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Sprachkritiker Schneider gegen GendernVor Wölfen wird gewarnt

Der ehemalige Journalist und „Sprachpapst“ Wolf Schneider mokiert sich übers Gendern. Dabei hat er nichts verstanden, findet unser Autor.

Wolf Schneider, Journalist und Publizist, 2013 in der Talk-Show von Maybrit Illner Foto: imago

V or Wölfen wird gewarnt. Also jetzt nicht vor den possierlichen Tierchen, die dafür sorgen, dass sich in Brandenburg überhaupt mal wieder wer oder was bewegt. Nein, Vorsicht ist vor den menschlichen Wölfen geboten. Besonders, wenn sie was mit Medien machen.

Erst war da Prälat Wolf beim Rundfunkrat der Bayern mit seiner Verstrickung in den Missbrauchsskandal der katholischen Kirche. Dann kam der Messe-Wolf im RBB-Verwaltungsrat daher, der knietief im Compliance-Sumpf beim Hauptstadtsender steckt. Und jetzt haben wir einen alten weißen Wolf aus Starnberg am See, zu dem viele Jour­na­lis­t*in­nen früher mal aufgeschaut haben.

„Deutsch für Profis“ heißt seit 1982 ein Klassiker der Journalismus-Ausbildung und verspricht „Wege zu gutem Stil“. Geschrieben hat das Buch Wolf Schneider. Der war gefühlte Ewigkeiten selbst Journalist bei Stern und Welt und dann mindestens genauso lange Leiter der „Hach, darf die noch so heißen“-Schule in Hamburg.

Apropos, hallo Stern! Was ist denn jetzt mit Henri Nannen, nach dem die bekannteste Jour­na­lis­t*in­nen­schu­le der Republik benannt ist?

Verhinderer gesellschaftlicher Entwicklung

Wolf Schneider war damals top. Dicht dran an der Zeit und ihrer Sprache. „Sprachpapst“ wurde er von vielen genannt. Dann veränderte sich die Gesellschaft, doch der Wolf kam nicht mehr mit und wurde zum elitären alten S…, pardon, schlechter Stil. Denn Schneider geriert sich als Sprach­bewahrer, was in seinem Fall aber Gesellschaftliche-Entwicklung-Verhinderer heißt. Aus Schneider, dem Gutsprecher wurde Schneider, der Sprachbarrierist.

„Gendern ist für Wichtigtuer“, greint er also diese Woche in der Bild. Und zwar von Leuten, die „von Sprache keine Ahnung haben. Zwischen dem natürlichen und dem grammatischen Geschlecht besteht nicht der geringste Zusammenhang“, behauptet Schneider. „Wie könnte es sonst das Weib heißen?“, so der „Sprachpapst“ allen Ernstes.

Rad­fah­re­r*in­nen ist auch keine „Verhohnepipelung der deutschen Sprache“, wie Schneider Bild in den Blog diktiert. Da muss sich der alte weiße Wolf bloß mal die Realität mit der E-Bike-Dichte am Starnberger See angucken.

Zum Beweis, dass er rein gar nichts verstanden hat, folgt dann noch das Satz „Die Führungskraft ist heute überwiegend ein Mann und keiner hat sich je beschwert.“ Genau, mein Sprachführer! Außer vielleicht jene Frauen, die den Männern jetzt diese Führungskräfte streitig machen, wovor ihr Angst habt.

„Wolf Schneider mach dich vom Acker! Hier kommen die Frauen mit ihrer Version von Sprache!“, meint die Mitbewohnerin. „Die bekannteste Wölfin ist sowieso viel älter als Sprachgeschichte und ihre Päpste und bedeutsamer als alle drei Möchtegern-Wölfe hier. Ab jetzt wird Geschichte neu erzählt. Nix böser Wolf, sondern nur noch gute Wölf*innen!“

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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14 Kommentare

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  • Schneiders Zitate hier lassen ihn dumm wirken, sind aber vielleicht auch dazu ausgewählt und arrangiert.

    So ehrenwert die Idee ist, durch bewussten Sprachgebrauch etwas für Geschlechtergerechtigkeit zu tun, so unausgegoren und unschön sind die Methoden, die hierzu momentan im Schwange sind.

    Im traditionellen Sprachgebrauch, also mit generischem Maskulinum, hat man eine unmarkierte Form (d.h. ohne geschlechtsspezifisches Suffix), die entweder als männlich, oder als generische Form verstanden werden kann, beispielsweise: "Die Lehrer". Ein geschlechtsspezifisches Suffix gibt es nur in weiblich: "Die Lehrerinnen". Wegen ihrer Unmarkiertheit, also des Fehlens eines geschlechtsspezifischen Suffixes, ist die männliche Form geeigneter, alternativ als eine generische verstanden zu werden. Wer nach den gegenwärtig üblichen Regeln gendert, zementiert das Grundprinzip, dass die unmarkierte Form als männlich verstanden wird, weil als generische Form in gegendertem Deutsch nur Formen wie "Lehrer*innen" akzeptiert werden. Das ist eine Form, die ein Nonbinarität abbildendes Suffix (das *, artikuliert als [ʔ]) zusätzlich zu einem weiblichen Suffix aufweist und man darf sich aussuchen, wie man es versteht. In Genderfragen gilt das als hip, in Kasusfragen fände man es seltsam, etwa eine Genitiv- und eine Dativendung aneinanderzureihen, um Wahlfreiheit zu haben, wie man's versteht.

    Ein intelligenterer Ansatz zu gendern wäre, die unmarkierte Form nur noch generisch zu verstehen und dem Maskulinum eine eigene Endung zu geben, so wie es im Femininum auch üblich ist.

    Dan bräuchte man auch nicht mehr unbedingt diese Würgelaute ;-). Mal im Ernst: Ein als Glottisschlag artikuliertes Sternchen kann man auch im Hinblick auf Klangschönheit nicht toll finden. Bei konsequenter Umsetzung gibt es Stellen, wo der Glottisschlag nicht nur vor Vokal, sondern vor anderen Konsonanten steht: "Das Restaurant sucht eine*n gute*n Ko*öch*in" -- wer findet eine solche Sprache klangschön?

  • Der BILD-Artikel »Schneider rechnet ab mit der “Genderei“« ist doch ein Witz, ohne irgendwelchen Erkenntniswert: Schneider doziert dort lediglich, dass natürliches und grammatisches Geschlecht nicht zusammenhängen – als hätte das außer ihm noch keiner herausgefunden. Das war dann auch schon alles, und das soll seine ganze »Abrechnung mit der “Genderei“« gewesen sein? Dafür muss einer “Sprachpapst“ sein?



    noemix.wordpress.c...r-rechnet-einer-ab

  • Nein, Herr Grünberg, SIE haben da einiges nicht verstanden. Bei "Führungskraft" geht es schlicht um das generische Femininum und dass sich eben wohl noch kein Mann darüber beklagt hat.

    Wenn Sie Schneider hier wirklich missverstanden haben sollten (was ich mir auszuschließen erlaube), sollte Sie eine Tätigkeit außerhalb des Journalisnus doch glücklicher machen. Dass Sie (was ich vermute) ihn absichtlich missverstanden haben, ist unanständig und sie beleidigen Ihre Leser. Denken Sie mal über Anspruch und Intellekt ihrer Leserschaft nach. So doof sind wir nicht, wofür Sie uns verkaufen wollen.

    Zurück zum Punkt der Führungskraft, Aushilfs- oder Fachkraft oder eben anderer unbeanstandeter generischer Feminina wie Person, Koryphäe, Null oder Niete in Nadelstreifen... Dass manche Frauen z.B. nicht Leiter oder Führer heißen wollen, geschenkt, das Thema ist ja jeder Person bekannt. Sie könnten dagegen aber noch einiges von Schneider lernen. Z.B. wie man BILD-Niveau von der taz fernhält.

  • Wenn ich sehe, dass so gegendert wird: Journalist:innen, dann ist klar, dass es überhaupt nicht um Gerechtigkeit geht. Das ganze ist eine riesengroße Lüge.

    Das generische Maskulinum ist geschlechtsneutral. Die Genderfraktion behauptet aber Frauen könnten keine Mieter sein. Und was wird nun getan? Es wird ein unnatürlicher Sprachwandel ERZWUNGEN, bei dem man nicht nur das generische Maskulinum zu vernichten versucht.

    Folgt man der Aussage der Genderer, wird heute eine angebliche Ungerechtigkeit durch eine neue ersetzt.

    Gerade im Plural macht es sich bemerkbar dass nur Frauen genannt aber Männer absolut unsichtbar gemacht werden.

    Siehe Ärzt:innen oder Ärzt:in. Ärzt ist kein Beruf und es inkludiert NICHT Ärzte. Also werden männliche Ärzte ausgeschlossen..



    Und das gleiche gilt für viele die Dinge im Plural, wenn man von Wissenschaftler:innen redet dann fehlt das N (plural Dativ)



    Es wird so getrennt: Wissenschaltle-r*innen. Hier kann man nur noch den Plural des Femininums erkennen und lesen.

    Also doch, Schneider hat Recht. Wer nicht verstanden hat ist der Auto(*:_)-rin und dieses belustigenden Artikels.

    • @WeGu:

      Ganz so ist es auch nicht, da muss man ein wenig sortieren:

      Erstens gibt es nur sehr wenige Anlässe, bei denen man unter Druck oder gar Zwang steht, zu gendern.

      Und zur Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit von Frauen und Männern: Es gibt, abgesehen von Ausnahmen wie "Feuerwehrmann", bei den meisten Substantiven kein männliches Suffix. Die Schmiedin hat ihr -in hintendran. Der Schmied hingegen hat nichts, das die Schmiedin nicht auch hätte. Der Grund, warum sich das Maskulinum als generische Form eignet, ist ja gerade, dass es in der Regel durch nichts als männlich markiert wird.

      Nun kann man natürlich argumentieren, dass es unpassend sei, dass eine Form alternativ als männlich oder als generisch verstanden werden kann. Da es sich aber um die unmarkierte Form handelt, wäre die angemessenere Lösung, sie nur noch als generisch zu verstehen und zur Benennung explizit männlicher Personen eine eigene Endung zu benutzen, so wie das für weibliche Personen seit jeher üblich ist. Das würde ich für einen besseren Ansatz halten als die Art und Weise, wie aktuell gegendert wird.

      Wo haben Sie den Vorschlag zur Silbentrennung her? Aus dem Duden? Das muss man kritisieren! Da das Gender-Sternchen als Glottisschlag [ʔ] artikuliert wird, ein Konsonant, der gemäß der phonotaktischen Gepflogenheiten der Deutschen Sprache nur am Silbenanfang vor Vokal steht (z.B. im Wort Anfang, [ˈʔanfaŋ]), ist es eigentlich nur logisch, Wissenschaftler-*innen zu trennen. Die Silbe beginnt mit dem Glottisschlag, das mit Sternchen verschriftlicht wird. Die Trennweise Wissenschaftle-r*innen suggeriert eine Aussprache, die tatsächlich mit "Wissenschaftlerinnen" identisch wäre, also ohne Glottischlag und mit Silbenanfang r. So wird es ja aber nicht artikuliert.

      Aber ja, das Gendern ist unausgegoren. Wenn man schreibt "Wir suchen eine*n nette*n Arbeitnehmer*in", dann steht das * / [ʔ] auch vor anderen Konsonanten und bringt die Phonotaktik durcheinander. Wie soll man da Silbengrenzen ziehen?

  • Ich möchte hier gern Heinz Rudolf Kunze zitieren :



    "Das Gendern halte ich für eine Sprachschändung. Eine unerträgliche Zerstörung der deutschen Sprache in ihrem harmonischen Ablauf, Klang und Gehalt."

  • "Nix böser Wolf, sondern nur noch gute Wölf*innen!"



    Bravo, das sagt doch alles. Argumente ... warum? wir haben doch Recht, wir gehören zu den Guten.



    Muss man noch argumentieren, erklären warum der Andere vielleicht Unrecht hat, nein, denn ich gehöre doch zu den Guten.



    Ich habe Recht, weil irgendein Ewiggestriger nicht meiner Meinung ist.



    Das ist schlimmster Facebook-Stil.

    Es gibt sehr gute Argumente, die zeigen, das Gendern Uns*inn ist.



    Oh wie dumm, jetzt gehör ich zu den Bösen.



    Herr Grimberg, Sie sind sicher ein sehr intelligenter und sympathischer Mensch (Foto).



    Warum beleidigen Sie sich selbst. Das haben Sie nicht verdient.



    Grüße

    • @Stumm Roland:

      Was ist der Wölf eigentlich fur ein Tier?

  • da schließe ich mich dem alten Wolf an

  • Und wo schreibt dieser Guru der deutschen Sprache?

    Natürlich im Fachblatt für intelligentes, ja verfeinertes Deutsch, der BILD.

    • @Jim Hawkins:

      Und wo schreibt der Autor der taz? Wenn man diesen genderunsinn für voll nimmt, dort, wo Männer unsichtbar gemacht und vernichtet werden. Das ist keine Gerechtigkeit, das ist Sexismus, das ist Maskuzidität.

      • @WeGu:

        Das ist auch Unsinn.

        Zum Gendern kann man sagen: Gute Absicht, schlechte Methode. Das habe ich an anderer Stelle genauer ausgeführt.

        Man kann das Gendern auch sinnvoll kritisieren, aber dazu sollte man sich ernsthaft mit Grammatik befassen, anstatt in patriarchalischen Machtverlustängsten und realitätsverdrehenden Opfermythen zu schwelgen.

        Zu kritisieren ist einzig und allein der Umgang mit Sprache. Die gesellschaftspolitische Intention dahinter ist völlig in Ordnung, sie müsste nur in ihrem eigenen Sinne anders in die Tat umgestetzt werden.

  • "Die Führungskraft ist heute überwiegend ein Mann – und keiner hat sich je beschwert"



    & " Nix böser Wolf, sondern nur noch gute Wölf*innen!“

    Die Führungskraft ist aber auch dann immer noch ein Mann. Und er ist dann auch ein guter :-)

  • Wer gendert, frisst auch kleine Kinder.