meine Empfehlung:



    ZDF Die Anstalt 29. Januar 2019 Stuttgart21



    Verfügbar bis 29.01.2020



    www.zdf.de/comedy/...nuar-2019-100.html

  • Es ist leider zuwenig bekannt, wieviel an Lebensqualität wir alle durch die Stilllegung zahlloser Bahnstrecken verloren haben. - Früher - zum Beispiel - in den dunkelroten Schienenbussen durch einen Wald gondeln ... Eine Erholung und eine Freude. - Heute sich hinter Lastwagen quälen oder sich verfolgt von halb-wahnsinnigen PS-Protzern genervt fühlen, - so kommt man schon ganz erschöpft an seinem Ziel an. Von den Zerstörungen für die Umwelt gar nicht zu reden ! - Wir sind in den letzten Jahrzehnten ärmer geworden, nicht reicher !

    de.wikipedia.org/wiki/Schienenbus

    • 9G
      90946 (Profil gelöscht)
      @Christoph :

      Da kann ich nur zustimmen. Ich erinnere mich noch gut an die bedauerliche Stillegung dieser Schienenbusstrecken.



      In der Stadt entpricht dem die Tram/ Straßenbahn, die vielerorts verdrängt wurde. Wo sie noch fährt: genüssliches, komfortables Sausen, wo sie durch Busse ersetzt wurde: holpriges, enges Gerüttel im Stop-and-go.

  • So und jetzt kommt das böse Traumfresserchen und fragt ganz laut, wo der kaputt gesparte Laden für all das, das Wagen- und Lokomotivmaterial, bzw. die Lokführer*Innen, herbekommen soll?



    Diese wiederbelebten Strecken wollte auch so manche Privatbahn nicht aktivieren müssen, weil da zwar schon was geht und sie ganzheitlich gesehen nützlich sind, aber bei weitem nicht kostendeckend zu bedienen wären.



    Das könnte sich ein non-profit Staatskonzern geleistet haben, aber keiner der zum Profit verdammt ist.



    Das ist doch wieder nur Augenwischerei, um so zu tun, als ginge es auch ohne Totalumbau des trägen Riesen.