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Staatsfonds von NorwegenRekordminus von 152 Milliarden Euro

Auch der größte Pensionsfonds der Welt musste im Jahr 2022 Federn lassen. Damit ist eine Rekordserie hoher Renditen vorläufig zu Ende gegangen.

Die Bohrinsel des börsennotierten Unternehmens Statoil nahe Skavanger Foto: Nerijus Adomaitis/reuters

Oslo rtr/dpa | Die infolge des russischen Kriegs gegen die Ukraine schwächelnden Börsen haben dem norwegischen Staatsfonds im vergangenen Jahr einen Rekordverlust eingebrockt. Der weltgrößte Vermögensfonds gab am Dienstag ein Minus von 1,64 Billionen Kronen (152 Milliarden Euro) für 2022 bekannt. Der bisher größte Verlust von 2008 während der globalen Finanzkrise von 633 Milliarden Kronen wurde damit um mehr als das Doppelte übertroffen.

„Der Markt wurde durch den Krieg in Europa, die hohe Inflation und die steigenden Zinssätze beeinträchtigt“, begründete der oberste Fondsmanager Nicolai Tangen die schlecht laufenden Geschäfte. „Dies wirkte sich gleichzeitig negativ auf den Aktien- und den Anleihenmarkt aus, was sehr ungewöhnlich ist.“

Der Verlust beendet eine Rekordserie für den Fonds, in der die jährlichen Renditen 2019 bis 2021 jeweils die Marke von einer Billion Kronen überstiegen. Im abgelaufenen Jahr betrug die Rendite des billionenschweren Fonds minus 14,1 Prozent. Sie lag damit um 0,88 Prozentpunkte höher als die Rendite des Referenzindexes.

Tangen hatte 2021 noch den zweithöchsten Gewinn in der Geschichte des Fonds vermelden können. Besonders die Beteiligungen an Technologie- und Social-Media-Unternehmen verloren allerdings im vergangenen Jahr an Wert. Diesen Unternehmen machen höhere Zinsen und der zunehmende Wettbewerb zwischen den Plattformen um Werbebudgets, die durch die rasant steigende Inflation aufgezehrt werden, zu schaffen. Die Zentralbanken haben in vielen Ländern ihre Zinssätze aggressiv angehoben, um die Teuerung zu bekämpfen. Das führt zu höheren Kreditkosten und niedrigeren Gewinnspannen für Unternehmen.

Weil die norwegische Krone gegenüber mehreren Hauptwährungen an Wert verloren hat, nahm das Volumen des Staatsfonds trotz der negativen Rendite leicht zu: Ende 2022 lag er somit bei rund 12,43 Billionen Kronen. Dies hing neben den Währungseffekten auch mit Geldzuflüssen zusammen. Langfristig betrachtet hat der Fonds über die Jahre massiv an Wert gewonnen. 2019 hatte er erstmals die 10-Billionen-Kronen-Marke erreicht. Am Dienstagvormittag lag er knapp über 13,4 Billionen Kronen (1,23 Billionen Euro).

Der Pensionsfonds Ausland gilt in Norwegen als langfristige Versicherung für künftige Generationen, wenn nicht mehr nach Öl gebohrt werden kann. Er wird mit den Einnahmen aus der norwegischen Öl- und Gasförderung gespeist. Er ist weltweit an rund 9.300 Unternehmen beteiligt, wobei er 1,3 Prozent aller börsennotierten Aktien besitzt. Investiert wird aber auch in Anleihen, nicht börsennotierte Immobilien und Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien.

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8 Kommentare

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  • Propaganda! Die Börsen sind vorher schon auf Tiefgang gegangen wegen der ansteigenden Inflation. Bitte informieren. Der Krieg hat es nur beschleunigt. Jedes Mal und überall und bei jedem Thema, der Krieg. Nein die Wirtschaft war vorher schon am absinken. Aber klar am Kapital und der Wirtschaft will ja keiner Kritik üben...

  • "15 Jahre als ausreichend sichere Evidenz heranzuziehen ist schon fast weltfremd." --> Das habe ich auch nicht geschrieben. Ich habe mich zwar undeutlich ausgedrückt (siehe unten der Kommentar von Ingo Bernable), aber nicht so undeutlich.

    Es ging um die jeweilige 15 Jahre und mehr Betrachtungsperiode innerhalb eines Zeitfensters von ca. 100 bis 150 Jahren. Hier mal die statistische Auswertung eines Mathematikers (www.youtube.com/watch?v=v77HcHEbt08).

    Allerdings bezieht sich diese Analyse nicht auf irgendeine Aktie oder einen Aktienindex, sondern auf eine Betrachtung der Weltwirtschaft.

    Und zum Thema nicht wächst ewig: Doch, das passiert im Regelfall. Es wird immer wissenschaftlichen Fortschritt, neue Verfahren, Techniken und (ja auch das) Produkte geben. Das ist der Kern von Wachstum, Fortschritt.

    Sollte tatsächlich der Fall eintreten, dass wir an den Punkt von Stillstand oder Rückschritt kommen, ist die Rente unser geringstes Problem. Dann kollabiert nämlich die Gesellschaft und damit auch jedes umlagefinanzierte System außerhalb der Version "Eltern versorgen ihre Kinder und dafür versorgen die Kinder später die Eltern".

  • Das war erwartbar und unausweichlich. Lediglich der Zeitpunkt war nicht vorhersehbar.



    Eine Aktienrente, a la FDP wäre davon genauso betroffen, so etwas ist keine Zukunftsvorsorge, das ist Casino. Kann auch alles plötzlich weg sein...



    Zu glauben Aktienkurse gingen immer nach oben, ist eine schöne Vorstellung, aber ei Crash kommt, die Frage ist nur wann.

    • @nutzer:

      Niemand, wirklich niemand, behauptet oder glaubt, dass Aktienkurse immer steigen.

      Die einzige Behauptung ist, dass Aktien in der langfristigen Betrachtung in der Vergangenheit noch nie Minus gemacht haben. Langfristig heißt hier 15 Jahre und mehr.

      15 Jahre ist dabei die magische Grenze, da ab 15 Jahren es immer ein (wenngleich ein mageres) Plus gab. Für jede einzelne Zeitperiode seit es Aktien gibt, also auch für den Kauf zum Besten und Verkauf zum schlimmsten Zeitpunkt.

      Deswegen ist Aktien auch kein Casino, sondern Investition.

      • @Kriebs:

        naja, die FDP glaubt das schon.



        Und bei der Rente geht es nicht um 15 Jahre und um den Durchschnitt, da geht es um dauerhafte sichere Zahlungen und wenn der Kurs mal fällt kann man die Renten nicht einfach nach unten anpassen.



        15 Jahre als ausreichend sichere Evidenz heranzuziehen ist schon fast weltfremd.



        Und das Aktiensystem ist ein Casino, weil es nur funktioniert, wenn es wächst, aber nichts wächst ewig...

      • @Kriebs:

        "Die einzige Behauptung ist, dass Aktien in der langfristigen Betrachtung in der Vergangenheit noch nie Minus gemacht haben. Langfristig heißt hier 15 Jahre und mehr."



        Nikkei 225: April ´91 : 26300 Punkte, April 2016: 17500, heute 27300



        IBEX 35: Nov ´07: 15700 Punkte, heute 9000



        CAC 40: August ´00: 6800 Punkte, August ´15: 4400



        "Deswegen ist Aktien auch kein Casino, sondern Investition."



        Es hängt halt immer davon ab wie mit den Aktien gehandelt wird. Wer auf Shorts setzt hat ein begrenzte Gewinnchance (unter 0 kann der Underlying schlecht fallen), aber ein unbegrenztes Verlustrisiko (d.h. über das eingesetzte Kapital hinaus). Umgekehrt gibt es inzwischen selbst für Privatanleger Möglichkeiten ihr Risiko über Hedging zu begrenzen.

        • @Ingo Bernable:

          Okay, korrekt. Ich habe mich missverständlich ausgedrückt: Die Wirtschaft der westlichen Welt hat in den letzten 100 Jahren zu keinem Zeitpunkt bei einem Betrachtungszeitraum von 15 Jahren und mehr ein Minus gemacht. Mea Culpa.

          Einzelne Aktienindizes (oder noch schlimmer, einzelne Aktien) schneiden natürlich da deutlich schlechter ab.

        • @Ingo Bernable:

          "If your broker knows how to make money, why he should work for You?"



          Plakat in Atlanta, gesehen 2001.