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Staatsschutz überwacht AntifaVerpeilte Suche an der Küste

Offenbar wurden AktivistInnen der „Antifa Recherche“ per GPS observiert. Die Behörden scheinen das „Outing von Nazis“ zu fürchten.

Überwachung in der Tiefgarage: Einem PKW der „Antifa Recherche“ wurde vom Staatsschutz ein Peilsender verpasst Bild: seriousmax/photocase.com

HAMBURG taz | Lübecker Aktivisten der „Antifa Recherche“ Schleswig-Holstein sind offenkundig ins Visier der Lübecker Staatsanwaltschaft geraten. Das ist zufällig herausgekommen, als eine Aktivistin zwei Männer an ihrem Arbeitsplatz ertappte, die sich in der Garage des Bürohauses an ihrem Pkw zu schaffen machten.

Bei zwei späteren Kontrollen des Fahrzeuges stellte sich heraus, dass an der Radkastenverkleidung ihres Wagens zweimal manipuliert worden ist und sich dahinter ein Peilsender angebracht worden ist. Ein Blick ins Internet brachte Klarheit, dass die beiden Männer in Lübeck bekannte Staatsschützer waren.

Bei weiteren Kontrollen stellten die Lübeckin, die als Journalistin Fotos macht fest, dass mindestens noch ein zweites Fahrzeug in der Vergangenheit per GPS observiert worden ist. Peilsender dienen Fahndern dazu, Autos auf Distanz ohne Blickkontakt zu verfolgen oder durch Datenerfassung Kontakt- und Bewegungsprofile der Fahrerin zu erstellen.

Derartige Maßnahmen in Zeiten der Debatte über Rolle staatlicher Sicherheitsorgane in dem Skandal um den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) sind zwar einerseits überraschend, nach dem aktuellen schleswig-holsteinischen Verfassungsschutzbericht jedoch nicht unerwartet.

Öffentlichmachen von NPD-Kadern

Darin beklagt der Inlandsgeheimdienst das „Outing von Nazis“ durch die Antifa-Recherche. Das Öffentlichmachen von NPD-Kadern soll 2012 durch antifaschistische Initiativen verstärkt worden sein. Rechtsextreme, die auch nicht NPD-Mitglieder waren, wären insbesondere in den Regionen wo sie leben durch Flugblätter und Kundgebungen namentlich bekannt gemacht worden.

Der Vorwurf des Verfassungsschutzes ist, dass diese „Aufklärung“ mit der Forderung verbunden wäre, den Rechten den „Rückhalt und Akzeptanz“ in der Mitte der Gesellschaft zu entziehen – „sie öffentlich zu ächten“. Dass dieses „Outing“ erst in der Stadt oder Gemeinde zivilgesellschaftliche Debatten auslöse, wird dabei vom Geheimdienst ausgeblendet.

Den Verfassungsschutz stört aber auch der Schritt vor dem Outing: Die Recherche. Im aktuellen Bericht geht die Behörde ausführlich auch auf diese Aktivitäten von antifaschistischen Initiativen ein. „Recherche-Teams erschwerten die polizeiliche Aufklärungsarbeit bei einschlägigen Straftaten.“ Die Hamburger Anwälte der Betroffenen, Britta Eder und Andreas Beuth, bei denen in der Kanzlei der Peilsender zwischengelagert worden ist, haben mehrere Sicherheitsbehörden in Schleswig-Holstein mit Ultimatum vom Freitag voriger Woche angeschrieben und zur Stellungnahme aufgefordert.

Gemeldet hat sich nur das Landeskriminalamt (LKA) in Kiel, das für die Landespolizei mitteilte, dass diese den Peilsender nicht installiert und auch „keine verdeckten Ermittlungsmaßnahme“ eingeleitet habe. Sowohl für die Landespolizei als auch für das LKA erklärte das Landeskriminalamt, dass kein Strafverfahren gegen die Frau anhängig sei. „Es ist schon bezeichnend, dass die Lübecker Kripo und die Staatsschutzabteilung K5 sowie die Staatsanwaltschaft Lübeck nicht geantwortet haben“, sagt der Anwalt Andreas Beuth.

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17 Kommentare

 / 
  • U
    Umdenker

    Ich verstehe den Unmut vieler Kommentatoren hier, besonders im Hinblick darauf, dass deutsche Behörden anhand von Historie und Gegenwart eindeutig einen Hang dazu haben rechte Gesinnungen eher zu tolerieren als linke (das hat aber auch viel mit zu tun, dass rechte Politik nunmal schon immer auf Seiten des Kapitals und Schutz des privaten Eigentums stand und diese Ansichten insgesamt stark in der deutschen Gesellschaft verankert sind und das nicht erst seit '45).

     

    Dennoch muss ich dem ersten Kommentar von keetenheuve absolut recht geben. Die Antifa hat keine Befugniss sich als Exekutive oder Judikative aufzuspielen und ich möchte mal den Aufschrei hier erleben, wenn z.B. ein Nazi-Verbund Listen von Personen erstellt, die sie als linksextremistisch und somit nach Ihrer Ansicht verfassungsfeindlich, "outet". Stasi vs. Gestapo oder was wird das hier?

     

    Nun mal zum Vorgehen der Behörden gegenüber der Antifa. Ich verstehe nicht ganz, weshalb hier gleich eine Observierung notwendig war. Wenn Sie schon Listen herausgaben oder gar öffentlich das "Outing der Nazis" als Vorgehensweise bekannt ist, dann sind das für mich erstmal normale Straftaten, die sich eher im zivilrechtlichen (wenn man es als systematisches Ausspionieren seitens Antifa definiert, dann vielleicht sogar strafrechtlich relevant) Bereich finden (üble Nachrede, Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Datenschutz, etc...). Und genau da liegt mein Problem. Ich sehe einfach kein Anhaltspunkt, der eine generelle und geheime Überwachung der Antifa Mitglieder auch nur ansatzweise rechtfertigt.

     

    Da fehlt es mir einerseits an der Verhältnismässigkeit und auch juristisch (obwohl ich kein Spezialist bin) sehe ich da keinen Spielraum für solch einen tiefen Eingriff in die Rechte der Antifa Mitglieder.

     

    Und trotzdem Menschenjagd ist Menschenjagd ist Menschenjagd und nur weil einige hier meinen die "richtige" Gesinnung zu haben und genau zu wissen, was moralisch und ethnisch korrekt ist, der merkt nichmal, dass er genau auf die gleiche Extremismus Schiene fährt, nur eben auf dem linken Gleis. Und nein @Ralf, Faschismus ist kein Verbrechen, sondern erst einmal eine Gersinnung. Was Verbrechen sind, ist in unserer Rechtsordnung immer noch im Gesetz verankert. Wenn wir natürlich zulassen, dass viele Menschen mit rechter Gesinnung an die Macht kommen und die Gesetze sagen wir mal "inhuman" werden, dann hat aber nicht das Gesetz, sondern der Mensch versagt.

     

    Wenn die Masse das so will, dann haben wir leider Pech gehabt. So, wie ich Menschen schlecht verbieten kann zu einer Religion zu wechseln und deren Kultur zu leben (die Angst der Deutschen vor dem Islam. Wenn aber viele konvertieren wollen, dann ist das halt so und man muss damit leben. Genauso wie es viele hinnehmen mussten, als das Christentum beliebt wurde), so kann ich auch niemand verbieten eine bestimmte Gesinnung im Kopf zu haben. Anstatt also noch 1000 Jahre sich anzubrüllen, wie falsch der andere doch denkt, wie wärs mal mit Fragen wie "warum denkst du sind Ausländern oder schwarze "schlechtere" Menschen zu mehr führen. Man muss sie eher dazu bringen mit uns zu reden, denn dann werden sich von ganz allein bestimmte Fragen lösen und Erkenntnisse generieren. Denn Extremismus/Faschismus sind meist schon die Symptome und nicht die Ursache für ein solches Denken und Handeln. Da muss man sich dann aber mit Geschichte, Soziologie, Neurologie, Psychologie, usw. auseinandersetzen, also nix mit "schnell und einfach".

  • B
    Blockwart

    Ein Blockwart überwacht den Anderen.

    Na und?

     

    Dabei fällt mir auf, dass die Speerspitzen des Prolletariats in der Regel anonym agieren:)

     

    Warum eigentlich?

  • MG
    maik groh

    Es stellt sich in diesem Zusammenhang natürlich die Frage, was der SPD-Innenminister dazu sagt. Ob er als Dienstherr der Lübecker Bullen möglicherweise diese Observation veranlasst hat, wäre von Interesse.

  • N
    Nestlegate

    Man muss sich wirklich fragen wer auf welcher Seite ist.

    Wer glaubt an das Märchen das die Bundesbehörden nicht zusammen arbeiten und Akten per Zufall schreddern?

     

    Harald Haack, der Bundestrojaner und die unterschobene Straftat die nur mittels Analyse von K. Brunnstein vor Gericht wiederlegt werden konnt.

    Auch hier sind Lübecker Beamte, das Land in dem Grafen und Raubritter mit Guttie Anhang leben, sehr aktiv gewesen.

    Verständlich, die Landesbanken, die Osmanis und andere subversive Stehkragen Elemente die nur das Beste wollen.

    Ein Hilferuf, alt aber im Hinblick auf NSU, CDU, gerade Lübek wichtig.

    http://de.indymedia.org//2003/03/47445.shtml

    http://karlweiss.twoday.net/?day=20070228

    Direkt neben Batman die Hamburger Polizeizentrale und gegenüber war eine kleine Firma die genau diese Überwachungstechnik wie Peilsender und andere Technik anbot.

  • R
    Ralf

    Undemokratisch ist da nichts dran, denn die Nazis, die geoutet werden, leisten auch politische Arbeit! (Um ebendiese Demokratie zu zerstören).Sind daher teil der regionalen Politik. Daher denke ich dass es in Ordnung ist sie zu outen. Außerdem ist es wohl bezeichnend wenn man Nazis damit schaden kann, dass man ihre Meinung öffentlich macht.

     

    Ich halte das outing im Rahmen für richtig. Denn ich als Antifaschist möchte schon gern wissen, wem ich mich nähern kann ohne dass ich in Gefahr bin. Faschismus ist ein Verbrechen und keine Meinung!

     

    Liebe Grüße.

  • MB
    M. Bauer

    Ich habe keinerlei Verständnis für die kriminelle Antifa. Hier wird ein riesiger Schaden für die Linke angerichtet.

    Diese Art Menschenjagd ist schlimmer als im Mittelalter und bringt unter dem Strich nichts.

    Schade, daß die taz selbst mit der Veröffentlichung von Schwarzen Listen hier beteiligt ist.

    Schämt Euch!

  • C
    Celsus

    Nein. Die Wahrheit ist noch einfacheer und schrecklicher zusammengefasst:

     

    Die Überwachung der Antifa ist darauf zurückzuführen, dass der Verfassungsschutz so etwas wie einen "übersteigerten Hass" auf Nazis kennt und diese Leute mit dem Verdacht des Linksextremismus stempelt. Einmal verdächtig kommen die Betroffenen erst Jahre nach dem Beweis (!) ihrer Unschuld aus der Überwachung heraus, wenn sie wie zum Beispiel ein Journalist, der sich durch Pazifismus verdächtig machte, eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln erfolgreich hinter sich bringen.

     

    Derweil begründet es nach der erstaunlichen Weisheit des Bundesinnenministers noch nicht einmal einen Verdacht auf Rechtsextremismus, wenn da Burschenschafter einen Ariernachweis für die Mitgliedschaft in ihrem Verein fordern. Flapsig und frei formuliert, meint er wohl, das habe doch sehr vielen schon einmal auf der Zunge gelegen. So Leute können dann in der CSU und gewissen Behörden Karriere machen.

     

    Das Ganze erfüllt uns dann mit der Zuversicht, dem türkischen Botschafter versprechen zu können, dass alles dafür getan werde, um künftige rechtsextreme Morde zu verhindern. Der Kreis schließt sich. Nichts wurde besser. Ein Teufelskreis.

  • H
    Helmut

    Egal wie man das sehen mag wäre es doch eher wünschenswert wenn Sie,alle,welche sich hier wie auch immer angagieren möchten das Gespräch, den Austausch suchen würden! Aber das wollen sie nicht.Warum? Nun egal wo Sie stehen,Sie brauchen einen Feind an dem Sie sich abreagieren können! Probleme lösen scheint das letzte was Sie wollen?können? tun! Was Sie machen und wie die Taz berichtet ist einem einseitigen Aktionismus geschuldet aber an keiner Lösung ausgerichtet.

  • AF
    anne fresse

    Das Lübecker K5 steht wohl unter Ermittlungsdruck.Sämtliche Verfahren gegen Lübecker Antifaaktivisten mussten mangels ungenügender Beweise

    eingestellt werden.Trotzdem nehmen Repressionen gegen Lübecker Aktivisten zu,dieses äußert sich durch observieren und sinnfreie Hausdurchsungen.Antifaschisten sollen kriminalisiert werden während Neonazis unbestraft morden konnten.

  • IK
    IhrNamesppielt keine rolle

    Wo wären wir ohne die Antifa-Recherche? Verfassungsschutz abschaffen!!!

  • L
    lowandorder

    Dazu paßt es doch ganz prima, wenn anne Küste, wie geschehen,

    ein Oberschlapphut als Oberster Verfassungsrichter seine

    - tja, passende Anschlußverwendung findet:

    " nix auf Tasche, aber das christliche Parteibuch in derselben!"

    Genau - paßt schon.

    Und so einer wollte mal von mir geduzt werden.

    Nich uttohollen. Glatt verpeilt.

  • V
    vic

    Tja, was soll man noch sagen?

    Auf dem rechten Auge blind, dafür sieht das linke Phantombilder.

  • JV
    Jorge Videira

    Das Verhalten der Staatsschutzabteilung der Polizei ist nicht verwunderlich: Wer einmal als nichtweißer Mitbürger mit Beamten oder Angestellten bundesdeutscher Ordnungs- und Ausländerbehörden oder der Bundespolizei zu tun hatte, wundert nichts mehr.

  • MN
    Mein Name

    "Es ist absolut undemokratisch, wenn sich diese "Aktivistinnen" zur selbsternannten "Behörde zum Outing von Nazis" machen."

    Denkst du ernsthaft die würden das machen wenn die "demokratisch legitimierte Exikutive und Judikative" die Arbeit übernehmen würden???

    Die machen Ihre Arbeit oftmals nicht denn: http://www.youtube.com/watch?v=Vy0VLy9jRoU

    Muss man demokratisch legitimiert sein um daraufhinzuweisen, dass Nazis in dieser oder jener Organisation versuchen Einfluss zu nehmen???

    Und wie peinlich ist dass denn: "Die Arbeit der Poliztei wird erschwert, wenn Antifaschisten Recherche betreiben und Nazis namentlich veröffentlichen??? Mehr Infos = Erschweren der Arbeit??

    Das einzige was die fürchten ist dass ihre V-Leute aufgedeckt werden

  • DM
    der mit der tastatur tanzt

    Die Behörden scheinen eher das V-Leuten zu fürchten.

     

    für berlin: http://www.antifa-berlin.info/recherche/229-fight-back-05---april-2013

  • D
    D.J.

    Naja, wenn es nur um die NPD ginge; das Problem der so genannten Antifa ist aber, dass in einer Mischung aus Dummheit und unfassbarer Arroganz schon mal der eine oder andere Anhänger einer Partei rechts der SPD zum Nazi gemach wird. So traf es in Schleswig-Holstein z.B. einen Politiker der "Freiheit" (Zerstörung senes Autos). Man muss dies Ein-Themen-Partei nicht mögen, um ein solches Verhalten ekelhaft zu finden.

  • K
    keetenheuve

    "Das Öffentlichmachen von NPD-Kadern soll 2012 durch antifaschistische Initiativen verstärkt worden sein. Rechtsextreme, die auch nicht NPD-Mitglieder waren, wären insbesondere in den Regionen wo sie leben durch Flugblätter und Kundgebungen namentlich bekannt gemacht worden. "

    Gehören "antifaschistische Initiativen" zur Exekutive oder Judikative dieses Staates? Oder sind sie in irgendeiner Weise demokratisch legitimiert, Bürger mit mißbliebiger Meinung "namentlich bekannt zu machen"? Und seit wann bestimmen "antifaschistische Inititiven", wer "rechtsextrem" ist, auch "wenn er nicht NPD-Mitglied" ist?

    Es ist absolut undemokratisch, wenn sich diese "Aktivistinnen" zur selbsternannten "Behörde zum Outing von Nazis" machen. Unfassbar, dass es in diesem Staat schon so weit gekommen ist. Wehret den Anfängen....