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Stadtentwicklungsplan VerkehrAutofrei jetzt „mittelfristig“

Der Senat beschließt neue Leitlinien für die Verkehrspolitik. Ursprünglich vorgesehene konkrete Jahreszahlen für Verbrenner-Verbote sind weggefallen.

Verkehrssenatorin Günther (Grüne) stellte am Dienstag den neue Stadtentwicklungsplan Verkehr vor Foto: dpa

Berlin taz | „Mittelfristig“ ist der vielleicht wichtigste Begriff auf den vielen Dutzend Seiten des neuen Stadtentwicklungsplans Verkehr, der Grundlage und Leitlinie der künftigen Berliner Verkehrspolitik sein soll. Denn wo jetzt eben „mittelfristig“ steht, fand sich im ersten Entwurf der grünen Verkehrssenatorin Regine Günther noch die konkrete Jahreszahl 2030: Ab dann sollten innerhalb des S-Bahn-Rings keine Fahrzeuge mehr mit Verbrennungsmotor unterwegs sein dürfen. Fünf Jahre später sollte das für ganz Berlin gelten. Doch nach SPD-Protest fiel diese Festlegung weg.

Nachdem der rot-rot-grüne Senat nach vielen Diskussionen im Vorfeld den neuen Plan beschlossen hatte, mühte sich Senatorin Günther zwar am Dienstag um die Deutungshoheit: Mittelfristig könne „auch vor 2030 sein“. Tatsächlich aber ist ein verbindliches Datum weggefallen. An Schadensbegrenzung versuchte sich auch der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, Harald Moritz: „Wir Grüne werden uns weiter dafür einsetzen, zeitnah klare Zeitvorgaben dafür festzulegen, sodass Planungssicherheit besteht.“

SPD-Politiker aber hatten eine von den Grünen als „zero emission zone“ etikettierte verbrennerfreie Innenstadt für 2030 als wirklichkeitsfremd dargestellt und dabei unter anderem auf das noch dünne Netz an Ladestationen für E-Autos hingewiesen. Streit hatte es auch über höhere Parkgebühren und die Umwandlung von Parkraum in Radspuren gegeben. „Es soll zu einer Neuaufteilung des Straßenraums kommen“, beschrieb Günther ein große Ziel des neuen Verkehrsplans, dessen Vorgänger von 2011 stammt. Nach ihren Zahlen hat sich von 2008 bis 2018 der Anteil des Fahrrad-, Fußgänger- und Bus-und-Bahn-Verkehrs von 67 auf 74 Prozent erhöht. Für neue Stadtquartiere kündigte sie daher „deutlich weniger Parkplätze“ an und nannte als Beispiel: 10 bis 30 Parkplätze pro 100 Wohnungen. Ihr Leitbild ist eine „Stadt der kurzen Wege“, in der Arbeitsplatz und Einkaufsmöglichkeiten nahe der Wohnung sind.

Kritik von der Wirtschaft

Die Berliner Wirtschaft reagierte mit viel Kopfschütteln. „Mit seinen Verkehrsleitlinien betreibt der Senat Schaufensterpolitik“, kritisierte etwa der Chef des Unternehmensverbands UVB, Christian Amsinck. Die Unternehmen seien längst dabei, für umweltfreundlichere und innovative Mobilität zu sorgen. Wäre es dem Senat ernst mit der Verkehrswende, „hätte er längst für einen beschleunigten Ausbau der Schienenverbindungen ins Umland, aber auch für die Ertüchtigung von U-Bahnen und Tram gesorgt“. Amsinck zeigte sich zudem wie die Industrie- und Handelskammer (IHK) enttäuscht über die – aus seiner Sicht – zu geringe Beteiligung der Wirtschaft an dem Plan.

IHK-Geschäftsführer Jörg Nolte begrüßte es zwar, den CO2-Ausstoß deutlich verringern zu wollen, schränkte aber ein, mit Verboten und Einschränkungen allein werde man dieses Ziel nicht erreichen. „Wenn die Leitlinien mehr sein sollen als Wunschdenken, braucht es realistisch umsetzbare und klar definierte Ziele mit Meilensteinen und Preisschild.“

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