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Sportmeisterschaften in KoreaEntspannt euch!

Inmitten großer politischer Spannungen treffen in diesen Tagen nord- und südkoreanische Sportteams aufeinander. Was bedeutet das?

Hoffnungsvolle Szenen: Süd- und nordkoreanische Spielerinnen geben sich die Hände Foto: ap

SEOUL taz | Als das nordkoreanische Militär am Dienstag eine Mittelstreckenrakete in Richtung japanisches Meer abfeuerte, ereilte die Bewohner Seouls die Nachricht im Halbschlaf: Auf der morgendlichen Fahrt ins Büro wurden sie ans jahrzehntealte Damoklesschwert namens Kim-Regime erinnert.

Mitten in Pjöngjang, im imposanten Kim-Il-Sung-Stadion mit über 50.000 Sitzplätzen, herrschte zur selben Zeit jedoch Stille: Dort nämlich absolvierte die südkoreanische Frauenfußballnationalmannschaft wie geplant ihre erste Trainingseinheit für die anstehenden Qualifikationsspiele zur Asienmeisterschaft. Neben Indien und Usbekistan werden sie ab Freitag auf die Gastgeberinnen aus Nordkorea treffen. Diese sind haushoher Favorit.

Auch in Deutschland kennt man solche Duelle: Unvergessen ist, wie der Magdeburger Jürgen Sparwasser im Vorrundenspiel 1974 die BRD im einzig deutsch-deutschen Weltmeisterschaftsduell bezwang. Auch im südkoreanischen Gangneung wird dieser Tage ein solches Derby ausgetragen. In der für die kommenden Olympischen Winterspiele gebauten Eisarena bereiten sich die Eishockeyspielerinnen aus Nordkorea auf das WM-Turnier der Division II A vor. Das Sportliche steht jedoch im Hintergrund: Mit Detailblick berichten die südkoreanischen Medien von den jungen nordkoreanischen Athletinnen in ihren blau-rot-weißen Trainingsanzügen, die vergnügt am Strand spazieren oder genüsslich an Cola-Dosen nippen.

Am Sonntag sah man das medienscheue Team schließlich auf den Zuschauerrängen, um den Gastgeberinnen beim Spiel gegen Slowenien zuzuschauen. Nach dem Match zogen sie vor die südkoreanische Fankurve und verbeugten sich tief. In der Nacht auf Freitag, also nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe, treffen die beiden Koreas auf dem Eis aufeinander.

„Auch wenn es nur ein simples Spiel ist, symbolisiert es für viele Koreaner auf beiden Seiten der Grenze einen Hoffnungsschimmer für die angeschlagenen Beziehungen“, sagt der Kanadier Michael Spavor. Der 41-Jährige hat mit seiner Reiseagentur Paektu Chultural Exchange ein Eishockeyturnier mit ausländischen Besuchern in Pjöngjang organisiert. Sein größter medialer Coup gelang ihm 2013, als er den ­Basketball-Exzentriker Dennis Rodman nach Pjöngjang lotste. Dieser habe sich mit dem Diktator und ausgesprochenen NBA-Fan Kim Jong Un sichtlich gut verstanden. „Sport ist ein geeignetes Mittel, um Stress und ­Spannungen abzubauen – dasselbe Prinzip kann auch zwischen zwei Staaten funktionieren.“

Ein Selfie sorgt für Emotionen

Bei Olympia in Rio schließlich sorgte ein Handyschnappschuss für den wohl emotionalsten Moment des Turniers: Die südkoreanische Turnerin Lee Eun-ju schoss ein Selfie gemeinsam mit der Nordkoreanerin Hong Un-jong. Das Foto ging durch die sozialen Medien, wo es als Symbol für Völkerverständigung gefeiert wurde. „Genau deshalb machen wir Olympia“, twitterte damals der britische Politikwissenschaftler Ian Bremmer.

Die Fußballteams

Der Norden: Die Geschichte des organisierten Frauenfußballs in Nordkorea begann 1985. In der damaligen South Phyongan Provincial Sports Group wurde die erste Frauenfußballmannschaft gebildet. Seitdem wurde das Team dreimal Asienmeister.

Der Süden: Innerhalb Asiens können die Südkoreanerinnen nicht mit den Teams aus China, Nordkorea und Japan mithalten. Die einzige WM-Teilnahme erreichten sie 2003 bei der WM in den USA.

Auch bei den kommenden Olympischen Spielen im südkoreanischen Pyeongchang schwebten den Organisatoren zunächst ähnliche Gesten der Annäherung vor. Der örtliche Landeshauptmann schlug Pläne für symbolische „Friedensspiele“ vor, die unter anderem gemeinsame Trainingsstätten der koreanischen Athleten vorsahen. Sogar über ein vereintes Team wurde kurzzeitig spekuliert. Nach zwei konfliktreichen Jahren mit nordkoreanischen Raketentests und gegenseitigen Provokationen ist von den einstigen Plänen jedoch nur wenig geblieben. Ob Nordkorea im Falle einer Qualifikation überhaupt Athleten nach Pyeongchang schicken wird, scheint unklar.

„Ich halte es für naiv, davon auszugehen, dass interkoreanische Sportereignisse wirklich als Brückenschlag zwischen den Ländern dienen können“, sagt Benjamin R. Young von der George-Washington-Universität. Die Situation sei keinesfalls vergleichbar mit der Ping-Pong-Diplomatie Anfang der Siebziger. Damals führte ein Tischtennisturnier unter amerikanischen und chinesischen Spielern zu einem historischen Treffen zwischen Richard Nixon und Mao Tse-tung.

Auch der Nordkoreanologe Andrei Lankow glaubt nicht, dass die Führung in Pjöngjang dem sportlichem Austausch große Bedeutung beimisst. „Der Hauptgrund, warum das Regime in Nordkorea mit dem Ausland verkehrt, ist, um ihre Sicherheit zu gewährleisten und Geld zu lukrieren“, schreibt er im Fachmedium NK News.

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