Staatsanwaltschaft ermittelt: Eine Waffenspur zur AfD
In Bayern stießen Ermittler*innen auf mutmaßliche Waffenhändler*innen. taz-Recherchen zeigen: Auch eine AfD-Mitarbeiterin ist unter den Beschuldigten.
Bayerischen Ermittler*innen zufolge wurden diese Waffen von Kroatien nach Deutschland geschmuggelt und dort weiterverkauft. Die Ermittlungen begannen bereits 2018 im Balkan, es gab in jenem Jahr erste Durchsuchungen. Im vergangenen Sommer wurde der Hauptverdächtige Alexander R. in Kroatien festgenommen. Der 48-Jährige war früher in München in der NPD und anderen rechtsextremen Gruppierungen aktiv. Der Kreis der Beschuldigten hat sich inzwischen nach taz-Informationen ausgeweitet, die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt nun gegen 16 Menschen. Es geht um mutmaßliche Verstöße gegen das Kriegswaffenkontroll- und das Waffengesetz.
Brisant ist an dem Fall nicht nur die recht hohe Zahl Beschuldigter, sondern auch der Verdacht, wer die mutmaßlichen Abnehmer sind. Laut der ZDF-Sendung „Frontal 21“ hat ein Zeuge in Kroatien ausgesagt, dass die Waffen für „die AfD, eine rechte Partei“, vorgesehen gewesen seien.
Die Büros der Beschuldigten wurden durchsucht
Wie taz-Recherchen jetzt zeigen, führt die Spur der Waffen sogar bis in die Bundestagsfraktion der AfD. Nicht nur der Hauptverdächtige Alexander R. war in der Partei. Eine der Beschuldigten arbeitet für den bayerischen AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron. Dieser gehört dem rechten Rand der Partei an und war bereits vor seinem Einzug in den Bundestag vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet worden. In dem Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, das Verdachtshinweise für die Verfassungsfeindlichkeit der AfD sammelt, ist Bystron mehrfach explizit genannt. Die Frau, die in den Waffenhandel verstrickt sein soll, ist Mitarbeiterin in Bystrons Wahlkreisbüro in München.
In internen Messengernachrichten, die der taz vorliegen, benutzt auch die AfD-Mitarbeiterin den Autoteilecode. „Wann kommt mein Getriebe nach München?“, fragt sie Alexander R. im Sommer 2016. Sie hoffe, dass er „was gescheites für die 700 €“ aus Kroatien mitbringe. Ob der Kauf zustande kam, ist unklar. Waffen haben Ermittler*innen bei ihr nicht gefunden. Mindestens einmal vernetzt sie den Hauptbeschuldigten R. mit einem anderen potenziellen Waffenkäufer aus Bayern, dessen Identität ist der taz bekannt.
Die Frau arbeitet nicht nur für die AfD, sie ist auch selbst politisch aktiv und ideologisch überzeugt. „Ich habe mir den Kampf für unser Land als oberstes Ziel gesetzt“, schreibt sie in einer E-Mail. Gegenüber der taz möchte sie sich nicht ausführlich äußern, sagt aber auf Anfrage, sie sei bestimmt nicht als Waffenhändlerin durch Deutschland gezogen und sie wolle mit der Sache jetzt nichts mehr zu tun haben.
Im vergangenen Sommer waren die Wohnungen und Büros von Beschuldigten durchsucht worden, vor allem in Bayern, aber auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Österreich. Alle Beschuldigten sind laut Staatsanwaltschaft rechtsextrem oder auch Reichsbürger, mindestens acht von ihnen sind den Angaben zufolge in der Vergangenheit im Bereich der politisch motivierten Kriminalität aufgefallen. Keine der Personen verfügte über eine Waffenerlaubnis. Bei den Durchsuchungen wurden unter anderem eine Pumpgun, zwei halb automatische Kurzwaffen sowie rund 200 Patronen sichergestellt. Jene Waffen aber, die mutmaßlich zwischen 2015 und 2018 an Mitglieder der rechtsextremen Szene verkauft wurden, wurden nicht gefunden. Alexander R. und ein weiterer Hauptverdächtiger sitzen in Untersuchungshaft.
Mit den Anschuldigungen gegen seine Mitarbeiterin konfrontiert, reagierte der AfD-Bundestagsabgeordnete Bystron ausweichend. In einer SMS von seinem Diensthandy schrieb er der taz, dass er sich lediglich zu seiner eigenen politischen Arbeit oder Person äußere.
Anmerkung 05.02.21: In einer früheren Fassung des Textes stand, dass der Bundestagsabgeordnete Petr Bystron Mitglied des „Flügels“ der AfD gewesen sei. Das ist nach seiner Darstellung nicht korrekt. Im Text wurden Angaben zur politischen Verortung Bystrons ergänzt.“
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