Sprache ins Grundgesetz: Union versucht's wieder mit Deutsch
Abermals fordern CDU-Politiker, Deutsch ins Grundgesetz aufzunehmen. Die Union ziehe nur die "patriotische Karte", kontert Volker Beck. "Die Erde ist eine Kugel" stehe ja auch nicht drin.

BERLIN dpa/afp/taz | Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat sich für einen neuen Anlauf ausgesprochen, die deutsche Sprache im Grundgesetz zu verankern. Ein erster Versuch, Deutsch im Grundgesetz zu verankern, war nach Angaben Lammerts bei den Beratungen der ersten Föderalismuskommission von Bund und Ländern knapp gescheitert. Am Dienstag überreichten der Verein Deutsche Sprache (VDS) und der Verein für deutsche Kulturbeziehungen im Ausland (VDA) Lammert 46.000 Unterschriften mit der Forderung nach einer Aufnahme von Deutsch in das Grundgesetz. Nach Ansicht beider Vereine soll sich der Bundestag mit dem Anliegen befassen.
Der VDA-Vorsitzende – und Finanzstaatssekretär – Hartmut Koschyk (CSU), verwies darauf, dass 18 der 27 EU-Länder ihre Landessprachen in der jeweiligen Verfassung festgeschrieben hätten. Ein solcher Schritt auch in Deutschland wäre ein Signal, sorgsamer mit der Sprache umzugehen. Er plädierte für einen entsprechenden überparteilichen Vorstoß aus der Mitte des Parlaments.
Lammert räumte ein, dass die Verfassungsänderung zunächst "deklaratorischen Charakter" habe. Ihr könne aber auch durchaus praktische Bedeutung zukommen. So hätte die vor einigen Jahren noch sehr kontrovers geführte Debatte über Deutsch als verbindliche Sprache auf den Schulhöfen schneller beendet werden können, "wenn es einen Bezugspunkt in der Verfassung gegeben hätte".
Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck reagierte spöttisch – bei Twitter sagte er, es werde ja auch nicht "Die Erde ist eine Kugel" ins Grundgesetz geschrieben. Die Union ziehe mit der Initiative nur die "patriotische Karte", um von den tatsächlichen Problemen abzulenken. Den Müttern und Vätern des Grundgesetzes wären solche Ideen bestimmt nicht gekommen, so Beck gegenüber taz.de. Deutsch als Amtssprache sei schon jetzt in Gesetzen geregelt, die den Umgang mit den Behörden regeln. Eine solche Grundgesetzregelung wäre daher "ohne jegliche Rechtswirkung".
Einwände gegen die Idee kommen auch von den in Deutschland lebenden Minderheiten, wie den Sorben, Dänen und Friesen. Sollte Deutsch in der Verfassung aufgewertet werden, müsse das in jedem Fall mit dem Respekt vor den anderen Sprachen einhergehen, kommentierte der Minderheitenrat einst die CDU. Eine Schieflage wird insbesondere deshalb befürchtet, weil es im Grundgesetz bislang noch keinen Artikel gibt, der die Rechte der Minderheiten schützt. Der Geschäftsführer des Sorben-Bundes Domowina, Bernhard Ziesch, hält von der Idee, die deutsche Sprache ins Grundgesetz aufzunehmen, aber sowieso nichts. Es sollte doch eine Selbstverständlichkeit sein, dass die in der Bundesrepublik lebenden Menschen auch Deutsch sprechen können, findet er.
Trotz aller Kritik hätte das Thema Ende vergangenen Jahres fast Eingang in den Koalitionsvertrag von Union und FDP gefunden. Die Kulturpolitiker wollten einen entsprechenden Passus in das Regierungsprogramm aufnehmen. Doch Rechtsexperten wie die spätere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hielten dagegen.
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