Spurlos verschwunden: Blogger und Aktivist in Kairo inhaftiert
Der Deutschägypter Philip Risk wird nach einer Solidaritätsdemonstration mit dem Gazastreifen vom Geheimdienst verschleppt. Er warf der ägyptischen Regierung Untätigkeit vor.
KAIRO taz Wenn man in Ägypten in ein Fahrzeug gezerrt wird, dessen Nummernschilder mit schwarzem Tuch verhängt sind, dann bedeutet das in der Regel, dass der Inlandsgeheimdienst sich jemandes angenommen hat. Derartige Entführungen gehören zu dessen Repertoire.
Am Freitagabend war der 26jährige Deutschägypter Philip Risk auf diese Weise nach einer Solidaritätskundgebung mit der Bevölkerung des Gazastreifens in der nördlich von Kairo gelegenen Ortschaft Kaljubia abgeholt worden.
"Wir wissen nicht, wo er ist, und es gibt keine offizielle Anschuldigung", erklärt Risks Schwester Jeanette. Die deutsche Botschaft sei informiert und versuche, ihren Bruder, der ein Student und Blogger ist, ausfindig zu machen. Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte, dass der Fall dort bekannt sei.
"Es ist schrecklich, wir wissen von vielen Zeugen, dass er verschleppt worden ist, und jetzt behaupten die ägyptischen Behörden einfach, sie wüssten von nichts", klagt die Mutter, Judith Risk, am Telefon in Kairo. Die Botschaft, sagt sie, sei an dem Fall dran, aber die ägyptischen Behörden erteilten immer unterschiedliche Auskünfte. Mal stritten sie alles ab, dann sagten sie, er sei verhaftet worden, aber man wisse nicht, wo er sei. Zuletzt sei wieder alles abgestritten worden, erzählt sie. Sie habe keine Ahnung, wohin ihr Sohn gebracht worden sei und wie es ihm gehe.
Laut ägyptischem Recht müsste Risk innerhalb von 48 Stunden einem Staatsanwalt vorgeführt werden. Der oberste Staatsanwalt in Kairo hatte am Samstag gegenüber der Familie und einem Anwalt bestätigt, dass sich Risk im Gewahrsam des Geheimdienstes befindet, ohne allerdings seinen genauen Aufenthaltsort mitzuteilen.
Die Familie erstattete am gleichen Tag bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Banha im Norden Kairos eine Anzeige wegen Entführung. Der dortige Staatsanwalt versprach, den Fall mit den Sicherheitskräften zu untersuchen, und vernahm bereits erste Zeugen.
Mit großer Wahrscheinlichkeit befindet sich Risk in Lazurli, dem Hauptquartier des Inlandsgeheimdienstes im Zentrum Kairos. Offiziell ist das zwar nicht bestätigt, Bekannte erhielten aber an der Pforte die Auskunft, dass "ein deutscher Journalist" eingeliefert worden sei. Risk, der an der American University in Kairo studiert, schreibt in dem Blog "Tabula Gaza" (tabulagaza.blogspot.com). Er hat zwei Jahre lang im Gazastreifen gelebt und dort häufig deutschsprachigen Journalisten bei ihrer Recherche geholfen. Bei der Demonstration, nach der Risk abgeholt wurde, ging es ihm darum, auf die Folgen der israelischen Blockade des Gazastreifens aufmerksam machen.
Risk hat auch immer wieder die ägyptische Regierung für ihre Untätigkeit kritisiert. "Es gibt eine große Diskrepanz zwischen der Regierung und den Menschen in Ägypten. Während die Menschen die Verletzten aus Gaza willkommen heißen, erlaubt die Regierung nur einer kleinen Zahl von Verletzten den Grenzübertritt", schrieb er während des jüngsten Krieges in seinem Blog. Sein letzter Eintrag von 4. Februar lautet: "Es gibt Gerüchte, dass die Regierung den Grenzübergang Rafah nun wieder für alle Journalisten und Ärzte schließen wird. Ob das Blutbad weitergehen wird?"
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