Staatsanwaltschaft prüft Polizeieinsatz: Schlagstockeinsatz am Kölner Airport
Am Flughafen Köln-Bonn soll ein Deutschtürke von Beamten der Bundespolizei bewusstlos geschlagen worden sein. Die Behörde widerspricht.
KÖLN/BERLIN taz | Ein Polizeieinsatz am Flughafen Köln-Bonn sorgt für Aufregung. Die türkische Regierung und auch die Grünen fordern Aufklärung. Weitgehend unstrittig ist, wie es zu dem Zwischenfall in der Nacht von Samstag auf Sonntag kam. Gemeinsam mit seiner Frau hatte der in Duisburg lebende Tiefbauunternehmer Yasar A. ihren Sohn und dessen Verlobte zum Flughafen begleitet, um die beiden in den Urlaub zu verabschieden.
Als sich der 51-Jährige an einem Check-in-Schalter über den Flug nach Istanbul informieren wollte, geriet er mit der Angestellten einer Fluggesellschaft in einen heftigen Streit, weil er sich von ihr schlecht behandelt fühlte. In dem Disput soll Yasar A. die Mitarbeiterin beschimpft und beleidigt haben. Die rief daraufhin die Bundespolizei.
Was dann passierte, darüber gibt es unterschiedliche Versionen. Nach den Angaben von Yasar A. und seiner Frau soll einer der Beamten den Sohn festgehalten haben, um dessen Ausweis zu kontrollieren. Als Yasar A. nach dem Grund für diese Kontrolle gefragt habe, habe ihn der Polizist brutal am Arm gepackt und mit dem Schlagstock auf den Kopf geschlagen. Dann sei er in Ohnmacht gefallen. Die Folge des Schlagstockeinsatzes sei eine 3,5 Zentimeter lange Wunde am Kopf, die im Krankenhaus hätte behandelt werden müssen. Außerdem habe er Verletzungen am Arm erlitten.
Die Bundespolizei widerspricht dieser Darstellung. Laut einer Sprecherin habe Yasar A. vielmehr zwei Beamte bedroht, und einem von ihnen sogar einen Fausthieb ins Gesicht verpasst. Daraufhin habe ihm einer der Beamten mit dem Schlagstock auf den Arm geschlagen. Die Kopfwunde habe sich der türkische Staatsbürger, der seit 46 Jahren in der Bundesrepublik lebt, zugezogen, als er im Gerangel auf den Boden gestürzt sei.
Kritik kommt von den Grünen
Die türkische Regierung kritisierte den Polizeieinsatz scharf. „Ich verurteile die Polizeigewalt gegen unsere Bürger auf dem Kölner Flughafen“, sagte der stellvertretende türkische Premierminister Bekir Bozdag. Er habe die türkische Botschaft in Berlin angewiesen, sich um den Fall zu kümmern, teilte Bozdag in einer schriftlichen Erklärung mit.
Auch die Grünen forderten eine gründliche Untersuchung. „Die Vorwürfe an die Polizei klingen schockierend und verlangen nach einer lückenlosen Aufklärung“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der grünen Bundestagsfraktion, Volker Beck. Der Flughafen Köln-Bonn bedauerte den Zwischenfall. „Die Flughafengesellschaft hofft, dass der äußerst bedauerliche Vorfall rasch aufgeklärt wird und wünscht dem Verletzten baldige Genesung“, teilte ein Sprecher des Flughafens mit.
Die Kölner Staatsanwaltschaft hat inzwischen die Ermittlungen aufgenommen. „Wir ermitteln gegen einen Beamten wegen eines Anfangsverdachts der Körperverletzung im Amt“, bestätigte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer. Außerdem werde gegen Yasar A. wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt. „Wir müssen nun klären, warum der Beamte den Schlagstock benutzt hat, wo er den Mann getroffen hat und welche Verletzungen dabei entstanden sind.“ Zeugenvernehmungen hätten bereits begonnen. Auch würden Videoaufzeichnungen ausgewertet.
In Bremen hat sich unterdessen das Parlament mit dem harten Polizeieinsatz in der Diskothek „Gleis 9“ vom Juni beschäftigt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt dort gegen einen Polizisten, der bei dem Einsatz einen 28 Jahre alten Mann geschlagen und getreten hat. Der Ablauf des Einsatzes ist auf Videoausschnitten dokumentiert, die im Netz veröffentlicht wurden. Mehrere Beamte rangen den Mann, der zuvor aggressiv gewesen sein soll, zu Boden. Die Bremer Polizei hatte selbst Anzeige wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt erstattet. Mehrere Bürgerschaftsabgeordnete hatten nach dem Bekanntwerden des Videos Aufklärung verlangt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers