Sri Lanka justiert die Außenpolitik neu: Mehr Indien, weniger China

Sri Lanka ist in China hoch verschuldet, weshalb die Regierung in Colombo sich jetzt wieder um ein besseres Verhältnis zu Indien bemüht.

Ein Chinese schaut auf die Hafen-City in Colombo

Die Sonderwirtschaftszone Colombo Hafencity wird mit chinesischem Geld weiter gebaut Foto: Eranga Jayawardena/ap

MUMBAI taz | Das wirtschaftlich angeschlagene Sri Lanka ist die letzten Jahre in immer größere Abhängigkeit von China geraten. Deshalb bemüht sich die Regierung in Colombo seit einiger Zeit wieder um bessere Beziehungen zu Indien – zuletzt sogar mit einem Stein. Der Brocken soll Teil des indischen Heldenepos Ramayana sein und wurde im Herbst vom Sri Lankas Botschafter in Indien für den Bau eines Tempels im nordindischen Ayodhya übergeben. Das ohnehin komplizierte Verhältnis zu Indien hatte sich erneut verschlechtert, nachdem Colombo 2021 ein Abkommen mit Delhi und Tokio über den Betrieb eines Containerterminals gekündigt und neu verhandelt hatte.

Doch Colombos Kalkül mit dem historischen Stein schien aufzugehen: Bei einem kürzlichen Ministertreffen in Delhi wurden Lebensmittel- und Medikamentenexporte nach Sri Lanka vereinbart. Indien gab auch einen Kredit und erleichterte Investitionen in Sri Lanka. Beschlossen wurde zudem die Sanierung des Ölhafens im östlichen Trincomalee. Die Pläne dafür gibt es schon seit 35 Jahren, doch scheiterte die Umsetzung des Großprojektes immer wieder.

Nach dem Ende des Bürgerkriegs 2009 hatte Sri Lanka Peking um Hilfe zum Wiederaufbau gebeten. So wurde während der Präsidentschaft von Mahinda Rajapaksa (2005–2015) in seinem Heimatort Hambantota mit Geld aus China ein Tiefseehafen gebaut.

Doch musste Colombo letztlich wegen Überschuldung Hafennutzung und -betrieb für 99 Jahre an China abtreten. An Sri Lanka, das im Indischen Ozean an der Südspitze des Subkontinents liegt, führen die Tankerrouten vom Golf zum Fernen Osten vorbei. Der Inselstaat ist daher für Pekings Neue Seidenstraße wichtig, die Chinas Einfluss vergrößern soll.

Indien, das über Pekings Auftreten in Südasien alarmiert ist, fühlt sich von dessen Kontrolle des Hafens Hambantota bedroht und forcierte deshalb ab 2017 wieder das Projekt des Ölhafens Trincomalee.

Doch 2019 kehrte Mahinda Rajapaksa, dessen Brüder Präsident und Finanzminister sind, aus der Opposition als Premier an die Macht zurück. Es bahnte sich wieder ein chinafreundlicher Kurs an. Sri Lanka bemüht sich denn in Peking auch um Erleichterungen bei der Bedienung seiner dort umgerechnet 4,4 Milliarden Euro Schulden.

„Während China in sri-lankischen Gewässern fischt, muss Indien die Kosten und Nutzen einer Rettungsaktion für den Nachbarn abwägen“, sagt N. Sathiya Moorthy von der indischen Denkfabrik Observer Research Foundation (ORF) im Gespräch mit der taz. Auch wenn es für Indien nicht so kostspielig sei, habe Delhi kein Interesse, dies ohne strategische Vorteile zu machen.

Laut Moorthy kann Indien sich aber nicht leisten, auch noch den Ölhafen an China zu verlieren. Sri Lanka habe allein weder die Mittel zum Wiederaufbau noch für eine alleinige Verwendung. Aber gemeinsam könnten Indien und Sir Lanka das Projekt stemmen und sinnvoll nutzen, etwa für eine strategische Ölreserve. Doch dafür dürfe die Regierung in Colombo dem Projekt keine Hindernisse in den Weg legen, wie sie es bisher bei Projekten getan habe.

Sri Lankas Auslandsschulden sind auf über 40 Milliarden Euro gestiegen und es droht der Staatsbankrott, warnt nicht nur der Oppositionspolitiker Harsha de Silva. Dabei war zehn Jahre nach Ende des Bürgerkrieges der Tourismus auf über 10 Prozent der Wirtschaftsleistung ausgebaut worden. Doch kommt das Land seit den Anschlägen auf Luxushotels und Kirchen an Ostern 2019 nicht mehr recht auf die Beine, inzwischen auch wegen der Coronapandemie.

2021 sind Sri Lankas Währungsreserven von 7,5 Milliarden Dollar (2019) auf 1,6 geschrumpft, das Bruttoinlandsprodukt ist eingebrochen, Importverbote für Dünger haben die Ernteerträge für Tee und Reis schrumpfen lassen. Und die Öllieferungen des Iran werden jetzt direkt mit Teelieferungen bezahlt.

Indiens Außenminister Subrahmanyam Jaishankar versprach Sri Lanka in diesen schwierigen Zeiten Unterstützung. Doch Bhavani Fonseka vom Centre for Policy Alterna­tives in Colombo bezweifelt, dass sich die Beziehungen zwischen den beiden Staaten stark verbessern werden.

„Die Regierung geht auf alle zu, die Sri Lanka unterstützen wollen“, sagt sie der taz, selbst auf Entwicklungsländer wie Bangladesch. Bisher habe sich Sri Lanks Führung aber nicht durchgerungen, den Internationalen Währungsfonds (IWF) um Hilfe zu bitten. Daher seien die bisherigen Maßnahmen nur ein Pflaster auf eine klaffende Wunde.

Während Indien jetzt einsprang, hat China bisher noch nicht öffentlich reagiert. Vielmehr wird weiter mit chinesischem Geld an dem Projekt der Sonderwirtschaftszone Colombo Hafencity gebaut.

Laut Fonseka gibt es inzwischen sogar Warnungen vor einer Hungersnot aufgrund von Ausfällen bei den Ernten und den Importen. Ein großes Problem sei die Unberechenbarkeit der Regierung in Colombo. „Wir wissen nicht, was sie vorhat“, sagt Fonseka und beklagt häufige Kurswechsel. Zugleich nehme der Einfluss des Militärs im Alltag zu.

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