Stadtrat von Donezk über Separatisten: „Es war noch keiner da“
Der Abgeordnete des Donezker Stadtrats, Sergej Bogatschow, ist zum Dialog bereit. Mit allen. Ihm liege derzeit nur die Sicherheit am Herzen.
taz: Herr Bogatschow, hat sich mit der Ausrufung der „Volksrepublik Donezk“ für den Stadtrat etwas geändert?
Sergej Bogatschow: Die Abstimmung ist erst wenige Tage her. Es ist noch zu früh, um irgendwelche Änderungen zu spüren. Der Logik derartiger Gebilde entsprechend müssen zunächst Übergangsorgane eingerichtet werden, die dann wiederum Wahlen organisieren müssen. Warten wir diese Wahlen ab. Danach gibt es dann auch legitime Organe, die Entscheidungen treffen können. Sollten Vertreter der Übergangsregierung zu uns kommen, akzeptiere ich das natürlich. Wir werden uns anhören, was sie uns zu sagen haben. Aber bisher war noch niemand da.
Sie sind also zu einer Zusammenarbeit mit der „Volksrepublik Donezk“ bereit? Der Stadtrat von Donezk ist ja noch eines der wenigen Gebäude, auf dem die ukrainische Flagge weht.
Fragen von der Art: „Sind Sie bereit zu einer Zusammenarbeit? Ist für Sie die Macht in Kiew legitim?“ haben mir noch nie gefallen. Mit derartigen Kategorien operiert man im Kindergarten und der Schule. Der Donezker Stadtrat denkt in ganz anderen Kategorien. Uns ist es wichtig, dass in der Stadt Stabilität herrscht. Die Bewohner brauchen Heizung, Wasser, Gas, intakte Straßen, die öffentliche Ordnung muss maximal aufrechterhalten werden. Wenn man für die Erfüllung dieser Aufgaben und im Interesse der Sicherheit der Bürger in einen Dialog mit einer gesellschaftlichen Organisation oder einer radikalen Kraft treten muss, dann werden wir das tun.
Ist die Kriminalität in der Stadt gestiegen?
Ja. Immer wieder tauchen Checkpoints irgendwelcher Leute auf. Mancherorts patrouillieren Unbekannte auf den Straßen und halten Autos an. Gemeinsam mit den Organen des Rechtsschutzes und der Miliz treffen wir Absprachen, bemühen uns, dass derartige Dinge in einer für die Menschen nachvollziehbaren Weise vonstatten gehen. Für die Sicherheit der Menschen in der Stadt tun wir das maximal Mögliche.
Das können wir, weil wir zu einem Dialog bereit sind. Und so konnten wir hier bislang ernsthafte Konflikte verhindern. Die Führung der Stadt war mutig genug, um gewisse Massenveranstaltungen zu verbieten. Im Vorfeld einiger Massenveranstaltungen konnten wir oft durch Absprachen verhindern, dass gewisse radikale Kräfte nicht gewalttätig aneinander geraten sind. Wir tun unser Mögliches für die Sicherheit unserer Stadt.
Wie interpretieren Sie das Ergebnis des Referendums?
56, ist Chef der Fraktion der Partei der Regionen im Stadtrat von Donezk. Er gilt als graue Eminenz der Donezker Machtelite, die die Geschicke der Stadt lenkt.
Ich war am Sonntag in vielen Wahllokalen. Mir war es wichtig, auf die Einhaltung der öffentlichen Ordnung zu achten. Und dort habe ich sehr viele Menschen gesehen, die geduldig in der Schlange auf ihre Stimmabgabe gewartet haben. Nach Angaben der Organisatoren haben sich 70 Prozent an dem Referendum beteiligt. Diese Zahl weckt Zweifel ob ihrer Genauigkeit. Nach den Angaben von Gegnern des Referendums waren nur 30 Prozent an den Urnen. Hier im Gebiet Donezk leben viereinhalb Millionen Menschen. Ich denke, zwei Millionen sind auf jeden Fall abstimmen gegangen. Das ist eine große Zahl. Und deswegen muss man das Referendum sehr, sehr ernst nehmen.
Was meinen Sie damit?
Die Meinung von zwei Millionen Menschen des Gebiets Donezk einfach zu ignorieren ist unverantwortlich. Ich hoffe sehr auf ein Ende der Antiterroraktion und einen Dialog der Machthaber mit den Protestierenden. Dann können die Menschen in unserer Stadt so leben, wie sie es für erforderlich halten.
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