Staatsbürgerschaft in Deutschland: Zwei Herzen, ach, in meiner Brust
Das Bundeskabinett hat eine Doppelpass-Regelung bewilligt. Die Antragssteller müssen nachweisen, bis zum 21. Lebensjahr acht Jahre in Deutschland gelebt zu haben.
BERLIN rtr | Die Bundesregierung hat grünes Licht für die Neuregelung des Staatsbürgerschaftsrechts gegeben. In Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder von Einwanderern sollen sich nicht mehr bis zum 23. Geburtstag zwischen der Staatsbürgerschaft ihrer Eltern oder der deutschen entscheiden müssen.
Allerdings müssen sie nach dem am Dienstag vom Kabinett verabschiedeten Gesetzentwurf nachweisen, dass sie bei Vollendung des 21. Lebensjahres mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt oder sechs Jahre hier die Schule besucht haben. Als Nachweis soll auch ein deutscher Schulabschluss oder eine abgeschlossene Berufsausbildung in Deutschland ausreichen.
Justizminister Heiko Maas sagte, der Kompromiss setze den Koalitionsvertrag vernünftig in die Praxis um. In vielen Fällen könne von den Behörden allein anhand von Meldedaten mit wenig Aufwand festgestellt werden, ob ein junger Mensch hier aufgewachsen sei. Nur eine kleine Minderheit werde zur Klärung von Zweifelsfällen angeschrieben.
Die SPD wollte die Optionspflicht, also die Pflicht zur Entscheidung für einen Pass, eigentlich ganz abschaffen. Die Union hingegen hatte ursprünglich nichts an der Doppelpass-Regelung ändern wollen.
Auch der von Mass und Innenminister Thomas de Maiziere erarbeitete Kompromiss stößt auf Kritik. Abgeordnete beider Fraktionen haben angekündigt, in den Beratungen des Parlaments auf Änderungen dringen zu wollen. Einzelne SPD-Politiker halten das vereinbarte Verfahren für zu bürokratisch. Unions-Politiker pochen dagegen auf Verschärfungen. Sie beklagen etwa, dass allein der Nachweis eines Schulbesuchs von sechs Jahren ohne Leistungserfolg für den Doppelpass ausreichen soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland